Köln / Siegen – Es ist Dezember 2021, kurz vor Weihnachten, als Philipp Albrecht eine SMS von der DKMS erhält: Er kommt als möglicher Stammzellspender für einen an Blutkrebs erkrankten Menschen in Frage. Um eine genauere Übereinstimmung mit dem Patienten oder der Patientin zu überprüfen, soll sein Blut untersucht werden.
Bereits mit 18 Jahren suchte der gebürtige Siegener nach gesellschaftlicher Verantwortung und ließ sich in die DKMS aufnehmen: „Ich habe mich damals mit der Volljährigkeit bewusst gefragt, was ich jetzt alles anstellen kann. Und eine Typisierung bei der DKMS war eine der ersten Sachen, die ich gemacht habe. Ich habe mir auch einen Organspendeausweis besorgt und angefangen Blut zu spenden, das war für mich selbstverständlich“, so der 23-Jährige.
Das Thema Krebs beschäftigt Philipp schon länger. Bereits während seines Bachelorstudiums der Angewandten Biologie in Rheinbach nahe Bonn faszinierte ihn die Krankheit: „Ich wollte verstehen, wie Krebs funktioniert. Es gibt große Unterschiede in den Krankheitsverläufen zwischen individuellen Patient:innen. Die Zusammenhänge sind sehr komplex und ich wollte verstehen, woher diese Unterschiede kommen.“ So züchtet Philipp 3D-Tumore aus verschiedenen Zelltypen in Biochips, um schließlich Wirkstoffe in einem realitätsnahen Krebsmodell zu testen. Für sein Masterstudium zieht er nach Jena und forscht weiter an seinem Herzensthema, untersucht dort Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Krebserkrankung seiner Mutter bestärkt Philipps Berufswunsch
Sein Interesse an der Krebsforschung wird außerdem durch einen privaten Schicksalsschlag geweckt, der 2017 Philipps Familie trifft – seine Mutter Gaby erkrankt an Brustkrebs. Ein Schock für Philipp, der zu dem Zeitpunkt in Rheinbach studiert. Der frühzeitig erkannte Krebs wird operiert und zusätzlich mit einer Hormontherapie behandelt – mit Erfolg! Gaby gilt heute als krebsfrei. Die Erkrankung seiner Mutter hat Philipp nachhaltig inspiriert, sich in seiner Karriere der Therapie von Krebs zu widmen: „Wenn man die Zahlen zu Krebserkrankungen liest, ist das erstmal sehr abstrakt. Aber wenn man es dann einmal im eigenen Umfeld erlebt, ermutigt das noch mehr etwas zu tun.“
Selbstisolation zur Vorbereitung auf die Spende
Philipps Stammzellspende wird für Februar 2022 terminiert, der große Tag rückt immer näher. Eine aufregende und emotionale Zeit für Philipp, der in den Wochen zuvor noch seine Masterarbeit schreibt. Gleichzeitig stehen Vorstellungsgespräche für seine Doktorarbeit an. Er möchte weiter forschen und sucht hierfür die geeignete Stelle. Auch die anstehende Stammzellspende beschäftigt ihn: „Ich hatte ein starkes Gefühl der Verantwortung dem Empfänger oder der Empfängerin gegenüber und wollte unbedingt, dass alles gut geht. Aus Angst, mich mit Corona oder anderen Krankheiten zu infizieren, habe ich mich in der Zeit vor der Entnahme weitestgehend isoliert und kaum Freunde oder Familie getroffen, um die Spende nicht zu gefährden.“
Für die Stammzellentnahme geht es für Philipp und seine Freundin Sarah nach Dresden. Endlich kann er sich auf die Spende konzentrieren und den Stress der Vortage ablegen: „Meine Masterarbeit war eingereicht, das Studium damit abgeschlossen. Im Hinblick auf die Spende war ich sehr aufgeregt. Ich spürte aber auch eine große Vorfreude darauf, jemandem eine zweite Lebenschance ermöglichen zu können“, sagt Philipp. Die Stammzellen spendete er ambulant aus der Armvene, so wie es bei aktuell rund 90 Prozent aller Spender:innen bei der DKMS durchgeführt wird. Nach nur drei Stunden am so genannten Zellseparator geht es für Philipp und Sarah schon zurück ins Hotel.
Noch am selben Tag erhalten sie den beruhigenden Anruf: Die Stammzellen wurden erfolgreich aus dem Blut isoliert und werden für den Transfer zum Empfänger transportbereit gemacht. Philipp kann nach Hause fahren und aufatmen. Drei Tage später erfährt er auf Nachfrage, dass es sich bei seinem „genetischen Zwilling“ um einen Mann aus den USA handelt. „Ich werde ihm auf jeden Fall demnächst einen anonymen Brief schreiben. Wenn die zweijährige Sperre vorbei ist, würde ich auch gerne persönlichen Kontakt zu ihm aufnehmen. Aber natürlich nur, wenn er das will“, so Philipp.
Die Bewerbung auf seine Doktorandenstelle war währenddessen erfolgreich: Für Philipp geht es bald schon von Jena nach Heidelberg, wo der 23-Jährige weiter an der Behandlung von Krebs forschen wird.
Mit einer Registrierung helfen – jetzt!
Kurz vor dem „World Blood Cancer Day“ (WBCD) am 28. Mai, dem Aktionstag, an dem die DKMS die Themen Blutkrebs und Stammzellspende besonders in den gesellschaftlichen Fokus stellt, möchte Philipp insbesondere jüngere Menschen zur Registrierung motivieren. Die Gewebemerkmale von jungen Männern wie ihm passen statistisch am häufigsten zu denen der an Blutkrebs erkrankten Patient:innen. „Ich hoffe, dass sich viele junge Menschen als Spender registrieren lassen. Nur ganz selten kann man so leicht zum Lebensretter werden wie mit einer Stammzellspende“, so Philipp.