Hamburg – Skeptisch reagiert der Berufsverband Niedergelassener Chirurgen (BNC) auf das neue Internetportal “Vorsicht! Operation”, das vor wenigen Tagen an den Start gegangen ist. Patienten, denen eine Operation empfohlen wurde, können hier online für 200 bis 600 Euro das Zweitgutachten eines Experten anfordern. BNC-Präsident Dr. Dieter Haack kritisierte, dass diese Experten die ratsuchenden Patienten weder persönlich kennen lernen, noch selbst untersuchen: Irgendwelche Aussagen aufgrund von online übermittelten Daten wie MRT- oder Ultraschallaufnahmen sind unsinnig, wir lehnen dieses Vorgehen entschieden ab. Eine qualifizierte Zweitmeinung könne nur ein Kollege abgeben, der Facharzt für die jeweilige Erkrankung ist und vor allem den Patienten selbst untersucht hat. Denn bei einer Operation ist das persönliche Vertrauensverhältnis wichtig. Dieses Vertrauen entsteht aber erst dann, wenn der Arzt mit dem Patienten gesprochen und ihn persönlich untersucht hat, betonte Haack.
Der BNC-Präsident hält den Grundgedanken des neuen Portals allerdings für sinnvoll: Nicht jeder Bandscheibenvorfall muss operiert werden, die meisten lassen sich gut konservativ behandeln. Eine qualifizierte Zweitmeinung könne helfen, überflüssige Operationen oder auch eine unnötige stationäre Aufnahme zu vermeiden. Denn viele notwendige Eingriffe müssen nicht unbedingt im Krankenhaus durchgeführt werden, sie können mindestens ebenso gut ambulant stattfinden zu einem Bruchteil der Kosten, sagte Haack und ergänzte: Doch eine solche Entscheidung müssen Arzt und Patient nach persönlicher Aufklärung über alle Vor- und Nachteile sowie alle möglichen Risikofaktoren gemeinsam treffen. Eine Internetbefragung und Auswertung der Daten kann die persönliche Konsultation eines Arztes nie ersetzen.
Der BNC ist der Berufsverband der freiberuflichen Chirurgen in Deutschland, deren Interessen er durch einen Bundesvorstand sowie 25 regionale Landesverbände (ANC) vertritt. Er engagiert sich für die Aus- und Weiterbildung seiner Mitglieder und setzt sich für eine Förderung der ambulanten chirurgischen Behandlung sowie des interdisziplinären Austauschs ein. Der Verband führt hierzu auf Bundesebene den Dialog mit Politikern, Krankenkassen, Wirtschaft und anderen Berufsverbänden.