Berlin – Etwas mehr als ein Drittel der über 65-Jährigen in Deutschland lebte im Jahr 2020 allein. Bei den über 85-Jährigen stieg der Anteil auf mehr als die Hälfte (58 Prozent).1 Fehlen Lebenspartner:in, Freunde und Verwandte, droht alten Menschen schnell die Einsamkeit. Im Fall einer Erkrankung oder Krankenhauseinweisung sind diese Menschen auf sich allein gestellt: Tröstender Besuch bleibt nicht nur an Weihnachten aus, Fragen zum Umgang mit ihrer Erkrankung und der Behandlung müssen sie oft mit sich selbst ausmachen. Für diese und alle anderen Patient:innen ist neben der hochwertigen medizinischen Versorgung eins wichtig: Zuwendung durch die Ärzt:innen und Pflegenden. „Professionelle Zuwendung bedeutet, dass unsere Mitarbeitenden kranke Menschen mit ihren körperlichen und emotionalen Bedürfnissen empathisch wahrnehmen und eine Beziehung auf Zeit zu ihnen aufbauen. Sie bedeutet auch, zu sehen, wie die Patient:innen wirken, was sie tun und ihnen zuzuhören. Ein Teil dieser Zuwendung ist die Kommunikation. Für den Erfolg einer Behandlung ist sie immens wichtig: Sie nimmt Ängste, erklärt Zusammenhänge und fördert so die Therapietreue“, so Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV).
Den ganzen Menschen sehen
Die Möglichkeit, Zuwendung zu zeigen, ist auch für die Mitarbeitenden im Krankenhaus wichtig. Nur wenn Ärzt:innen und Pflegende die Motive und Bedürfnisse der Patient:innen kennen, können sie die bestmögliche Therapie und Pflege für jede:n Einzelne:n umsetzen. „Dieser zwischenmenschliche Aspekt war für viele unserer Mitarbeitenden ausschlaggebend, um einen Beruf in der Medizin oder der Pflege zu wählen. Doch Zuwendung kostet Zeit“, weiß Radbruch. „Durch die Technisierung in der Medizin wird diese Zeit nicht anerkannt, nur was evidenzbasiert ist, findet Anerkennung und wird finanziert. Das müssen wir ändern – zum Wohl für unsere Patient:innen, aber auch für unsere Mitarbeitenden. Dazu ist es notwendig, die professionelle Zuwendung im Krankenhaus so zu beschreiben, dass sie zu den evidenzbasierten Qualitätskriterien passt. Um dies zu erreichen, wäre es aus Sicht des DEKV wünschenswert, das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) zu beauftragen, einen Zuwendungsindex für die stationäre Patientenversorgung zu entwickeln. Dieser sollte dann in die Qualitätsmessung der Krankenhausversorgung eingeführt und in den Qualitätsberichten veröffentlicht werden. Nur so wird es gelingen, die Zeit zu finanzieren, die die Mitarbeitenden brauchen, um sich den kranken Menschen zuzuwenden. Denn eins ist sicher: Zuwendung ist ein wichtiger Bestandteil der Medizin und das zu jeder Zeit, nicht nur an Weihnachten.“ Wie facettenreich Zuwendung im Krankenhaus ist, zeigt D – das Magazin des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes.
Quelle:
1. www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen
Der Deutsche Evangelische Krankenhausverband e.V. (DEKV) vertritt mit 199 evangelischen Kliniken an 273 Standorten jedes neunte deutsche Krankenhaus. Die evangelischen Krankenhäuser versorgen jährlich mehr als 2 Mio. Patientinnen und Patienten stationär und mehr als 3,5 Mio. ambulant. Das ist bundesweit mehr als jeder 10. vollstationäre Patient. Mit über 123.000 Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als 10 Mrd. € sind sie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Der DEKV ist der Branchenverband der evangelischen Krankenhäuser und Mitglied im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. sowie im Vorstand und im Präsidium der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Der DEKV setzt sich insbesondere für eine zukunftsorientierte und innovative Krankenhauspolitik mit Trägervielfalt und Qualitätswettbewerb, verlässliche Rahmenbedingungen für die Krankenhausfinanzierung, eine Modernisierung der Gesundheitsberufe und eine konsequente Patientenorientierung in der Versorgung ein.
Vorsitzender: Vorsteher Christoph Radbruch, Magdeburg, stellvertr. Vorsitzende: Andrea Trenner, Berlin, Schatzmeister: Dr. Holger Stiller, Düsseldorf, Verbandsdirektorin: Melanie Kanzler, Berlin.