Berlin – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erzielte in den Monaten Januar bis September 2007 bei Einnahmen von rd. 113,6 Mrd. Euro und Ausgaben von rd. 113,4 Mrd. Euro einen Überschuss von rd. 173 Mio. Euro. Das aktuelle Finanzergebnis fällt damit günstiger aus als im 1. bis 3. Quartal 2006, als die Krankenkassen noch ein Defizit von rd. 0,3 Mrd. Euro verbuchten und dann im Gesamtjahr einen Überschuss von 1,63 Mrd. Euro erzielten.
Die zweite Tranche des pauschalen Bundeszuschusses 2007 von 2,5 Mrd. Euro in Höhe von 1,25 Mrd. Euro floss den Kassen erst im November zu und ist in den Finanzdaten der Monate des 1. bis 3. Quartals ebenso wenig enthalten wie der Großteil der Beiträge aus Einmalzahlungen (Weihnachtsgeld), die ebenfalls im 4. Quartal anfallen. Deshalb spricht bei vorsichtiger Einschätzung alles dafür, dass die GKV im Gesamtjahr 2007 einen Einnahmenüberschuss erzielen kann und das vierte Jahr nacheinander mit einem positiven Finanzergebnis abschließen wird.
Diese Überschüsse waren erforderlich, um die bis 2003 aufgelaufene Verschuldung abzubauen. Ende 2006 hatten 185 von 242 Kassen wieder positive Finanzreserven, spätestens zum Ende des nächsten Jahres – pünktlich zum Start des Gesundheitsfonds – werden alle Kassen schuldenfrei sein. Ende diesen Jahres werden fast alle der 2006 noch verschuldeten Kassen wieder über Finanzreserven verfügen.
AOKen mit höchstem Überschuss Bei den wenigen verbleibenden Kassen, die in diesem Jahr ihre Schulden noch nicht in vollem Umfang abbauen können, wurden Voraussetzungen für die weitere finanzielle Konsolidierung geschaffen. Die Entschuldungspläne der Kassen und Kassenarten greifen und stellen sicher, dass bei allen Kassen der jeweiligen Kassenart – z. T. mit finanzieller Hilfe des jeweiligen Verbandes – eine vollständige Entschuldung vor dem Start des Gesundheitsfonds zum 1. Januar 2009 erfolgen kann. Der Überschuss der Allgemeinen Ortskrankenkassen, die mit + 610 Mio. Euro bis Ende September das mit Abstand günstigste Finanzergebnis erzielten, ist dabei hervorzuheben. Diese Kassenart steht allerdings auch vor der größten Herausforderung, die Entschuldung ihrer Mitgliedskassen erfolgreich abzuschließen.
Eine konsequente Umsetzung der gesetzlich vorgegebenen und möglichen Einsparmaßnahmen sowie steigende Beschäftigten- und sinkende Arbeitslosenzahlen bieten eine gute Voraussetzung dafür, dass die gesetzliche Kranken-versicherung mit einer stabilen finanziellen Grundlage ab 2009 in den Gesundheitsfonds starten kann.
Ausgaben und Einnahmenentwicklung Die Beitragseinnahmen der Krankenkassen sind im 1. bis 3. Quartal 2007 bei einem Anstieg des Beitragssatzniveaus um 0,6 Beitragssatzpunkte um 4,7 v.H. je Mitglied gestiegen; bei den beitragspflichtigen Einnahmen (Grundlöhnen der Krankenkassen) gab es ein Plus von 0,7 v. H. Dem stand ein Zuwachs bei den Leistungsausgaben von 3,5 v. H. je Mitglied gegenüber.
Grundlohnentwicklung ansteigend aber noch moderat Steigende Beschäftigtenzahlen und die Tarifabschlüsse der letzten Monate wirken sich erst mit zeitlicher Verzögerung positiv auf die Einnahmeentwicklung der Krankenkassen aus. Da die wesentlichen für die Einnahmeentwicklung relevanten Tarifabschlüsse häufig erst in der 2. Jahreshälfte zu wirken begannen, spricht viel dafür, dass sich die beitragspflichtigen Einnahmen der GKV im letzten Quartal weiter erhöhen werden.
So waren nach der jetzt vorliegenden Mitgliederstatistik für den Monat November 2007 rd. 583 Tsd. mehr beitragszahlende Personen als erwerbstätige Pflicht- oder freiwillige Mitglieder mit sechswöchiger Entgeltfortzahlung in der GKV registriert als im November 2006. Noch bis Juni vergangenen Jahres fiel der Vergleich der Beitragszahler zum entsprechenden Vorjahresmonat negativ aus.
Einen deutlichen Zuwachs gab es bei den Beitragseinnahmen aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, die im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rd. 9,8 v. H. gestiegen sind.
Differenzierte Entwicklungen auf der Ausgabenseite Die Entwicklung der Ausgaben ist in den einzelnen Leistungsbereichen sehr unterschiedlich verlaufen. Zuzahlungen, die von den Versicherten zu tragen sind, fließen unmittelbar den Leistungserbringern zu und sind in den von den Krankenkassen zu leistenden Ausgaben nicht enthalten. Sie betrugen im ersten bis dritten Quartal rd. 3,7 Mrd. Euro, im Vorjahreszeitraum rd. 3,9 Mrd. Euro.
Der Anstieg der Arzneimittelausgaben von 6,2 v. H. (ohne Impfkosten) in den Monaten Januar bis September 2007 ist zu einem Teil auf die Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 v. H. zum 1. Januar 2007 zurückzuführen. Zu Netto-Preisen sind die Arzneimittelausgaben um 3,5 % angestiegen. Allerdings weisen aktuelle, von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) vorgelegte Daten für den Monat Oktober auf eine deutliche Ausgabenbeschleunigung hin.
Während die Ausgaben für Generika und ihre patentfreien Bezugsarzneimittel um rd. 4 % sanken, stiegen die Ausgaben für nicht Generika fähige Arzneimittel, insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel zweistellig. Die Verbesserung der Steuerung in diesem Versorgungsbereich wird entscheidend sein für die weitere Ausgabenentwicklung im Arzneimittelbereich. Hierzu müssen insbesondere die verbesserten Möglichkeiten zur Kosten-Nutzen-Bewertung bei Arzneimitteln mit geringem therapeutischen Zusatznutzen genutzt, die Rabattverhandlung intensiviert und überflüssige Arzneimittelverordnungen vermieden werden.
Der Anstieg bei den Krankenhausausgaben von 0,8 v. H. verlief auch vor dem Hintergrund deutlicher Zuwächse von jeweils rd. 3 v. H in den Jahren 2005 und 2006 moderat. Hier ist sicherlich zu beachten, dass Ausgabenzuwächse von rd. 10 v. H. bei häuslicher Krankenpflege und ein Ausgabenzuwachs von 42 v. H. bei Maßnahmen der integrierten Versorgung zur Entlastungen der Krankenhäuser beigetragen haben.
Der Zuwachs von 3,3 v. H. bei den Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung geht ähnlich wie im vergangenen Jahr deutlich über den Zuwachs der beitragspflichtigen Einnahmen der Krankenkassen hinaus und ist der höchste Anstieg, der in diesem Leistungsbereich seit 1994 zu verzeichnen war. Der Anstieg ist maßgeblich von einem Zuwachs von 5,2 v. H. in den neuen Ländern geprägt. Diese Entwicklung deutet wie bereits im vergangenen Jahr auf eine erhebliche Verbesserung der Honorarsituation der Ärzte hin, zumal die zusätzlichen anfallenden Ausgaben für ärztliche Früherkennungsuntersuchungen einen Anstieg von rd. 6,2 v. H. aufweisen. Durch die Honorarreform im Bereich der vertragsärztlichen Vergütung wird sich die wirtschaftliche Situation in den Arztpraxen in den nächsten Jahren weiter deutlich verbessern.
Aufwertung von Prävention und Rehabilitation Die Ausgabenentwicklung der Krankenkassen dokumentiert auch die gesundheits-politische Aufwertung von Präventions- und Rehabilitationsleistungen. Hohe zwei-stellige Ausgabenzuwächse von über 55 v. H. bei den Ausgaben für Präventions-leistungen und Schutzimpfungen sind gesundheitspolitisch geboten und weisen in die richtige Richtung. Gleichwohl muss bei der Erweiterung des Impfschutzes darauf geachtet werden , dass die Leistungserbringung auch in Kooperation mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst wirtschaftlich erfolgt und bei den Impfstoffen preiswerte Verordnungsalternativen zur Anwendung kommen können. Mit dem GKV-WSG wurden Voraussetzungen dafür geschaffen.
Positiv zu bewerten ist auch die Entwicklung bei den Rehabilitationsleistungen, die nach Jahren mit rückläufiger Entwicklung in 2007 mit einem Plus von 3,1 Prozent erstmals wieder Zuwächse aufweisen, bei den Mütter/Väter/Kind-Kuren gab es sogar einen Anstieg von 10,6 Prozent; eine Entwicklung die auch durch Umwandlung dieser Leistungen von Ermessens- zu Regelleistungen der Kassen zurückzuführen ist.
Erstmalig gab es auch bei den Krankengeldausgaben, die in den letzten Jahren bei ungünstiger konjunktureller Entwicklung und einem sehr niedrigen Krankenstand stark rückläufig waren, mit 4,2 v. H. wieder Zuwächse.
Die Verwaltungskosten der Krankenkassen stiegen ähnlich wie in den Vorjahren mit 1,5 v. H. weiterhin moderat, wobei deutlich überproportionale Zuwächse bei den Betriebskrankenkassen und der Knappschaft-Bahn-See durchaus kritisch betrachtet werden müssen.
Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.bmg.bund.de