Hamburg – Patientenrechte und -sicherheit sollen verstärkt und die Situation von Geschädigten bei Behandlungsfehlern verbessert werden. Patientinnen und Patienten sollen einen Rechtsanspruch auf Einsicht in Patientenakten, auf Zweitmeinungen, Gutachten und Informationen über Behandlungsqualität haben. Für Opfer von Behandlungsfehlern soll es einen Härtefallfond geben. Medizinische Behandlung muss in angemessener Frist gewährleistet sein, sogenannte IGEL-Leistungen sollen stärker reglementiert werden. Das sind einige der zentralen Anforderungen an ein Patientenrechtegesetz, auf die sich unter der Federführung Hamburgs die Gesundheitsministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen verständigt haben.
Seit fast 20 Jahren wird über Patientenrechte diskutiert, seit zwei Jahren warten wir auf den angekündigten Gesetzentwurf der Bundesregierung. Nun legen zehn Länder Vorschläge auf den Tisch, mit denen Patientenrechte in einem eigenständigen Gesetz zusammengefasst und deutlich ausgebaut werden können. Die Unterstützung der Patienten bei Behandlungsfehlern ist dabei ein wichtiges Anliegen, doch durch eine Verbesserung der Patientensicherheit und Fehlerkultur sowie durch mehr Qualitätstransparenz und Aufklärung soll es möglichst gar nicht erst zu Behandlungsproblemen kommen, so Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks. Unser Ziel ist der mündige Patient.
“Wir müssen den Menschen stärker in den Mittelpunkt der Gesundheitsversorgung stellen. Dazu müssen die Rechte der Patientinnen und Patienten im Gesundheitssystem gestärkt werden, so Nordrhein-Westfalens Gesundheitsministerin Barbara Steffens. Wir wollen daher ein Patientenrechtegesetz, das die bestehenden Regelungen systematisch und übersichtlich zusammenfasst. Das Gesetz soll auch die Rechte von Opfern ärztlicher Behandlungsfehler verbessern.”
Das von der Bundesregierung bisher vorgelegte Grundlagenpapier für ein Patientenrechtegesetz enthalte richtige Vorschläge, bleibe jedoch in vielen Punkten vage und lasse wichtige Problembereiche völlig aus. Prüfer-Storcks: Leider hat die Bundesregierung die wiederholten Angebote der Länder zur Zusammenarbeit nicht aufgegriffen. Wir haben nun den Maßstab formuliert, den wir an ein Patientenrechtegesetz anlegen. Wenn die Bundesregierung jetzt nicht handelt, kann aus den Eckpunkten auch eine Gesetzesinitiative werden.
Mit folgenden Vorschlägen gehen die zehn Länder deutlich über die Planungen der Bundesregierung hinaus:
· Patienten bekommen ein Anrecht auf Beratung durch neutrale Institutionen, eine Zweitmeinung, umfassende Aufklärung, einen Patientenbrief mit Therapieinformationen und Einblick in die Patientenakte. Informationen über Behandlungsqualität sind verständlich aufzubereiten und zu veröffentlichen.
· Medizinische Einrichtungen sollen ein Risikomanagement einschließlich eines Meldesystems für kritische Ereignisse (CIRS) einführen bzw. sich daran beteiligen. Beschäftigte, die Fehler melden, werden vor negativen Folgen geschützt. Kranken- und Pflegekassen müssen ihre Versicherten bei Schadensfällen unterstützen, dazu gehört auch ein kostenloses Gutachten des Medizinischen Dienstes.
· Die Gerichte haben durch ihre Rechtsprechung die Beweislast bei groben Behandlungsfehlern bereits auf die Behandelnden verlagert. Das soll auch in einem Patientenrechtegesetz verankert werden. Darüber hinaus soll mit einem Härtefallfond Opfern von Behandlungsfehlern unbürokratisch geholfen werden, denen die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches nicht oder erst nach sehr langwierigen Verfahren gelingt. Kontrollmechanismen sollen sicherstellen, dass Ärztinnen und Ärzte ausreichend haftpflichtversichert sind.
· Die kollektiven Patientenrechte, d.h. die Beteiligung von Patientenvertretern in Entscheidungsgremien des Gesundheitswesens auf Bundes- und Landesebene, sollen ausgebaut werden.
Prüfer-Storcks: Das Patientenrechtegesetz soll nicht nur den glücklicherweise seltenen Fall eines Behandlungsfehlers regeln, sondern Alltagsprobleme von Patientinnen und Patienten aufgreifen und ihre Stellung im Behandlungsprozess stärken. Dazu werden Kassen und Kassenärztliche Vereinigungen verpflichtet, eine fachgerechte Behandlung in angemessener Frist zu gewährleisten. Bei privat zu zahlenden Zusatzleistungen (IGEL) werden die Anforderungen an die Aufklärung und der Schutz vor überhöhten Honoraren verstärkt. Das Patientenrechtegesetz soll auch Ärztinnen und Ärzten mehr Rechtsicherheit und einen klaren Rahmen für ihr Handeln bringen, ohne sie unnötiger Bürokratie auszusetzen.
Das Eckpunktepapier und das Grundlagenpapier sind unter folgendem Link als Download zur Verfügung: http://www.hamburg.de