Frankfurt am Main – Anlässlich des zehnten Jahrestages der Beauftragung als bundesweite Koordinierungsstelle für Organspende am 15. Juli 2000, zieht der Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) eine eher geteilte Bilanz. Einerseits sei die Organspende in Deutschland aufgrund eines etablierten und funktionierenden Gesundheits- und Transplantationssystems gut und sicher aufgestellt. Der Einsatz der Koordinierungsstelle nach § 11 des Transplantationsgesetzes vor zehn Jahren hat sich bewährt, erklärt der Medizinische Vorstand, Prof. Dr. Günter Kirste. Andererseits gäbe es immer noch zu viele Unverbindlichkeiten in der Zusammenarbeit der Partner innerhalb dieses Systems. Diese Ambivalenz spiegele sich auch in den Zahlen wider, so der Mediziner. In den vergangenen zehn Jahren wurden rund 12.200 Organspenden von der Koordinierungsstelle begleitet. Die Anzahl der Organspenden ist um über 20 Prozent gestiegen. Für rund 38.000 Patientinnen und Patienten wurde damit die Voraussetzung für eine lebensrettende Transplantation geschaffen. Dabei dürfen wir keinesfalls vergessen, dass 10.000 Menschen auf der Warteliste gestorben sind, weil für sie kein Organ zur Verfügung stand, erklärt Kirste und ergänzt Als Mensch lässt mir das keine Ruhe und als Arzt schon gar nicht. Im Interesse der 12.000 Menschen auf der Warteliste werde sich die DSO auch in Zukunft mit aller Kraft dafür einsetzen, möglichst allen Patientinnen und Patienten mit einer Transplantation zu helfen, verspricht der Mediziner.
Die Aufgaben der Koordinierungsstelle wurde in einem Vertrag mit der Bundesärztekammer, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (vormals Spitzenverbände der Krankenkassen) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft festgelegt. Sie umfassen alle Schritte des Organspendeablaufs ab der Mitteilung eines möglichen Spenders im Krankenhaus über die qualifizierte Feststellung des Hirntods, das Gespräch mit den Angehörigen, den medizinischen Maßnahmen zur Erhaltung von Organen und zum Schutz der Organempfänger bis hin zur Datenvermittlung an die internationale Vermittlungsstelle für Spenderorgane Eurotransplant sowie den Organtransport in die Transplantationskliniken.
Eine wichtige Aufgabe der Koordinierungsstelle sieht der DSO-Vorstand darin, diese Prozesse aktiv und vertrauensbildend mit zu gestalten und weiter zu entwickeln. Dazu gehörten neben der kontinuierlichen Verbesserung der Transportlogistik, die Entwicklung von Fortbildungsangeboten sowie laufende Prozessoptimierungen. Hier hat sich auch gerade das Zusammenwirken von zentraler Verwaltung mit den von der Stiftung etablierten sieben Organspenderegionen bewährt, erklärt DSO Vorstand Dr. Thomas Beck.
Die DSO bietet den rund 1.400 Krankenhäusern mit Intensivstation umfangreiche und kompetente Unterstützungsmaßnahmen im gesamten Organspendeprozess an. Leider würden diese Leistungen von den Krankenhauspartnern zum Teil noch viel zu wenig abgerufen, kritisiert Beck. Als besonderes Beispiel nennt er die Unterstützung der DSO-Koordinatoren im Gespräch mit den Angehörigen. Dabei ginge es darum, die Angehörigen bei ihrer individuellen und oft schwierigen Entscheidungsfindung zur Organspende zu begleiten. Hier könne die Koordinierungsstelle entsprechend ihrem Auftrag viel stärker eingebunden werden. Trotzdem werden wir von vielen Krankenhauspartnern nicht hinzugezogen, obwohl die Angehörigengespräche viel Zeit, Empathie und Einfühlungsvermögen erfordern, um eine stabile Entscheidung zu gewährleisten, bedauert Beck. Das eigentliche Problem liege in der anfänglich passiven Rolle, die der DSO per Gesetz zugeschrieben werde, nur auf Zuruf tätig werden zu dürfen. Insgesamt wünschen sich die DSO-Vorstände deshalb zukünftig eine stärkere Rolle der Koordinierungsstelle sowie mehr Verbindlichkeit für alle Partner im System. Einen wichtigen Schritt, um das Engagement für Organspende weiter zu fördern, hat die DSO jetzt mit der Inhousekoordination unternommen. In dem über zwei Jahre angelegten Pilotprojekt informieren mit dieser Aufgabe beauftragte Mitarbeiter des Krankenhauses die DSO über mögliche Organspender. Darüber hinaus erfolgt rückwirkend eine Datenanalyse, um zukünftig potenzielle Organspender besser erkennen zu können.
Fakt ist, so der Medizinische Vorstand Kirste, dass wir mehr Menschen helfen könnten, wenn alle auf Basis des Transplantationsgesetzes möglichen Organspenden auch realisiert und sich zudem mehr Menschen zu Lebzeiten für Organspende entscheiden würden.