Hannover – Unbehandelt münden viele Lebererkrankungen in Leberzirrhose und Leberzellkrebs. Dabei sind Erkrankungen der Leber inzwischen oft gut behandelbar – wenn sie rechtzeitig erkannt werden. Leberzellkrebs könnte also in vielen Fällen vermieden werden.
Eine der häufigsten Ursachen für eine Lebererkrankung ist die Infektion mit einem Hepatitis-Virus, vor allem mit dem Hepatitis B- und dem Hepatitis C-Virus. Wird diese Infektion nicht behandelt, kann sie zu einer dauerhaften (chronischen) Entzündung der Leber und in der Folge zu einem kompletten Umbau des Bindegewebes in der Leber (Leberzirrhose) und sogar zu Leberzellkrebs führen.
Patienten mit einer chronischen Hepatitis C haben (je nach Lebensumständen) ein Risiko von 10 bis 40 Prozent, eine Leberzirrhose auszubilden. Das Risiko, an einem Leberzellkrebs zu erkranken, liegt dann bei 1 bis 4 Prozent pro Jahr.
Viele Menschen haben sich vor 1990 bzw. 1992 mit Hepatitis B oder Hepatitis C durch Bluttransfusionen oder Blutprodukte angesteckt. Damals konnte das Blut noch nicht auf diese Viren getestet werden.
Lebererkrankungen bleiben oft unerkannt, da die Leber nicht schmerzt und die Erkrankungen der Leber sehr häufig keine eindeutigen Anzeichen zeigen. So entwickelt sich eine chronische Leberentzündung, deren Folge nach vielen Jahren Leberzellkrebs sein kann. Daher erwarten Experten, die entsprechende Berechnungsmodelle entwickelt haben, für die kommenden Jahre eine große Steigerung der Zahlen von Patienten mit Leberzirrhose und Leberzellkrebs.
Mit den neuen Medikamenten, die direkt in den Vermehrungsprozess der Viren eingreifen und seit Januar 2014 für die Therapie zugelassen wurden, kann die Hepatitis C bei fast jedem Patienten erfolgreich behandelt werden. Zudem können mit den fast nebenwirkungsfreien Präparaten und den kürzeren Therapiedauern viel mehr Patienten bis zum Ende der Therapie behandelt werden.
Wenn die Hepatitis C ausgeheilt ist, steigt die Lebenserwartung – sogar bei Patienten, die bereits eine Leberzirrhose haben. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge gleichen sich die Lebenserwartung und der Gesundheitszustand der geheilten Patienten an die von gesunden Menschen an.
Auch Hepatitis B ist inzwischen gut behandelbar. Das Virus kann durch eine nebenwirkungsarme Therapie bei allen Patienten dauerhaft unterdrückt werden.
Damit bieten die neuen Medikamente die Möglichkeit, Spätfolgen wie Leberzirrhose und Leberzellkrebs zu vermeiden. Außerdem wird so die Ansteckung weiterer Menschen durch die Übertragung der Hepatitisviren verhindert.
Wichtig ist daher nun, bei möglichst vielen Menschen Lebererkrankungen zu erkennen, damit diese behandelt werden können. Das ist nur durch entsprechende Maßnahmen möglich, da Lebererkrankungen meistens nicht durch die Betroffenen selbst erkannt werden können.
Um eine mögliche Entwicklung aufzuzeigen, wurden verschiedene komplexe Modelle erarbeitet, mit denen unterschiedliche Abläufe dargestellt werden können. Diese Modelle zeigen, dass bei 10.000 Neu-Diagnosen pro Jahr die Anzahl der Todesfälle aufgrund von
Hepatitis C bis zum Jahr 2030 um 2/3 gesenkt werden könnten und die Häufigkeit von Leberzellkrebs bis 2030 unter diesen Bedingungen um fast 70 Prozent sinken würde.
„Es ist wichtig, dass wir jetzt entsprechende Screening-Programme etablieren, mit denen wir Menschen identifizieren, die an einer Hepatitis C erkrankt sind. Wir haben jetzt die historische Chance, diese Menschen zu heilen und damit viele Folgeerkrankungen wie Leberzellkrebs zu verhindern“, erläutert Prof. Dr. Heiner Wedemeyer, wissenschaftlicher Koordinator der Deutschen Leberstiftung und Mitautor der Publikationen zu den Entwicklungsmodellen. „Wir dürfen diese Möglichkeit nicht ungenutzt lassen.“
Die Deutsche Leberstiftung
Die Deutsche Leberstiftung befasst sich mit der Leber, Lebererkrankungen und ihren Behandlungen. Sie hat das Ziel, die Patientenversorgung durch Forschungsförderung und eigene wissenschaftliche Projekte zu verbessern. Mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit steigert die Stiftung die Wahrnehmung für Lebererkrankungen, damit diese früher erkannt und geheilt werden können. Die Deutsche Leberstiftung bietet außerdem Information und Beratung für Betroffene und Angehörige sowie für Ärzte und Apotheker in medizinischen Fragen. Weitere Informationen: www.deutsche-leberstiftung.de.