Köln – Anlässlich der am 21. und 22. Oktober in Madrid stattfindenden Konferenz der Weltgesundheitsorganisation (WHO) “Challenges in improving sexual and reproductive health in Europe” stellt das WHO Regionalbüro für Europa heute Leitlinien für die Sexualaufklärung vor. Sie wurden gemeinsam vom WHO Regionalbüro für Europa, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und in enger Kooperation mit einer 20-köpfigen Expertengruppe aus neun europäischen Ländern erarbeitet.
Die Leitlinien wurden als Reaktion auf die großen Qualitätsunterschiede im Bereich der Sexualaufklärung entwickelt. Zwar gibt es in fast allen europäischen Ländern der WHO-Region Sexualaufklärung in der Schule, doch konzentriert sich die Aufklärung meist auf die Vermittlung von biologischen Fakten. Soziale und psychologische Aspekte werden häufig vernachlässigt. Viele Jugendliche lernen nicht, über Liebe, Partnerschaft und Sexualität zu reden und Fragen zur Verhütung miteinander zu besprechen. Diese einseitige Ausrichtung der Sexualaufklärung wirkt sich negativ auf die gesunde Entwicklung Heranwachsender aus: Viele Länder verzeichnen bei Jugendlichen einen Zuwachs von sexuell übertragbaren Infektionen sowie hohe Raten an Teenangerschwangerschaften.
“Neben dem Elternhaus spielt die Sexualaufklärung in der Schule für eine gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendliche eine ganz wichtige Rolle”, erläutert Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. “In Deutschland, wo in allen Bundesländern Sexualaufklärung auf dem Lehrplan steht, verhüten Jugendliche heute besser als je zuvor. Deshalb freue ich mich sehr, dass es uns gelungen ist, in enger Kooperation mit internationalen Experten Empfehlungen zu erarbeiten, die auch andere europäische Länder dabei unterstützen, eine umfassende Sexualaufklärung einzuführen.”
Die heute herausgegebenen Leitlinien umfassen eine allgemeine Einführung in die Bedeutung schulischer Sexualaufklärung und der zugrundeliegenden Konzepte. Eine umfangreiche Übersicht informiert außerdem darüber, welche Themen im Lehrplan für die jeweilige Altersgruppe abgedeckt sein sollten und welche Kompetenzen Kinder und Jugendliche in Bezug auf ihr Körperempfinden und ihre Sexualität erwerben sollten. Die Leitlinien basieren auf einem Verständnis von Sexualität, das diese als Teil der physischen und psychischen Gesundheit versteht. Themen wie Liebe, eine erfüllte Partnerschaft, körperliches Wohlbefinden, aber auch HIV/Aids, ungewollte Schwangerschaften und sexuelle Gewalt sind eingebettet in eine ganzheitliche Aufklärung, die die Selbstbestimmung des Menschen und die Verantwortung für sich selbst und den anderen in den Mittelpunkt stellt.
Das WHO Regionalbüro für Europa und die BZgA werden in den kommenden Monaten im Rahmen von Workshops, an denen Regierungsvertreter aus verschiedenen europäischen Ländern teilnehmen werden, die Verbreitung und Implementierung der Leitlinien unterstützen.
Die Broschüre mit dem Titel “Standards for Sexuality Education in Europe. A framework for policy makers, educational and health authorities and specialists” kann auf den Internetseiten der BZgA http://www.bzga-whocc.de oder http://www.bzga.de bestellt werden und steht dort außerdem zum Download zur Verfügung.