München – Was nicht verboten ist, ist erlaubt. Nach diesem Motto verfahren die Wirte von Bier-, Wein- und Festzelten. Die löchrigen Nichtraucherschutzgesetze geben ihnen das Recht dazu. Denn für “fliegende Bauten”, wie die Zelte im Fachjargon heißen, gilt das Recht auf Schutz der Gesundheit nicht. Dass das Rauchen in den Zelten zu enormen gesundheitlichen Belastungen führt, zeigen Feinstaubmessungen der Nichtraucher-Initiative München (NIM) in sechs großen Volksfestzelten in der Großstadt München, in der Mittelstadt Ingolstadt und in den 27.000 und 11.000 Einwohner zählenden Orten Unterschleißheim und Oberschleißheim. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Situation in Festzelten in den anderen Bundesländern grundlegend anders ist.
“Wir haben dabei bewusst nicht die Stunden zwischen 19 Uhr und 23 Uhr gewählt, in denen mit Maximalwerten zu rechnen ist”, erklärt Vereinsvorsitzender Ernst-Günther Krause. “Für uns gilt es zu zeigen, dass eine enorme Gesundheitsgefährdung bereits in der Zeit auftritt, in der Eltern mit ihren Kindern das Festzelt aufsuchen und der Besucherandrang sich sehr in Grenzen hält.” Trotzdem gab es zwischen 16 und 19 Uhr in den riesengroßen Zelten schon bei 10 bis 30 Prozent Belegung gefährlich hohe Feinstaubwerte. Sie reichten mit 439 Mikrogramm bis zum 18-fachen des Wertes, den die Weltgesundheitsorganisation als 24-stündige Maximalbelastung für die Partikel von 2,5 Mikrometer Größe empfiehlt.
Dass Eltern ihre Kinder ins Zelt mitnehmen und sie “derart giftige Luft” atmen lassen, erschüttert Krause immer wieder. Einige kämen sogar mit dem Baby im Kinderwagen oder auf dem Arm. Der Feinstaub des Tabakrauchs bestehe nicht nur aus kleinen lungengängigen Partikeln, sondern aus vielen weitaus gefährlicheren Stoffen. Sie seien in der Gefahrstoffverordnung als gesundheitsschädlich, giftig und sehr giftig eingestuft. “Danach dürfte man Räume und auch Zelte, in denen geraucht wird, eigentlich nur mit Atemschutzmaske betreten”, schlussfolgert Krause. Solche Stoffe schadeten besonders den Jüngeren, für die sich die Erwachsenen erst recht verantwortlich fühlen müssten.
In den Festzelten haben die Feinstaubtester auch viele Jugendliche und Erwachsene angetroffen, die mitgekommen sind, weil es sich als Mitglied der freiwilligen Feuerwehr, des Sport-, Musik-, Jugend- oder Schützenvereins oder des Gemeinderates einfach so gehört. “In einem Staat, in dem soziales oder politisches Engagement nur möglich ist, wenn man bereit ist Gift einzuatmen, läuft etwas falsch”, meint Krause. Deshalb habe sich die NIM dem Aktionsbündnis Nichtraucherschutz angeschlossen und ruft die Bürgerinnen und Bürger Bayerns auf, am 4. Juli beim Volksentscheid mit JA zu stimmen. Eine komplett rauchfreie Gastronomie ist gut für die Gesundheit und gut für das Zusammenleben in ganz Deutschland.
Messergebnisse mit Bildmaterial: http://www.ni-muenchen.de