München – Patient*innen sollen mündig sein – darüber sind sich meist alle einig. Doch wie können sie informierte Entscheidungen für ihre Gesundheit treffen? Wir sagen: Eine Voraussetzung dafür ist Transparenz über den Nutzen und die Qualität von Therapie- und Präventionsangeboten, Ärzten und Krankenkassen.
Mangelware Qualitätsinformationen: Die Basis für mündige Entscheidungen fehlt
Das Wissen darüber, welche Qualität Angebote und Akteure im Gesundheitswesen haben und wie sie ihre Leistungsversprechen tatsächlich einhalten, ist die Grundvoraussetzung für gute Entscheidungen. Doch aktuell ist es für Patient*innen nahezu unmöglich, valide und unabhängige Qualitätsinformationen zu finden. Das gilt zum einen für die Krankenkassen, wo die gängigen Krankenkassenvergleiche nur auf den Zusatzbeitrag und einige wenige Zusatzleistungen abstellen – oft ohne näher zu beleuchten, welche Versicherten wie von diesen Leistungen profitieren. Solche auf dem Preis beruhende Krankenkassenvergleiche gehen an den eigentlichen Bedürfnissen der Versicherten vorbei und bieten ihnen daher keinen Mehrwert bei ihrer Entscheidung für eine Krankenkasse. Ähnlich ist die Lage bei der Auswahl von Ärzt*innen sowie von Therapie- und Präventionsangeboten: Verständliche und belastbare Informationen darüber, wie Patient*innen die Behandlung empfunden haben, suchen diese meistens vergebens. Damit fehlt ihnen aber die Basis, um eine informierte Wahl für eine Ärztin oder einen Arzt zu treffen. Gleichsam ist die informative Basis für ein Gespräch auf Augenhöhe über den passenden Therapieweg mit dem gewählten Behandler nicht gegeben.
Unsere Forderungen: vergleichbare Kennzahlen und eine Transparenzpflicht
Wir fordern daher eine Verpflichtung zur Qualitätstransparenz im Gesundheitswesen. Denn die Möglichkeit, sich über die Qualität von Krankenkassen, Therapien sowie Leistungserbringerinnen und Leistungserbringern zu informieren, ist unabdingbare Voraussetzung für mündige Entscheidungen. Größtmögliche Wirkung entfaltet Transparenz jedoch nur, wenn alle Akteure Daten und Zahlen offenlegen. Damit Transparenz über Qualität im Sinne der Versicherten wirkt, ist es wichtig, dass die veröffentlichten Zahlen vergleichbar sind. Dazu braucht es einheitliche Transparenzvorschriften.
Grundsätzlich gibt es zwei Wege, wie man sich der Frage nach der Qualität von Angeboten, Angehörigen medizinischer Professionen und Krankenkassen im Gesundheitswesen nähern kann:
1. Objektive Kennzahlen
Sie geben Aufschluss über die Qualität einer Leistung und ihres Ergebnisses. Solche Kennzahlen sind im Krankenkassenbereich zum Beispiel die Anzahl der Widersprüche gegen einen Bescheid oder die Anzahl der Klagen gegen eine Krankenkasse vor dem Sozialgericht (siehe „Qualitätskennzahlen“). Vorteil solcher Kennzahlen ist, dass sie objektiv und damit gut vergleichbar sind, vorausgesetzt sie werden nach einheitlichen Kriterien erhoben und dargestellt. Dagegen lassen diese Kennzahlen keine Aussage darüber zu, wie Patient*innen oder Versicherte die Behandlung oder Leistung tatsächlich empfunden haben. Gerade in der Gesundheitsversorgung spielen solche emotionalen Faktoren aber eine große Rolle.
2. Systematische Befragungen
Befragungen von Patient*innen und Versicherten, die eine Leistung oder Behandlung in Anspruch genommen haben, sind als zweiter Weg der Qualitätsmessung unabdingbar. Denn die Ergebnisse von Befragungen geben Aufschluss darüber, wie die Leistungsempfänger*innen die Art und Weise, wie die Leistung erbracht wurde, sowie deren Ergebnis empfunden haben. Sie füllen also die Lücke der Erkenntnisse über die wichtigen subjektiven Faktoren, die objektive Kennzahlen nicht liefern können.
Qualitätstransparenz fördert mündige Versicherte und Qualitätsverbesserungen
Versicherte und Patient*innen profitieren in zweifacher Hinsicht von konsequenter Qualitätstransparenz im Gesundheitswesen:
- Mündige Entscheidungen: Gute Informationen über die objektive sowie wahrgenommene Qualität von Krankenkassen ermöglichen den Versicherten eine informierte Wahl der passenden Krankenkasse. Ebenso befähigen aussagekräftige Qualitätsinformationen über Leistungserbringer*innen zu einer besseren Wahl. Leicht zugängliche und verständlich aufbereitete Qualitätsinformationen über Therapien und Gesundheitsangebote helfen Menschen, mündige Entscheidungen für ihre Gesundheit zu treffen. Gleichzeitig fördern Qualitätsinformationen das Gespräch auf Augenhöhe zwischen Behandelnden und Patient*innen.
- Qualitätswettbewerb und Qualitätsverbesserung: Die Verpflichtung zur Transparenz über Qualität wird zu einem Wettbewerb um die beste Qualität führen. Das wird für Krankenkassen genauso gelten wie für Leistungserbringer*innen. Indem die Wahrnehmung der Versicherten und Patient*innen zur wichtigen Säule der Qualitätsmessung wird, wird sich der Wettbewerb um die beste Qualität an deren Bedürfnissen orientieren und so zu einer Qualitätssteigerung im Sinne der Versicherten führen. Ein ähnlicher Effekt wird auch beim Angebot von Therapien und Präventionsmaßnahmen eintreten: Qualitativ hochwertige Angebote mit objektiv belegten und subjektiv wahrgenommenen Nutzen für die Versicherten werden stärker gefördert werden. In Angebote mit weniger Nutzen wird dagegen weniger investiert werden.
Beispiele für Qualitätskennzahlen für Krankenkassen
Beschwerden nach einem Antragsbescheid
Beschwerden sind die erste Stufe der Eskalation, die unzufriedene Versicherte wählen können. Ihre Anzahl gibt unter anderem Auskunft darüber, wie gut eine Krankenkasse ihre Bescheide erklärt.
Widersprüche
Der Widerspruch ist ein offizieller Schritt, um gegen einen Antragsbescheid vorzugehen. Die Kennzahl zeigt unter anderem, wie häufig es einer Krankenkasse nicht gelingt, sich im Gespräch mit den Versicherten zu einigen.
Anzahl der Verfahren vor dem Sozialgericht
Der Gang vor das Sozialgericht ist die höchste Stufe in der Auseinandersetzung um die Bewilligung eines Antrages auf Leistung.
Beispiele für Qualitätskennzahlen für Ärztinnen und Ärzte
Anzahl der durchgeführten Behandlungen
Je häufiger ein Arzt eine Behandlung durchführt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass er sie sehr gut beherrscht.
Anzahl der Patient*innen, die nach einer Behandlung weitere Behandlungen brauchen
(Kennzahl bezieht sich immer auf eine bestimmte Behandlung): Diese Kennzahl ist ein Indiz dafür, ob Behandlungen in der Regel zum gewünschten Ergebnis führen.
Anzahl der Patient*innen, die nach einer Behandlung keine Einschränkungen mehr in ihrem Alltag verspüren
(Kennzahl bezieht sich immer auf eine bestimmte Behandlung): Diese Kennzahl belegt die Erfolgsquote einer Behandlung.
Vertiefende Informationen
Die im vorliegenden Dokument dargestellten Informationen sollen einen ersten Einstieg in das Thema „Qualitätstransparenz im Gesundheitswesen“ bieten. Vertiefenden Informationen dazu finden Sie beispielsweise hier:
- Ausführliche Informationen zur Qualitätstransparenz für Krankenkassen: Dr. Getrud Demmler (2021): Qualitätswettbewerb von Krankenkassen; in: Knieps, Schrappe, Demmler (Hrsg.): BKK Kundenreport 2021 – Qualität von Krankenkassen
- Politische Initiativen:
a.Bündnis 90/Die Grünen engagieren sich für die Verpflichtung von Krankenkassen zu mehr Qualitätstransparenz. Hintergründe zur Haltung der Partei lesen Sie im Antrag „Mehr Transparenz und mehr Anreize für eine bessere Versorgung im Wettbewerb der gesetzlichen Krankenversicherungen“ (Bundesdrucksache 19/26889 vom 23.2.2021).
b.Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung Claudia Schmidke fordert ebenfalls mehr Transparenz von Krankenkassen: Artikel abrufbar unter diesem Link.
Weitere Themen finden Sie unter www.sbk.org/presse
Über die SBK
Die SBK Siemens-Betriebskrankenkasse ist die größte Betriebskrankenkasse Deutschlands und gehört zu den 20 größten gesetzlichen Krankenkassen. Als geöffnete, bundesweit tätige Krankenkasse versichert sie mehr als eine Million Menschen und betreut über 100.000 Firmenkunden in Deutschland – mit mehr als 1.800 Mitarbeiter*innen in 86 Geschäftsstellen.
Seit über 100 Jahren setzt sich die SBK persönlich und engagiert für die Interessen der Versicherten ein. Sie positioniert sich als Vorreiter für einen echten Qualitätswettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung. Voraussetzung dafür ist aus Sicht der SBK mehr Transparenz für die Versicherten – über relevante Finanzkennzahlen, aber auch über Leistungsbereitschaft, Beratung und Dienstleistungsqualität von Krankenkassen. Im Sinne des Kunden vereint die SBK darüber hinaus das Beste aus persönlicher und digitaler Welt und treibt die Digitalisierung im Gesundheitswesen aktiv voran.