Berlin – Zu den Äußerungen des pflegepolitischen Sprechers der Union, Willi Zylajew, erklärt Elisabeth Scharfenberg, pflegepolitische Sprecherin:
Zu den Äußerungen von Wlli Zylajew kann man nur fassungslos den Kopf schütteln. Welchem Irrglauben unterliegt der pflegepolitische Sprecher der Union, wenn er behauptet, die Pflegeversicherung sei bisher solide finanziert und er sehe daher keinen dringenden Reformbedarf? Es ist fraglich, ob dies auch die Meinung von Merkel und Co, sowie dem Koalitionspartner SPD ist.
Uneingeschränkt können wir Herrn Zylajew in einen Punkt zustimmen: Es ist wirklich an der Zeit, endlich vernünftig und nicht so knapp zu planen, wie etwa bei der Gesundheitsreform. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu recht schlüssige Reformen und keine Warteschleifenpolitik als Überbrückung bis zur nächsten Bundestagswahl.
Die große Koalition agiert beschämend. Aus Herrn Zylajews Äußerungen wird nur allzu deutlich, dass es überaus große Meinungsverschiedenheiten im Hinblick auf die Reform der Pflegeversicherung gibt: die Union möchte eine Kopfpauschale zur Finanzierung einer Demografiereserve – die SPD lehnt eine Zusatzversicherung über Pauschalen ab. Der zeitliche Rahmen ist offensichtlich derzeit vollkommen unklar. Wenn jetzt, wie von der Union vorgeschlagen, Teilaspekte wie etwa höhere Zahlungen an Demenzkranke vorgezogen werden, endet die dringende Pflegeversicherungsreform als Flickschusterei. Dies ist für alle Betroffenen unzumutbar.
Eine Pflegereform verdient ihren Namen erst dann, wenn sie eine Finanz- und eine Strukturreform umfasst. Die Finanzierung der Pflegeversicherung muss sozial gerechter und nachhaltiger werden. Wir plädieren im Kern für die solidarische Bürgerversicherung und ergänzende Finanzierungselemente im Sinne einer Demografiereserve. Es gilt eine simple Wahrheit: Entweder fließt mehr Geld in die Pflegeversicherung oder es müssen Leistungen gekürzt werden. Dies verbirgt sich ungeschönt hinter Herrn Zylajews Einschätzung einer “soliden Finanzierung”.
Die beste Reform macht keinen Sinn, wenn nicht die Versorgungsstrukturen besser auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen zugeschnitten werden. Dazu gehören die Stärkung der ambulanten Pflege, der Pflegeberatung und neuer Wohnformen ebenso wie verlässliche Rahmenbedingungen für die stationäre Pflege. Dringend notwendig sind Leistungsverbesserungen für Menschen mit Demenz, geistigen oder psychischen Behinderungen, mehr Anreize für Prävention und Rehabilitation, sowie eine Bürokratie, die auf das Notwendige beschränkt bleibt. Dies alles kann nicht länger warten. Ein Verschieben der Reformen über das Jahr 2007 hinaus ist den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen nicht zumutbar.