Berlin – Bei aller Kritik am Konstrukt des Ethikrates – mit seinem Vorschlag zur so genannten Erklärungslösung für die Organspende hat er die öffentliche Debatte mit einem Paukenschlag wieder eröffnet, meint Martina Bunge, Fraktion DIE LINKE..
Eine Organspende kann Leben retten und Leiden vermindern. Die riesige Diskrepanz zwischen der Zahl der Patientinnen und Patienten, die dringend auf eine Organspende warten, und der Zahl der realisierten Organspenden, ist nicht nur bedauerlich, sondern nicht hinnehmbar. Wenn die in Deutschland existierende Regelung die Diskrepanz zwischen Bedarf und Spendenbereitschaft nicht ausgleichen kann, ist es legitim, die gesellschaftliche Diskussion neu zu entfachen. 10 Jahre Transplantationsgesetz rechtfertigen es zu hinterfragen, ob die Zielstellungen erreicht wurden.
Der Vorschlag, die Widerspruchsregelung mit einer Erklärung zu Lebzeiten zu kombinieren, wäre europäisches Novum und konstruktiver als die pure Widerspruchsregelung, wie sie in etlichen Ländern existiert. Die vorgeschlagene Regelung könnte auch mehr Menschen anregen, sich zu erklären.
Eines muss klar sein, keine dieser Lösungen wirkt allein. Notwendig ist beispielsweise ein funktionierendes Management von Krankenhäusern und Transplantationszentren wie in Mecklenburg-Vorpommern, das die Spitze der Spendenbereitschaft in Deutschland einnimmt. Ernstzunehmen sind auch die Befürchtungen, dass die Spendenbereitschaft von Geschäftemachern in einer Organhandel-Szene missbraucht werden könnte. Regierungshandeln wie beispielsweise beim Entwurf des Gewebegesetzes, der vorhat, Organteile zur Ware werden zu lassen, ist da völlig kontraproduktiv.
Die Chancen für Leben durch Organspende auf der einen Seite und das Recht eines jeden, selbst über seinen Körper zu Lebzeiten und nach dem Tode zu bestimmen, auf der anderen Seite, sind es wert, ernsthaft neu diskutiert zu werden.