München/Potsdam – Die Einflüsse von Ballaststoffen auf die großen Zivilisationskrankheiten unserer Zeit standen ganz im Zentrum des 15. Wissenschaftlichen Workshops des gemeinnützigen Institut Danone Ernährung für Gesundheit e.V. (IDE). Der Workshop des IDE mit dem Titel „Top-Teams in Sachen Prävention“ fand am 13./14.06.2013 in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke statt.
Ballaststoffe haben vielfältige positive Wirkungen auf den menschlichen Körper. „Ballast“ sind sie überhaupt nicht. Gerade in den letzten Jahren wurden viele neue Erkenntnisse über Nahrungsfasern in Lebensmitteln gewonnen. Besonderes Interesse gilt heute der Tatsache, dass einige Nahrungsfasern die Empfindlichkeit der Zellen des Menschen gegenüber dem Hormon Insulin erhöhen und Krankheiten wie Diabetes Typ 2, Übergewicht und Adipositas vorbeugen. Eine Tatsache, die chronisches Leid vermindern und die Gesundheitssysteme entlasten könnte.
Auf dem Workshop des IDE präsentierten acht Wissenschaftler einen Studienüberblick zu dieser spannenden Substanz-Gruppe der Ballaststoffe. Prof. Helmut Heseker, Universität Paderborn und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). verwies darauf, wie wichtig ein „gesunder Mix aus Fasern“ ist. Wer faserreiche Lebensmittel isst, nimmt weniger Energie auf. Lösliche Nahrungsfasern beeinflussen die Mikrobiota (Darmflora) im Darm positiv und wirken günstig auf das unerwünschte LDL-Cholesterol im Blut. Eine hohe Zufuhr unlöslicher Ballaststoffe ist auch mit einem geringeren Körpergewicht verbunden und verringert das Risiko für Herzkrankheiten oder Diabetes Typ 2.
Treffpunkt Darm
Prof. Dr. Michael Blaut, DIfE, und Prof. Remy Meier, Kantonsspital Liestal, stellten die Wirkung der Ballaststoffe auf die Mikrobiota vor. Darmbakterien gewinnen Energie aus Nahrungsfasern. Kurzkettige Fettsäuren sind u.a. Endprodukte aus diesem Prozess und können anti-entzündlich wirken. Sie beeinflussen auch den Fett – und Kohlenhydratstoffwechsel. Trotz der individuellen Zusammensetzung aus über 400 bekannten, im Darm lebenden Spezies sind bei bestimmten Erkrankungen typische Veränderungen in der Mikrobiota nachzuweisen. Deshalb wird gerade erforscht, inwieweit künftig die Mikrobiota-Analyse zur Diagnose bestimmter Krankheiten beitragen kann.
Besonders klar ist der Zusammenhang zwischen den Nahrungsfasern und dem Typ 2-Diabetes. Die Forschung hat herausgefunden, dass Nahrungsfasern den menschlichen Zellen helfen, auf das Hormon Insulin empfindlich zu reagieren. Diese Empfindlichkeit soll möglichst hoch sein, damit die Bauchspeicheldrüse nur wenig Insulin produzieren muss, um den Blutzuckerspiegel auf einem günstigen Niveau zu halten. Liegt hingegen eine Insulin-Unempfindlichkeit vor, steigt das Risiko für Übergewicht, Adipositas und Diabetes Typ 2. Nahrungsfasern wirken dem entgegen und verlangsamen den Anstieg des Blutzuckers. Somit bieten sie dem Menschen eine praktische und gesunde Möglichkeit, chronischen Krankheiten vorzubeugen. In Bezug auf die möglichst lebenslange Gesundheit eines Menschen ist dieser Nachweis besonders wichtig.
Den Zucker zügeln
Zwei Portionen von Vollkornprodukten pro Tag können das Diabetesrisiko um zirka 20 % senken, betonte Prof. Dr. Andreas Pfeiffer, Charité Berlin/ DIfE. Auch Prof. Dr. Matthias Schulze und Prof. Dr. Heiner Boeing, beide vom DIfE, unterstützten die These, dass „Ballaststoffe gegen Ballast“ helfen. Die internationale EPIC-Studie* zeige: Wenn die Zufuhr von Nahrungsfasern steigt, nimmt z.B. das Gewicht durchschnittlich weniger zu und das Risiko für Herz-Kreislaufkrankheiten ab.
Slow Carb statt Low Carb
Die DGE empfiehlt 30 g Ballaststoffe pro Tag, je zur Hälfte aus Getreideprodukten bzw. Obst und Gemüse. Dr. Schulze-Lohmann, DGE-Sektion Schleswig-Holstein sagte dazu: „Vollkornvarianten von Brot, Mehl, Nudeln, Haferflocken aber auch Bulgur, Couscous oder die Neuzüchtung Beta-Gerste sind eine gute Wahl in punkto Ballaststoffe. Sie haben zudem einen hervorragenden Sättigungseffekt“. Die Referentin beschrieb alltagsnah, wie man den Nahrungsfaser-Gehalt des Essens gezielt steigert. Z.B. ist der schrittweise, vermehrte Einsatz von Vollkornvarianten bei Nudeln, Mehl und Haferflocken sinnvoll. Auch Brot mit Vollkornanteil, Rote Grütze aus frischen Beeren, Joghurt mit Cerealien oder einem Esslöffel Weizenkleie tragen zu einer höheren Zufuhr an Nahrungsfasern bei. Isolierte Ballaststoffe in Form von Kautabletten oder Pulver hingegen empfahl Frau Dr. Schulze-Lohmann nicht. Diese Produkte verändern eine sonst ungesunde Ernährungsweise nicht und können unerwünscht wirken (z.B. verstopfend).
Prof. Dr. Günther Wolfram, Präsident des IDE, resümierte am Ende des Workshops: „Dieses Wissen ist sehr wertvoll, wenn es um die Prävention der großen Zivilisationskrankheiten in Deutschland geht. Die Ballaststoff-Forschung liefert uns eine gute Beweislage für die Vorsorge bezüglich Diabetes Typ II, Übergewicht und Adipositas. Es wäre gut, dieses Wissen stärker in die Bevölkerung zu tragen.“
Ein Bericht mit Kurzfassungen zu allen wissenschaftlichen Vorträgen kann kostenlos in der IDE-Geschäftsstelle angefordert werden. Der ausführliche Kongressbericht wird 2014 in der Zeitschrift „Aktuelle Ernährungsmedizin“ veröffentlicht.
*) Die Abkürzung EPIC steht für: European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition
Detaillierte Informationen zu aktuellen Projekten des IDE erhalten Sie auf www.institut-danone.de
Das Institut Danone Ernährung für Gesundheit e.V.: Gesundheitsbewusste Ernährung ist unser Ziel!
Das 1992 gegründete Institut Danone Ernährung für Gesundheit e.V. (IDE) ist eine gemeinnützige Einrichtung, die ausgewählte Forschungsprojekte im Bereich Ernährungswissenschaft und Ernährungsmedizin fördert und für verschiedene Zielgruppen aktuelle Materialien für die Ernährungsaufklärung erstellt. Das IDE arbeitet werbe- und produktneutral. Eingebunden in ein internationales Netzwerk bietet das IDE Wissenschaftlern, Ernährungsfachkräften, Ärzten, Pädagogen und allen Interessierten eine Plattform für den Austausch sowie den Zugriff auf aktuelle ernährungswissenschaftliche und -medizinische Erkenntnisse.