Im dritten Teil unserer Serie #VisionZukunft beschäftigen wir uns mit der Qualität der Leistungen und Services im deutschen Gesundheitssystem. Wie schaffen wir die Transformation von der Quantität hin zur Qualität und einer echten Ausrichtung am Menschen? Ein zentraler Hebel kommt dabei dem Patienten- und Versichertenfeedback zu. Ein lernendes Gesundheitssystem kann nur entstehen, wenn Versorgungshandeln kontinuierlich mit den erzielten Ergebnissen abgeglichen und angepasst wird.
Über die Serie
Für die nächste Bundesregierung steht in der Gesundheitspolitik viel auf dem Spiel: Die Kosten für die Versicherten steigen in ungekannte Höhen. Die Qualität der Versorgung ist im EU-Schnitt dagegen nur Mittelmaß. Die Aufgabe lautet: Kostenspirale stoppen und dabei die Qualität der Versorgung verbessern. Wir sagen: Das ist möglich. Wie? Dazu skizzieren wir vier Maßnahmen, die wir in den nächsten Wochen vorstellen.
München. „Der Mensch im Mittelpunkt“ – dieses Lippenbekenntnis der Gesundheitsversorgung begegnet uns oft. Doch entspricht das wirklich der Realität? Ein genauerer Blick offenbart eine Lücke: Wenn von Versorgungsqualität die Rede ist, bleibt die Perspektive der Patientinnen und Patienten oft unberücksichtigt. Wie bewerten eigentlich diejenigen, die behandelt werden, die Leistungen und Services des Gesundheitssystems? Dabei birgt das Patientenfeedback erhebliches Potenzial. „Qualitativ gute Versorgung braucht den Dreiklang aus klaren Strukturen, effektiven Prozessen und überzeugenden Ergebnissen,“ erklärt Dr. Gertrud Demmler, Vorständin der SBK Siemens-Betriebskrankenkasse.
Qualität kann anhand von zwei Dimensionen gemessen werden: „Kennzahlen“ und „Befragungen“. Objektive und vergleichbare Kennzahlen geben wichtige Einblicke in die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Bei Krankenkassen sind das zum Beispiel die Genehmigungsquoten, die Zahl der Widersprüche und Klagen oder die Bearbeitungszeiten. Bei Kliniken geht es um Kennzahlen zum konkreten Leistungsspektrum, die Häufigkeit bestimmter Eingriffe, Komplikationsraten und die Personalausstattung. „Umfangreiche Initiativen der letzten Jahre und der gemeinsam getragene Wunsch nach Qualitätsorientierung haben gerade bei den Krankenkassen viel bewegt. Was uns in Deutschland nach wie vor fehlt, ist ein Konzept wie wir das Patient*innen-Feedback in unsere Qualitätsmessungen integrieren,“ sagt Demmler. Wichtig ist, dass die Infos strukturiert abgefragt werden und transparent einsehbar sind. „Wir als SBK holen das Feedback unserer Versicherten auf vielen Wegen ein, um uns und unsere Qualität stetig verbessern zu können. Außerdem haben wir uns im letzten Jahr gemeinsam mit 51 weiteren Betriebskrankenkassen aufgemacht, eine gemeinsame Plattform zur Versichertenbefragung aufzubauen,“ so Demmler weiter. Entscheidend ist, dass alle mitmachen und sich an den einheitlichen Kriterien orientieren. Nur so lassen sich die Daten vergleichen und die gelebte Qualitätsorientierung unter den Krankenkassen weiter vorantreiben.
Mit Real-World-Daten zum lernenden System
Für das Gesundheitswesen insgesamt fehlt eine Qualitätsorientierung. Basis einer wertbasierten Gesundheitsversorgung (Value-Based Healthcare VBHC) sind Real-World-Daten, insbesondere Patientenrückmeldungen. Ein wichtiges Instrument zur strukturierten Befragung sind patientenberichtete Outcome & Experience Measures – so genannte PROMs und PREMs. Dabei berichten Patientinnen und Patienten über ihren subjektiven Gesundheitszustand während und nach einer Behandlung. „Wir brauchen auf allen Versorgungsebenen Rückkopplungssysteme. Ein lernendes Gesundheitssystem kann nur entstehen, wenn Versorgungshandeln kontinuierlich mit den erzielten Ergebnissen abgeglichen und angepasst wird. Wenn diese Ergebnisse transparent für alle gemacht werden, profitiert nicht nur die einzelne Organisation – das gesamte Gesundheitssystem kann sich weiterentwickeln,“ schildert Demmler.
Fazit
Eine Qualitätsorientierung im Gesundheitswesen zu etablieren ist eine Mammutaufgabe. Es geht um die Transformation weg von der Menge, hin zur Qualität und einer echten Ausrichtung am Menschen. Für ein gutes Gelingen braucht es eine Vielzahl an kleinen und großen Schritten und vor allem den gemeinsamen Willen. Viele positive Beispiel im In- und Ausland zeigen uns: Der Aufwand lohnt sich. Wertvolle Effekte sind unter anderem kürzere Liegezeiten, weniger Zweiteingriffe und die Bekämpfung von Überversorgung in angespannten Versorgungsbereichen. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf die Lebensqualität der Betroffenen aus, sondern zahlt sich für alle Beteiligten auch wirtschaftlich aus.
Dazu braucht es:
+ Grundsatz verankern: Keine Qualitätsmessung ohne die Perspektive der Patient*innen und Versicherten.
+ Eine nationale Strategie zu Value-Based Healthcare, die bestehende Bottom-Up-Initiativen unterstützt und skaliert, sowie klare Zuständigkeit festlegt.
+ Motivation durch: Positive Erfahrungen der Leistungserbringenden und ein Konzept für Transparenz mit Augenmaß.
+ Nutzerfreundliche digitale Kommunikationswege zwischen allen Akteuren.
+ Anpassungen im Vergütungssystem: Weg von der Mengenlogik hin zur Qualitätslogik – dafür bedarf es innovativer Vergütungsmodelle durch Krankenkassen und staatliche Mittel für Infrastruktur.
+ Eine gemeinsame Verpflichtung zur Qualitätsorientierung – denn das Wohl der Patientinnen und Patienten geht uns alle an.
Freuen Sie sich auf die nächste und letzte gesundheitspolitische Idee zur Bundestagswahl!
Unser nächster Vorschlag lautet: Daten sinnvoll nutzen
Über die SBK:
Die SBK Siemens-Betriebskrankenkasse ist die größte Betriebskrankenkasse Deutschlands und gehört zu den 20 größten gesetzlichen Krankenkassen. Als geöffnete, bundesweit tätige Krankenkasse versichert sie mehr als eine Million Menschen und betreut über 100.000 Firmenkunden in Deutschland – mit rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 86 Geschäftsstellen.
Seit über 100 Jahren setzt sich die SBK persönlich und engagiert für die Interessen der Versicherten ein. Sie positioniert sich als Vorreiterin für einen echten Qualitätswettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung. Voraussetzung dafür ist aus Sicht der SBK mehr Transparenz für die Versicherten – über relevante Finanzkennzahlen, aber auch über Leistungsbereitschaft, Beratung und Dienstleistungsqualität von Krankenkassen. Im Sinne der Versicherten vereint die SBK darüber hinaus das Beste aus persönlicher und digitaler Welt und treibt die Digitalisierung im Gesundheitswesen aktiv voran.