München – “Das Internet weiß bei Ihrer Grippe nichts von Ihrer Herzerkrankung, Ihr langjähriger Apotheker schon – Gefahr von Wechselwirkungen steigt”.
+++ Ein absolutes Veto legt Bayern gegen den Versandhandel von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein. Im Bundesrat wird Gesundheits- und Verbraucherschutzminister Otmar Bernhard morgen (Fr.) einen entsprechenden Verbotsantrag stellen. Bernhard: “Das Antibiotikum aus der Apotheke zusammen mit den Herztropfen aus dem Netz kann eine schwere Vergiftung verursachen. Denn das Internet weiß bei Ihrem chronischen Herzleiden nichts von Ihrer akuten Grippe; Ihr langjähriger Apotheker schon. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln brauchen wir deshalb immer das ‘Vier-Augen-Prinzip’. Der verschreibende Arzt und der Apotheker müssen beide hinschauen.” Dieses doppelte Sicherheitssystem wird durch den Versandhandel erheblich gefährdet. Bernhard begrüßte daher, dass im Vorfeld der Bundesratsbehandlung bereits zahlreiche Bundesländer Zustimmung zum bayerischen Vorstoß des Versandhandelsverbots bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln signalisierten. +++
Ein 65jähriger nimmt heute im Schnitt fünf verschiedene Arzneimittel am Tag ein. Ohne persönliche Beratung steigt dem Minister zufolge die Gefahr, dass ein zusätzlich eingenommenes Internet-Präparat gefährliche Wechselwirkungen hervorruft. Der Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen geht von jährlich zigtausend Patienten aus, die wegen schwerer Neben- oder Wechselwirkungen in die Klinik müssen, 1.400 stürben daran. Bernhard: “Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln brauchen wir Gürtel und Hosenträger. Die Gefahr, dass bei der persönlichen Beratung in der Präsenz-Apotheke etwas übersehen wird oder der Patient gar etwas verschweigt, ist deutlich geringer als im anonymen Online-Verkehr. Diese Beratung kann auch keine pick-up-Stelle im Drogeriemarkt machen, wo der Patient sich sein Medikament und seine Urlaubsfotos gleichzeitig abholen kann.”
Auch der Fälscherszene wird es schwer gemacht, wenn verschreibungspflichtige Medikamente nicht mehr legal im Internet angeboten werden können. 2007 erfasste das Bundeskriminalamt 2.400 Arzneimittelfälschungen vor allem von teuren Präparaten wie Krebsmittel oder HIV-Therapeutika, angeboten übers Internet. “Mit dem Versandverbot weiß jeder: Verschreibungspflichtige Medikament gibt’s legal nur in der Apotheke.”
Weitere Informationen: http://www.gesundheit.bayern.de