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Versorgungsstärkungsgesetz gefährdet Facharztverträge – Rolle rückwärts in das Kollektivvertragssystem?

Gemeinsame Pressemitteilung

Stuttgart – Die Vertragspartner AOK, Hausärzteverband und MEDI in Baden-Württemberg sehen Teile des Referentenentwurfs zum „Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-VSG) kritisch. Der vorliegende Entwurf verfolge nicht die formulierte Absicht, sondern schwäche den Qualitätswettbewerb ebenso gravierend wie er die fachärztliche ambulante Versorgung vernachlässige.

Besonders kritisch wird die Streichung des Paragrafen 73c gewertet. Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg: „Die beabsichtigte Streichung als Grundlage der Facharztverträge ist ein fatales Signal an die Fachärzte im Vertragswettbewerb. Der Gesetzentwurf verhindert den weiteren Aufbau einer zur Regelversorgung alternativen strukturierten haus- und fachärztlichen Versorgung in unserem Land. Außerdem gefährdet er die bisher erfolgreiche Arbeit aller Vertragspartner in Baden-Württemberg. “

Für die AOK Baden-Württemberg erfordert eine flächendeckende Versorgung mit qualifizierten Selektivverträgen zugunsten von Versicherten und Patienten klare Strukturen: „Die kann es aber nicht geben, wenn künftig – nach dem Willen des Gesetzgebers – der Sicherstellungsauftrag der Krankenkasse nicht mehr klar geregelt ist“, so Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg. Wenn Aufsichtsbehörden bei Selektivverträgen künftig Sonderrechte mit drastischen Sanktionsmöglichkeiten erhielten, sei es für Krankenkassen nicht mehr kalkulierbar, Selektivverträge abzuschließen. „Damit werden Innovationen und unternehmerisches Handeln systematisch untergraben“, so Hermann weiter.

Auch der vorgesehene Innovationsfonds sei in seiner vorgesehenen Ausgestaltung nicht hinnehmbar. Die Bildung eines zentralen Innovationsausschusses beim Gemeinsamen Bundesausschuss sehen die Südwestpartner kontraproduktiv. Innovationen in der Versorgung könnten nicht zentral verordnet werden, sondern müssten von den Partnern in den Regionen selbstbestimmt und eigenverantwortlich gestaltet werden können – wie das in Baden-Württemberg seit langem geschehe.

Dr. Berthold Dietsche, Vorsitzender des Hausärzteverbands Baden-Württemberg, begrüßt zwar gemeinsam mit den Vertragspartnern die vorgesehene Stärkung des Hausarztes und der hausärztlichen Fortbildung. „Eine funktionierende Selektivversorgung lebt aber von dem Zusammenwirken von Haus- und Facharzt auf Augenhöhe. Die deutlichen Rückschritte bezüglich der Selektiverträge und das drohende Ungleichgewicht zu Lasten der Fachärzte birgt die Gefahr, dass das Gebäude zum Einsturz kommt. Und auch die vorgesehenen erweiterten Leistungsansprüche für Versicherte bleiben hinter dem zurück, was bei uns in Baden-Württemberg in den Hausarzt- und Facharztverträgen bereits Standard ist.“

Die mit den Selektivverträgen in Baden-Württemberg erzielten Erfolge zeigten, dass dann positive Effekte für Patientinnen und Patienten erzielbar sind, wenn die Honorierung für den Arzt angemessen und klar an der Leistung orientiert ist und darüber hinaus das Versorgungsumfeld adäquat abgebildet wird. „An diesen Erfordernissen geht der Gesetzentwurf völlig vorbei“, sind sich die Vertragspartner einig.