Berlin – Zur Antwort der Bundesregierung auf eine mündliche Anfrage zum Kinderarztmangel in Ostdeutschland (BT-Drs. 16/4802; Plenarprotokoll der 90. Sitzung) erklärt der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE., Frank Spieth:
Laut Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte werden innerhalb der nächsten fünf Jahre zahlreiche Kinderarztpraxen keine Nachfolger finden und deshalb schließen. Im Bundesdurchschnitt betrifft dies nach Einschätzung des Berufsverbands 35 Prozent der Kinderarztpraxen, in Ostdeutschland mit 60 Prozent fast doppelt so viele.
Die Bundesregierung nimmt diesen zukünftigen Mangel an Kinderärzten, der in vielen Gebieten schon heute zu spüren ist, billigend in Kauf. Wie aus der Antwort auf meine Anfrage hervorgeht, setzt die Bundesregierung auf die Selbstregulierung des Problems über die Abwanderung junger Frauen aus Ostdeutschland und den damit zu erwartenden Geburtenrückgang. Mit anderen Worten: Sie hofft, dass die Zahl der Kinder sich an die der Kinderärzte anpasst.
Das ist blanker Zynismus, macht die familienpolitischen Postulate der Koalition zur Makulatur und zeigt, dass der Osten in dieser Bundesregierung keinerlei Lobby hat.
Eine flächendeckende kinderärztliche Versorgung für alle Bundesländer ist nach Auffassung der Linken ein wichtiger Beitrag zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West. Für Eltern, die auf der Suche nach einem Arbeitsplatz sind und sich niederlassen wollen, ist es ein entscheidendes Kriterium, ob eine wohnortnahe zuverlässige medizinische Versorgung ihrer Kinder garantiert ist. Ist das nicht der Fall, sind nicht nur keine Zuzüge zu erwarten. Noch mehr junge Menschen werden abwandern, die Geburten noch stärker zurückgehen. Wer sich wie die Bundesregierung in der derzeitigen Situation einrichtet, hat bereits kapituliert.