Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e. V. (DGIV) bewertet den vorliegenden Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) für ein Gesetz zur Reform der Notfallversorgung als eine verpasste Chance, mit neuen Strukturen echte integrierte sektorenübergreifende Versorgungslösungen auf einer wettbewerblichen Grundlage zu schaffen. Damit sieht die DGIV erneut die fehlende Bereitschaft auf Seiten der Bundesregierung bestätigt, durch die Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden Kooperation in der medizinischen Versorgung bestehende Effizienz- und Effektivitätsreserven auf wettbewerblicher Grundlage auszuschöpfen.
„Es ist auffällig, wie groß die Scheu im BMG vor der Weiterentwicklung integrierender wettbewerblicher Versorgungslösungen im Schnittstellenbereich von ambulant und stationär ist.“, so der DGIV-Vorstandsvorsitzende Prof. Stefan G. Spitzer, der damit auf eines der Grundprobleme bei derzeitigen Reformbestrebungen verweist: „Mit dem Gesetzesentwurf werden die sektoralen Mauern eher weiter verstärkt als abgebaut. Kooperativen Versorgungsangeboten auf der unmittelbaren Leistungserbringerebene wird erneut ein Riegel vorgeschoben. Stattdessen erhalten althergebrachte sektorale Grabenkämpfe zwischen den Krankenhausgesellschaften und Kassenärztlichen Vereinigungen neue Nahrung.“
Aus Sicht der DGIV bietet die Reform der Notfallversorgung große Chancen zur echten medizinischen Kooperation zwischen Krankenhäusern und vertragsärztlichen Leistungserbringern über Sektorengrenzen hinweg. Daher fordert der Verband dazu auf, bei der Reform der Notfallversorgung maßgeblich die Erfahrungen von Krankenkassen und Leistungserbringern aus der integrierten Selektivversorgung zu nutzen. Auch die Notfallversorgung habe in erster Linie dem Patientenwohl zu dienen, ohne mit den notwendig vorzuhaltenden Kapazitäten ineffiziente Versorgungsalternativen zu eröffnen. Deshalb muss auch die Notfallversorgung mit einer konsequenten Umsetzung des Prinzips „ambulant vor stationär“ und der wissenschaftlichen Auswertung der entsprechenden Versorgungsergebnisse verbunden sein.
Für regional-spezifische Kooperationslösungen in einem Wettbewerb der Angebote bieten u. a. die extrabudgetäre Vergütung, notwendige Modifizierungen im Leistungserbringungsrecht und bereits vielfach im Umfeld von Krankenhäusern vorhandene fachärztliche Spezialisierungen sehr gute Voraussetzungen. Diese Chance sollte man im Gesetzgebungsverfahren nicht verpassen.