Düsseldorf – Der Bundeslandwirtschaftsminister will Schluss machen mit Bezeichnungen wie “veganes Schnitzel”. Unsere Umfragen zeigen aber: Verbraucher schätzen den Verweis auf klassische Produkte.
Das Wichtigste in Kürze:
- Der Bundeslandwirtschaftsminister will die Bezeichnung von vegetarischen und veganen Fleischersatzprodukten ändern.
- Wir wissen von Verbrauchern: Der Vergleich mit herkömmlichen Produkten ist nicht irreführend – die meisten wünschen ihn sich sogar, beispielsweise zur besseren Einordnung einer Geschmacksrichtung.
- Dennoch braucht es Regeln für Kennzeichnung, Aufmachung und Handel.
Nur wo Fleisch drin ist, soll auch Fleisch drauf stehen: Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt will Bezeichnungen wie “vegetarisches Schnitzel” oder “vegane Currywurst” von den Lebensmittelverpackungen verbannen. Das hat er Ende Dezember 2016 in einem viel zitierten Interview gesagt. Die Verweise auf klassische Produkte seien “komplett irreführend und verunsichern die Verbraucher”.
Eine Verwechslungsgefahr sehen die Verbraucher selbst allerdings so gut wie gar nicht. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) hat im Jahr 2015 ergeben, dass die Verwechslungsgefahr zwischen tierischen und vegetarischen Produkten als gering wahrgenommen wurde: Gerade einmal vier Prozent der Befragten haben schon einmal versehentlich statt eines tierischen oder fleischhaltigen Lebensmittels ein vegetarisches oder veganes gekauft oder umgekehrt.
Viele Verbraucher wünschen sich den Verweis auf herkömmliche Produkte sogar. Nur 38 Prozent der Befragten hielten es für sinnvoll, vegetarische oder vegane Lebensmittel mit ganz neuen Namen zu kennzeichnen wie zum Beispiel “Pflanzen-Bratling”.
Beliebteste Bezeichnung: “mit Mortadella-Geschmack”
Offenbar ist für viele Verbraucher durch deutlich wahrnehmbare Zusätze wie “vegetarisch”, “pflanzlich” oder “veggie” die Abweichung ausreichend kenntlich gemacht. Sie fühlen sich nicht über die Zusammensetzung getäuscht.
Ein Bezug aufs tierische Original macht es offenbar leichter, unter anderem Geschmack, Konsistenz und Verwendung einzuordnen.
Vergleichbare Ergebnisse hat auch eine nicht-repräsentative Umfrage in unserem Portal Lebensmittelklarheit.de (März bis April 2015, 800 Teilnehmer) geliefert. Insgesamt 78 Prozent der Teilnehmer wünschen sich, dass die Geschmacksrichtung in der Bezeichnung genannt wird und dass sie auf das ähnlich schmeckende Fleischerzeugnis verweist: 51 Prozent stimmten für die Bezeichnung “Vegetarischer Brotbelag mit Mortadella-Geschmack” und 27 Prozent für “Vegetarische Mortadella”.
Ernährungstipps und Label
Wir haben viele Infos zu vegetarischer und veganer Ernährung zusammengestellt. In dem Beitrag schildern wir unter anderem, für wen die entsprechende Ernährung geeignet ist und wie Sie passende Produkte erkennen.
Diese Anforderungen halten wir für wichtig
Bei der Kennzeichnung und Aufmachung vegetarischer und veganer Produkte sowie der Platzierung im Handel sehen die Verbraucherzentralen folgenden Handlungsbedarf (Sie können auch den kompletten Standpunkt herunterladen):
1. Klare Bezeichnung gehört auf die Vorderseite
Verbraucher müssen auf den ersten Blick erkennen können, um was für ein Lebensmittel es sich handelt. Daher gehört nicht nur ein Werbename (z.B. “Filet Steak (Like Meat)”), sondern die Bezeichnung auf die Vorderseite der Verpackung – also der “offizielle” Name des Produkts, der die Art des Lebensmittels unabhängig von Phantasienamen und Werbeaussagen eindeutig beschreibt.
Besonders wichtig sind Zusätze wie “vegetarisch” oder “vegan”. Der Ersatz für tierisches Protein (zum Beispiel “Soja”) muss ebenfalls angeben werden.
2. Nachvollziehbare Regelungen und Definitionen für vegetarische / vegane Produkte
Einige Bezeichnungen für bestimmte Lebensmittel sind bereits geschützt. So ist die Bezeichnung “Käse” ausschließlich für Milcherzeugnisse zulässig. Bezeichnungen wie “pflanzlicher Käse aus Pflanzenmilch” sind vor Gericht durchgefallen, wie ein Urteil des Landgerichts Trier zeigt (7 HK O 41/15).
Für die verschiedenen Lebensmittelgruppen sollte es im Einklang mit gesetzlichen Regelungen und dem Deutschen Lebensmittelbuch einheitliche, nachvollziehbare Regelungen für die veganen / vegetarischen Bezeichnungen geben.
Wichtig sind auch verbindliche Labels für vegane und vegetarische Lebensmittel – wie es sie im Bereich der Ökolebensmittel bereits gibt.
3. Ein eigener Platz im Supermarkt
Vegetarische bzw. vegane Produkte sollten als zusätzliche Maßnahme gegen mögliche Verwechslungen in einem gesonderten Bereich im Supermarkt angeboten werden. Dies halten laut der vzbv-Umfrage 85 Prozent der Verbraucher für sinnvoll.
4. Was ist eigentlich “vegetarisch” und “vegan”?
In der Lebensmittelinformationsverordnung der EU stehen noch keine Definitionen für die beiden Begriffe. Die Anforderungen sollten aber dringend in der Europäischen Union vereinheitlicht werden. In Deutschland hat die Verbraucherschutzministerkonferenz einen Definitionsvorschlag vorgelegt.