Berlin – Der VDGH begrüßt die Ankündigung der Bundesregierung, die nationale Teststrategie zum 15. Oktober anzupassen und dabei die Nutzung von Antigentests einzubeziehen. „Angesichts wieder steigender Infektionszahlen gibt es keine Alternative zu einem umfassenden und zielgerichteten Testen. Für die Akutdiagnostik stellen Antigentests eine wichtige Ergänzung zu den PCR-Tests dar“, sagt der VDGH-Vorsitzende Ulrich Schmid. „Wo schnelle Entscheidungen vor Ort zu treffen sind, können Antigen-Schnelltests eine wertvolle Entscheidungshilfe darstellen“, so Schmid. Der VDGH verweist auf die breiten Einsatzmöglichkeiten, etwa in der hausärztlichen Praxis, beim Kinderarzt oder zum Schutz vulnerabler Gruppen in Pflegeeinrichtungen, Altenheimen und Krankenhäusern.
Schnelltests sollen verlässlich und breit verfügbar sein. Zu diesen Erwartungen der Politik sagt der VDGH: „Die Diagnostika-Industrie wird liefern und qualitativ hochwertige Antigentests zur Verfügung stellen.“ Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich zur Qualität von Antigen-Schnelltests bereits geäußert. In dem WHO-Leitfaden vom 11. September 2020 heißt es, dass angesichts der relativ niedrigen Prävalenz von SARS-CoV-2-Infektionen für Antigen-Schnelltests eine Spezifität von mindestens über 97 Prozent und idealerweise über 99 Prozent erforderlich ist, die Sensitivität sollte über 80 Prozent liegen. In Deutschland sind die Testhersteller verpflichtet, über diese Gütekriterien in der Gebrauchsanweisung des jeweiligen Tests zu informieren. Darauf weist der VDGH hin. „Die Diagnostika-Industrie begrüßt, dass darüber hinaus eine Validierung verfügbarer Antigen-Schnelltests in Verantwortung des Paul-Ehrlich-Instituts erfolgen soll“, sagt Schmid.
Derzeit sind bereits ein Dutzend verschiedener CE-markierter Antigentests als Schnelltests oder für das Zentrallabor in Deutschland verfügbar. In den nächsten Monaten werden weitere Hersteller die rechtlichen Voraussetzungen zum Inverkehrbringen der Tests erfüllen. Nach Einschätzung des VDGH wird spätestens Ende des Jahres die Verfügbarkeit von Antigentests stark angewachsen sein. Kleine und mittelständische Unternehmen sowie große Konzerne stehen parat. „Die Diagnostika-Industrie ist gerüstet, den politisch zu definierenden Bedarf an Antigentests zu decken“, unterstreicht Schmid.
Die Erforschung, Entwicklung und Produktion hochwertiger Antigentests sind jedoch kosten- und zeitaufwändig. „Ein Drittel der Hersteller mit Coronavirus-Tests hat bereits zusätzliches Personal eingestellt. Fast 40 Prozent sind sogar bereit, bei entsprechendem Bedarf kostenintensive Umwidmungen von Produktionskapazitäten vorzunehmen“, fasst der VDGH-Verbandschef die Resultate einer Branchenumfrage im September 2020 zusammen. Angesichts dessen fordert der VDGH Politik und Selbstverwaltung auf, bis zum 15. Oktober verlässliche Vergütungsstrukturen für den Einsatz von Antigentests in der ärztlichen Versorgung zu schaffen.
Antigentests: Antigentests weisen das Coronavirus direkt nach und werden für die Akutdiagnostik eingesetzt. Im Unterschied zum PCR-Test werden Proteine der Virushülle nachgewiesen. Die Probennahme erfolgt als Abstrich aus dem Nasen-/Rachenraum. Die Eignung anderer Probenmaterialien wird erforscht, Alternativen sind in Vorbereitung. Antigentests können im Zentrallabor oder außerhalb des Labors eingesetzt werden.
Schnelltests: Patientennahe Tests (Point-of-Care-Tests – POCT), die außerhalb eines Zentrallabors eingesetzt werden und die i. d. R. innerhalb von 10 – 20 Minuten ein Ergebnis liefern, werden häufig als Schnelltests bezeichnet. Typische Einsatzbereiche sind die Arztpraxis, die Notfallambulanz oder der Rettungswagen. Antigen-Schnelltests können mit einem Kleingerät ausgewertet werden oder gerätefrei mit einem präparierten Teststreifen, ähnlich wie ein Schwangerschaftstest.
Sensitivität, Spezifität: Sensitivität und Spezifität sind statistische Maße. Die Sensitivität (Empfindlichkeit) eines Virustests gibt an, mit welcher prozentualen Wahrscheinlichkeit eine tatsächlich infizierte Person als infiziert (positiv) erkannt wird. Die Spezifität (Zielgenauigkeit) eines Virustests gibt an, mit welcher prozentualen Wahrscheinlichkeit eine tatsächlich nichtinfizierte Person als nichtinfiziert (negativ) erkannt wird. Der Vorhersagewert eines Tests hängt auch von der Krankheitshäufigkeit (Prävalenz) ab.
Prävalenz: Prävalenz bezeichnet die Häufigkeit einer Krankheit (oder auch Infektion) in einer definierten Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitraum. Demgegenüber bezeichnet die Inzidenz die Zahl der Neuerkrankten in einem bestimmten Zeitraum.
Paul-Ehrlich-Institut: Das PEI ist als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
Der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) vertritt als Wirtschaftsverband die Interessen von mehr als 100 in Deutschland tätigen Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von 4,5 Milliarden Euro. Sie stellen Untersuchungssysteme und Reagenzien zur Diagnose menschlicher Krankheiten her, mit denen ein Umsatz von 2,2 Milliarden Euro erzielt wird, sowie Instrumente, Reagenzien, Testsysteme und Verbrauchs-materialien für die Forschung in den Lebenswissenschaften, mit denen ein Umsatz von 2,3 Milliarden Euro erwirtschaftet wird.