Berlin – Michel Sidibé: HIV-Prophylaxe (PrEP) auch in Deutschland wichtig / Fast-Track-City Berlin steht in den Startlöchern
Gemeinsame Pressemitteilung von Deutscher AIDS-Hilfe, Berliner Aids-Hilfe und dem Aktionsbündnis gegen AIDS
UNAIDS-Direktor Michel Sidibé hat sich heute in Berlin mit Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) sowie Vertretern der Deutschen AIDS-Hilfe, der Berliner Aids-Hilfe und des Aktionsbündnis gegen AIDS getroffen.
Thema des Gespräches im Café Ulrichs der Berliner Aids-Hilfe war die Frage, wie Maßnahmen gegen HIV und Aids intensiviert werden können – in Berlin, Deutschland und weltweit. Zur Sprache kamen unter anderem die Frage, wie man Menschen eine frühe Diagnose und Therapie ermöglichen kann, die medikamentösen HIV-Prophylaxe (Prä-Expositionsprophylaxe, kurz PrEP) sowie das Problem der Diskriminierung HIV-Positiver und der am stärksten betroffenen Gruppen.
UNAIDS will die Aids-Epidemie weltweit bis 2030 beenden. Die Deutsche AIDS-Hilfe hatte am Freitag ihre neue Kampagne „Kein AIDS für alle! Bis 2020!“ gestartet: In Deutschland soll schon im Jahr 2020 niemand mehr an Aids erkranken müssen. Denn mit HIV kann man heute lange und gut leben. Voraussetzung: Die Infektion wird frühzeitig festgestellt und behandelt. HIV ist dann auch nicht mehr übertragbar.Berlin – die Stadt mit den bundesweit meisten HIV-Infektionen – hat zugesagt, in den nächsten Jahren als Teil des Fast-Track-City-Programms von UNAIDS besonders intensive Präventionsmaßnahmen gegen HIV und Aids zu ergreifen.
Dazu sagte Michel Sidibé nach dem Treffen:
„Mein Botschaft heute lautet: Deutschland kann den Kampf gegen HIV/Aids gewinnen, so wie es viele Male Fußballweltmeisterschaften gewonnen hat. Dafür muss Deutschland seine Bemühungen jetzt noch verstärken, um die Menschen zu erreichen, die bisher noch nicht erreicht werden. Die Verfügbarkeit von PrEP, wie in London, San Francisco und anderen Städten, ist dafür von großer Bedeutung. Die PrEP wird Deutschland ganz sicher helfen, die Infektionsraten in diesen Gruppen zu senken.“
Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) erklärt:
„Die Regenbogenstadt Berlin ist seit Beginn der Aids-Epidemie in den 80er Jahren engagiert im Kampf gegen HIV und Aids. Menschen, die mit dem Virus und der Krankheit leben, brauchen Unterstützung und Menschen, die ihren HIV-Status nicht kennen, brauchen Aufklärung. Berlin ist Teil der Initiative Fast-Track-Citys und unterstützt die „90-90-90“-Ziele der UN: Bis 2020 sollten 90 Prozent aller HIV-Infizierten ihren Status kennen, 90 Prozent aller Diagnostizierten sollten Zugang zu Behandlung haben, und bei 90 Prozent der Behandelten sollte kein Virus mehr nachweisbar sein. Ein weiteres Ziel der Initiative ist der Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV.“
Ulf Hentschke-Kristal, Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe betont:
„Gemeinsam können wir es schaffen, die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland noch zu senken und Aids-Neuerkrankungen zu verhindern. Dafür müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen. Ein unverzichtbarer Baustein in der HIV-Prävention ist die PrEP: Sie muss allen Menschen zur Verfügung stehen, die sich nur damit dauerhaft vor einer HIV-Infektion schützen können. Andere Länder haben damit bereits große Erfolge erzielt. Wir brauchen in Deutschland außerdem endlich eine anonyme medizinische Versorgung von Menschen ohne Papiere. Sie erkranken oft an Aids, weil sie sich aus berechtigter Angst vor Abschiebung nicht in Behandlung trauen. Berlin kann als Fast-Track-City bei beiden Themen mit gutem Beispiel voran gehen – und das enorme Potenzial verdeutlichen, das in diesen Maßnahmen steckt.“
Ute Hiller, Geschäftsführerin der Berliner Aids-Hilfe, führt aus:
„Aids zu beenden ist unser gemeinsames Ziel. Dies erreichen wir durch den internationalen Schulterschluss der Fast-Track-Citys-Initiative mit dem Land Berlin. Eine Schlüsselrolle spielt die Arbeit der HIV-Projekte vor Ort, wie der Berliner Aids-Hilfe. Wesentliches Instrument zur Vermeidung von Aids ist die Früherkennung durch einen HIV-Test. Nur die rechtzeitige HIV-Diagnose und Behandlung kann vor einer Aids-Erkrankung schützen. Die PrEP muss – ebenso wie die lebensrettenden HIV-Medikamente – schnellstmöglich all jenen zur Verfügung gestellt werden, die sie benötigen. Das gilt überall – und mit besonderer Dringlichkeit in Berlin, wo viele Menschen mit besonders hohem HIV-Risiko leben.“
Zum UNAIDS-Ziel, die Aids-Epidemie global bis 2030 zu beenden, sagt Astrid Berner-Rodoreda vom Aktionsbündnis gegen AIDS:
„Die lebenslange Behandlung für alle HIV-Positiven zu ermöglichen, bleibt weiterhin eine große Herausforderung. Viele Menschen wissen nichts von ihrer HIV-Infektion, neuere Präparate und benötigte Diagnostika stehen vielfach nicht kostengünstig zur Verfügung. Deutschland muss daher dazu beitragen, dass die Handlungsempfehlungen der Vereinten Nationen zur frühestmöglichen HIV-Therapie und zum Zugang zu Medikamenten nicht nur in Deutschland, sondern überall Wirklichkeit werden. Alle Menschen haben ein Recht auf Prävention und Behandlung. Auch müssen Regierung und Zivilgesellschaft zur Überwindung von Stigma und Diskriminierung weltweit beitragen. Das G20-Treffen der Gesundheitsminister bietet die Gelegenheit, Worten Taten folgen zu lassen und gemeinsam auf ein Ende von Aids hinzuarbeiten. Nicht zuletzt: Deutschland muss seinen Beitrag für die weltweite HIV-Bewältigung insgesamt und seine Unterstützung für UNAIDS im Besonderen auf ein faires Niveau anheben.“
Diskriminierung und Stigma sind in der HIV/Aids-Prävention weltweit und in Deutschland das größte Hindernis. Ausgrenzung trägt unter anderem dazu bei, dass Menschen aus Angst nicht zum HIV-Test gehen.
www.unaids.org
www.kein-aids-fuer-alle.de
www.berlin-aidshilfe.de
www.aids-kampagne.de