Bonn – Zwischen zwei Röntgen-Reihenuntersuchungen zur Früherkennung von Brustkrebs wachsen bei einigen Frauen Tumore heran, die im Röntgenbild nicht diagnostizierbar waren. Mittels Ultraschall könnten Ärzte viele dieser sogenannten Intervallkarzinome schon vor dem nächsten Screening-Termin entdecken und einer Therapie zuführen. Welche Vorteile zusätzliche Ultraschalluntersuchungen bei der Früherkennung von Brustkrebs bieten, ist Gegenstand einer Pressekonferenz, zu der die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) am 21. März 2013 nach Berlin einlädt.
Seit dem Jahr 2005 bieten Krankenkassen Frauen in Deutschland die Teilnahme an einem nationalen Mammografie-Screening-Programm an: Versicherte zwischen 50 und 69 Jahren haben alle zwei Jahre Anspruch auf eine Röntgenuntersuchung der Brust, eine Mammografie. Ziel des Programms ist es, möglichst viele Brustkrebsfälle früh zu erkennen und den betroffenen Frauen dadurch eine frühe Behandlung und Heilung zu ermöglichen. Wie erste wissenschaftliche Ergebnisse zum Programm zeigen, erkennen Mediziner dabei jedoch nicht sämtliche Brustkrebserkrankungen. So ergab die Datenauswertung von fast 880 000 Screening-Teilnehmerinnen in Nordrhein-Westfalen: Bei über 2000 zunächst als unauffällig eingestuften Frauen wurde noch vor der nächsten regulären Mammografie Brustkrebs entdeckt. „Einige dieser Karzinome waren bei der ersten Mammografie nicht sichtbar, andere Gewebeauffälligkeiten wurden vielleicht für harmlos angesehen, weitere Tumore werden auch übersehen“, berichtet Professor Alexander Mundinger, Direktor des Zentrums Radiologie der Niels-Stensen-Kliniken in Osnabrück. Daneben gebe es aber auch echte Intervallkarzinome, die zwischen den Untersuchungsterminen entstehen. „Intervalltumore wachsen häufig sehr schnell, viele sind bei der Diagnose bereits größer als zwei Zentimeter“, so Mundinger. Sind zum Zeitpunkt der Diagnose bereits die Lymphknoten befallen, könnten sich die guten Heilungschancen beim Brustkrebs verschlechtern.
Intervallkarzinome treten häufiger bei Frauen mit einer hohen „Brustgewebedichte“ auf. Diese Frauen, die einen vergleichsweise hohen Anteil an Milchdrüsen und Milchgängen und einen geringeren Anteil an Fettgewebe aufweisen, haben allgemein ein höheres Brustkrebsrisiko. Für sie bietet sich ein jährlicher Brustultraschall an. In einer US-Studie hat sich diese, für die Patientin völlig risikofreie Untersuchung, als ebenso effektiv erwiesen wie eine zusätzliche Mammografie im Abstand von nur einem Jahr. „Durch die Kombination beider Verfahren im Abstand von einem Jahr und die Möglichkeit, im Zweifelsfall eine Kernspintomografie anzuschließen, wurde die Zahl der Intervalltumore deutlich gesenkt“, erklärt Experte Mundinger.
Das neue Österreichische Screening-Programm sieht deshalb bei allen Patientinnen mit hoher Brustdichte eine zusätzliche Ultraschalluntersuchung vor. „Auch die deutsche Leitlinie zur Untersuchung der weiblichen Brustdrüse fordert, dass die Mammografie bei einer dichten Brustdrüse durch eine Ultraschalluntersuchung ergänzt werden sollte“, berichtet Professor Friedrich Degenhardt, Leiter des DEGUM Arbeitskreises Mammasonografie und Leiter des Brustzentrums Bielefeld-Herford. Diese Vorgabe werde jedoch nur begrenzt umgesetzt, da diese Ultraschalluntersuchung in der Regel eine Selbstzahlerleistung ist, welche die Versicherte privat zahlen muss. Aktuell verfügt Deutschland nicht über die finanziellen und personellen Ressourcen, flächendeckend jeder Screening-Patientin mit hoher Brustdichte eine zusätzliche Screening-Ultraschalluntersuchung anzubieten.
Der Leiter des Arbeitskreises Mammasonografie der DEGUM rät Frauen, die eine Ultraschalluntersuchung der Brust wünschen, sich eine Einrichtung mit einem leistungsstarken Ultraschallgerät zu suchen. „Die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Mammasonografie zugelassenen Schallköpfe mit einer Schallfrequenz von sieben Megahertz reichen für die Darstellung kleiner Strukturen nicht aus“, so der Experte. Für ein verlässliches Ergebnis sollten die Ultraschallköpfe eine Schallfrequenz von zehn bis 15 Megahertz aufweisen. In Brustzentren und anderen gynäkologischen Abteilungen würden solche „High End Scanner“ seit Jahren verwendet. Außerdem verweist Degenhardt auf die Zertifikate der DEGUM: Ausreichend qualifizierte Ärzte können sich im Rahmen des DEGUM-Stufenkonzepts zertifizieren lassen. Die Homepage der DEGUM bietet Patienten die Möglichkeit, gezielt nach zertifizierten Fachärzten in ihrer Nähe zu suchen. Auf der Pressekonferenz der DEGUM am 21. März 2013 in Berlin informieren Experten über die Chancen und Möglichkeiten der Mammasonografie bei der Früherkennung, Diagnostik und Nachsorge von Brustkrebserkrankungen.
Literatur:
The incidence of interval cancers in the German mammography screening program—results from the population-based cancer registry in North Rhine–Westphalia; Dtsch Arztebl Int 2012; Heidinger O. et al. 109(46): 781–7.
Detection of breast cancer with addition of annual screening ultrasound or a single screening MRI to mammography in women with elevated breast cancer risk; Berg WA et al. JAMA. 2012 Apr 4;307(13): 1394–404.
Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) bietet ein Forum für den wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des medizinischen Ultraschalls. Sie vereint mehr als 9000 Ärzte verschiedener Fachgebiete, medizinische Assistenten, Naturwissenschaftler und Techniker. Ultraschalldiagnostik ist heute das am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren in der Medizin. Ultraschallanwendern bescheinigt die DEGUM eine entsprechende Qualifikation mit einem Zertifikat der Stufen 1 bis 3.
Terminhinweis:
Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin
Termin: Donnerstag, den 21. März 2013, 11.30 bis 12.30 Uhr
Ort: Tagungszentrum im Haus der Bundespressekonferenz, Raum 1, Schiffbauerdamm 40, 10117 Berlin
Programm:
„Intervallkarzinome“ beim Mammografiescreening: Wie kann Ultraschall die Brustkrebsfrüherkennung verbessern?
Professor Dr. med. Alexander Mundinger, Chefarzt, Klinik für Radiologie, Marienhospital Osnabrück
Vom Farb-Doppler- bis zum 3-D-Ultraschall: Neueste ultraschallmedizinische Verfahren und Techniken zur Beurteilung von Brustkrebs
Professor Dr. med. Jens-Uwe Blohmer, Chefarzt, Abteilung Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Leiter Brustzentrum City, Sankt Gertrauden-Krankenhaus, Berlin
Welche Tumoren erkennt die Mammasonografie besonders gut, wo muss sie sich mit anderen Verfahren ergänzen?
Dr. med. Volker Duda, Oberarzt und Leiter des Arbeitsbereichs „Senologische Diagnostik“ an der Klinik für Gynäkologie, gynäkologische Endokrinologie und Onkologie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg
Qualifizierte Ärzte und hochwertige Ultraschallgeräte für die Brustkrebsdiagnostik – Woran erkennen Patientinnen die geeignete Praxis?
Professor Dr. med. Dr. h. c. Friedrich Degenhardt, Leiter des Arbeitskreises Mammasonografie der DEGUM, Chefarzt, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Franziskus Hospital, Bielefeld, Leiter des Brustzentrums Bielefeld-Herford