Berlin, 25. Januar 2022 – Datenauswertung der Akkreditierten Labore in der Medizin zur SARS-CoV-2-PCR-Testung in KW 03.
Labore bewältigen erneut einen starken Anstieg der Testanforderung
Auch in der dritten Kalenderwoche des Jahres 2022 sehen sich die fachärztlichen Labore in Deutschland steigenden Anforderungen an SARS-CoV-2-PCR-Tests gegenüber. In der zurückliegenden Woche (17.01.–23.01.2022) wurden in den fachärztlichen Laboren in Deutschland 2.406.869 PCR-Untersuchungen durchgeführt – erneut ein Höchstwert in der Pandemie und ein Anstieg um 23 Prozent gegenüber der Vorwoche (1.955.439 SARS-CoV-2-PCR-Tests). Entsprechend der steigenden Inzidenz stieg auch die Zahl der positiv berichteten Proben, nämlich um 62 Prozent gegenüber der Vorwoche und einer Positivrate von nunmehr 32,6 Prozent (Vorwoche: 24,9 Prozent). Die Zahl der positiv berichteten SARS-CoV-2-PCR-Tests erreichte mit 785.577 ebenfalls einen neuen Rekordwert (Vorwoche 486.319). Die Auslastung der Labore wird im bundesweiten Durchschnitt mit 95 Prozent angegeben und erreicht somit in den meisten Bundesländern die Belastungsgrenze. Für eine dauerhafte Inanspruchnahme der Labore mit ausreichender medizinischer Reserve ist eine Kapazitätsauslastung von maximal 85 Prozent anzustreben.
Priorisierung der Nationalen Teststrategie jetzt umsetzen
Die Pläne von Bund und Ländern, die PCR-Testungen zeitnah zu priorisieren, begrüßt der Vorstand der Akkreditierten Labore in der Medizin daher ausdrücklich. Der Vorsitzende, Dr. Michael Müller, erklärt: „Eine Priorisierung der Verwendung von PCR-Tests bei der Testabnahme ist richtig und sinnvoll. Es ist jetzt unmittelbar notwendig, dass die Auslegung der Nationalen Teststrategie an den Beschlüssen der Gesundheitsministerkonferenz konkretisiert wird. Dabei geht es in erster Linie um die medizinische Relevanz, denn Menschen mit Symptomen und einem Risiko für einen schweren Verlauf sollten Priorität haben. Zudem sind die Kapazitäten auch für Mitarbeitende in Krankenhäusern oder der Pflege vorzuhalten, um diese nach einer SARS-CoV-2-Infektion rasch aus der Isolation ‚freitesten‘ zu können. Selbstverständlich ist es Anspruch der Labore, alle Testanforderungen zeitgerecht zu bearbeiten. In einer Pandemiephase mit temporär extremer Inanspruchnahme ist eine Priorisierung jedoch der richtige Weg und im Einklang mit der bewährten Nationalen Teststrategie. Wir gehen davon aus, dass es in den kommenden Wochen weiterhin einen Anstieg von Testungen in der medizinischen Versorgung, positiven Fällen und eine noch höhere Auslastung der Labore geben wird. Es liegen dem BMG konkrete Vorschläge für die Umsetzung der Priorisierung vor. Diese müssen nun jedoch unmittelbar umgesetzt werden, um in der aktuellen Pandemiewelle noch Wirkung entfalten zu können.“
Labore scheuen den internationalen Vergleich nicht
Zur Kritik hinsichtlich der Auslastung der Labore und vermeintlich höherer Laborkapazitäten anderer Länder erklärt Müller: „Wir sind in Deutschland wirklich gut aufgestellt. Angesichts des medizinisch tatsächlich benötigten Bedarfs ist die aktuelle Erwartungshaltung nur schwer nachzuvollziehen. Gute Dinge sollten jetzt nicht schlecht geredet werden, denn wir verfügen in Deutschland über eine extrem leistungsfähige, qualitativ hochwertige und zudem flächendeckende Laborinfrastruktur.“ Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Laboren arbeiteten seit Monaten an der Belastungsgrenze. Die Kritik sei deshalb nicht verständlich. „Stattdessen wäre ein wenig mehr Wertschätzung angebracht“, findet Müller. „Seit Beginn der Pandemie haben wir es mit der Unterstützung aller Kolleginnen und Kollegen in den Laboren geschafft, die Testkapazitäten Woche für Woche weiter auszubauen und haben diese auch über die Sommermonate in Erwartung des Winters weiterhin vorgehalten.“ Evangelos Kotsopoulos, Vorstand im ALM e.V., ergänzt: „Durch vorausschauende und auf das Gemeinwohl ausgerichtete Investitionen haben wir dazu beitragen können, dass Deutschland im europäischen Vergleich bisher insgesamt gut durch die Pandemie gekommen ist. Kaum ein anderes Land testet so zielgenau und effizient wie wir hierzulande.“
Die Aussage, dass Deutschland in Bezug auf Laborkapazitäten im internationalen Vergleich nicht mithalten könne, weist Kotsopoulos zurück: „Wenn Vergleiche angestellt werden, dann müssen auch Äpfel mit Äpfeln verglichen werden. Dieses betrifft sowohl die Art durchgeführter Tests als auch deren Zählweise.“ In zahlreichen Ländern würden auch die Antigen- bzw. Schnelltests sowie gepoolte Tests in die Rechnung mit einbezogen, während in der wöchentlichen Statistik des ALM e.V. strikt PCR-Einzeltests erhoben werden. „Würden wir zum Beispiel die zehntausenden Pool-Testungen pro Tag und pro Kopf als jeweils einzelnen Patientenbefund und nicht, wie bisher, sachgerecht als einen im Labor durchgeführten PCR-Pooltest zählen, kämen wir auf weitaus höhere PCR-Testzahlen als die meisten anderen Länder.“
Ein einzelner in Deutschland gezählter PCR-Pooltest – beispielsweise aus der täglichen Pooltestung mehrerer Bundesländer für das Screening in Schulen und Kitas – beinhaltet häufig 10 bis 20 Einzelproben. „In manchen Ländern werden die Einzelbefunde eines PCR-Pools gezählt, als seien es einzelne PCR-Analysen“, so Kotsopoulos. Zudem würden in den Statistiken zahlreicher Länder die Anzahl täglich durchgeführter Antigen-Schnelltests mitgezählt – eine Statistik, die in Deutschland nicht systematisch erhoben wird, das Gesamtbild jedoch erheblich verändern würde. „Ohne Antigen-Schnelltests hätte die ‚Wiener Zählweise‘ für Deutschland in der KW 03 mindestens 5,5 Millionen ‚PCR-Tests‘ ergeben“, erklärt Kotsopoulos.
Darüber hinaus hätten die Labore bislang die Anforderungen nach PCR-Tests – bis auf wenige, kurzfristige Spitzen – stets abdecken können und die Kapazitäten zudem erheblich ausgebaut. Kotsopoulos: „Kapazität existiert dort, wo die Labore auf eigene Verantwortung und Risiko sowie mit viel Weitsicht investiert haben. Trotz des zwischenzeitlich immer wieder deutlichen Rückgangs der Anforderungszahlen haben wir diese Kapazitäten aufrechterhalten und gerade in den vergangenen Wochen noch signifikant ausgebaut.“
Ausbau der Laborkapazitäten
„Die Fragen, die sich nach den gestrigen MPK-Beschlüssen stellen, sind doch ganz andere“, konstatiert Prof. Dr. Jan Kramer, der stellvertretende Vorsitzende des ALM e.V. „Welche Testkapazitäten sollen über welchen Zeitraum und für welche Fragestellung aufgebaut werden? Welches Ziel in der Pandemie soll damit verfolgt werden? Auch Antigen-Schnelltests haben zumindest bei der aktuell sehr hohen Inzidenz eine gute Vortestwahrscheinlichkeit und sind auch für Screening-Untersuchungen asymptomatischer Personen geeignet. Hier macht die Politik jetzt zum Glück klare Aussagen, die jedoch mit Umsetzungsvorgaben auch zeitnah verfolgt werden sollten. Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen der Politik.“
Aufgabe der fachärztlichen Labore sei es auch, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszubilden, sie zu halten und dauerhaft zu beschäftigen. Gut ausgebildete und qualifizierte Mitarbeitende, die sowohl für die Analyse der SARS-CoV-2-Tests als auch für die Befundung anderer akuter, chronischer oder seltener Erkrankungen benötigt würden, seien die wichtigste Grundlage eines jeden Labors. „Es nützt gar nichts, wenn wir einfach nur weitere Geräte anschaffen. Diese müssen auch qualitätsgesichert bedient werden können“, so Kramer. „Wie überall in der Medizin, machen auch wir in den Laboren uns aktuell darüber Sorgen, dass Personalausfälle durch Infektionen, die aus dem privaten Umfeld in die medizinischen Labore hineingetragen werden, die Überlastung der Mitarbeitenden noch weiter verstärken könnten. Wir Menschen in den Facharztlaboren brauchen also keine unbegründeten Vorwürfe in der Öffentlichkeit, sondern die Anerkennung unserer täglichen Arbeitsleistung“, so Kramer weiter.
Labore sehen auch Anstieg bei den Atemwegserkrankungen
Der stellvertretende Vorsitzende weist zudem darauf hin, dass die fachärztlichen Labore sich neben allen anderen relevanten Untersuchungen zur Versorgung der Bevölkerung mit medizinisch-ärztlicher Labordiagnostik derzeit auch mit einer steigenden Inzidenz bei akuten Atemwegserkrankungen (ARE) beschäftigen müssen: Diese sind laut ARE-Bericht des RKI in der zweiten Kalenderwoche weiter angestiegen. „Das spüren wir derzeit auch in den Laboren“, so Kramer. „Ohne unsere fachärztliche Expertise ist weder im Fall der Atemwegserkrankungen noch bei den meisten akuten und chronischen Erkrankungen eine gezielte Behandlung der Patientinnen und Patienten möglich“, so der Internist und Facharzt für Laboratoriumsmedizin.
Antigentests könnten zusätzlichen Bedarf decken
Ein Zusatzbedarf an PCR-Tests komme auf die Labore auch durch die neue Regelung für die Beschäftigten in Krankenhaus, Pflege und Eingliederungshilfe zu. Diese können im Falle einer Infektion nach 7 Tagen sowie 48 Stunden Symptomfreiheit mit einem negativen PCR-Testergebnis freigetestet werden. Damit dieser eventuell noch weiter steigende Bedarf gedeckt werden kann, schlagen der ALM e.V. und andere Experten vor, in bestimmten Situationen vorübergehend auch auf qualitätsgesicherte und validierte Antigentests zurückzugreifen, die als qualifizierter Schnelltest unter fachkundiger Aufsicht oder auch im Labor durchgeführt werden können. „So ist es sinnvollerweise bereits seit 2021 auch in der Nationalen Teststrategie vorgesehen“, erklärt der Verbandsvorsitzender Müller.
Appell an alle, Regeln einzuhalten und Impfschutz auszubauen
Abschließend appellieren die Vorstände des ALM e.V. an die Verantwortlichen in Bundestag und Bundesregierung: „Bei Entscheidungen, die die Versorgung der Menschen mit Labordiagnostik betreffen, sollte unbedingt auch die Expertise der Fachärzte im Labor herangezogen werden. Darüber hinaus sollten sich alle Bürgerinnen und Bürger weiterhin an die Grundregeln zur Infektionsvermeidung halten: „Kontakte reduzieren, Abstand halten, Hygiene beachten, Alltagsmaske tragen und Lüften in Innenräumen“, betont der 1. Vorsitzende Dr. Michael Müller. „Zudem sollten sich alle, die noch nicht geimpft oder geboostert sind, schnellstmöglich um einen umfassenden Impfschutz kümmern.“ Dies gelte insbesondere auch für diejenigen Menschen, die eng mit vulnerablen Gruppen zusammenarbeiten. „Bitte schützen Sie sich selbst und andere und tragen Sie zum Schutz der wichtigen Infrastrukturen bei.“
In eigener Sache: Die bei der wöchentlichen Datenerhebung durch den ALM e.V. publizierte Zahl an SARS-CoV-2-PCR-Testungen ist genau das: die Anzahl von einzelnen Tests, auch wenn dahinter ein möglicherweise regional intensives Pooling (z. B. Lolli-Tests für Kita und Grundschulen mit mehreren Beteiligten pro Test) steht. An der aktuellen Datenerhebung des ALM e.V. haben sich 182 Labore beteiligt. Mit dieser zusätzlichen Arbeit leisten diese einen erheblichen Beitrag zum Pandemie-Management.
– – –
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die hier ermittelten Daten mit weiteren Daten am RKI zusammengeführt werden. Die daraus entstehenden Daten stellen das Gesamtbild über das Testgeschehen in Deutschland dar. Eine anderweitige Nutzung der Daten darf nur mit Hinweis auf die Erhebung des ALM e.V. als Quelle erfolgen.
– – –
Über die Akkreditierten Labore in der Medizin – ALM e.V.
ALM e.V. ist der Berufsverband der Akkreditierten Medizinischen Labore (ALM) in Deutschland. Der Verband vertritt derzeit über 200 medizinische Labore mit 900 Fachärzt*innen, rund 500 Naturwissenschaftler*innen und etwa 25.000 qualifizierten Mitarbeiter*innen. Der Zweck des Vereins ist die Förderung und Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen labormedizinischen Patientenversorgung in Deutschland. Die Mitglieder des Verbandes sichern eine flächendeckende Patientenversorgung, auch in strukturschwachen Gebieten. Die Mitgliedslabore sind nach der höchsten Qualitätsnorm für medizinische Laboratorien (DIN ISO EN 15189) akkreditiert und erfüllen uneingeschränkt die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen (RiliBÄK). Die Aus- und Weiterbildung des ärztlichen und technischen Personals ist ein wesentlicher Aspekt ihrer täglichen Arbeit, um langfristig die zuverlässige Versorgung von Millionen von Patienten sicherstellen zu können. Der Verein strebt eine kollegiale Zusammenarbeit mit der gemeinsamen Selbstverwaltung, den medizinischen Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Vereinen an, um gemeinschaftlich die Zukunft der Labore in der medizinischen Diagnostik in Deutschland zu gestalten.