München – Was vor zehn Jahren noch als Irreführung galt, ist heute längst gängige Praxis: Fleisch und Wurst aus pflanzlichen Imitaten. Die Vielfalt des Angebotes an Fleischersatz-Produkten wuchs in den letzten Jahren rasant und ist heute kaum noch zu überblicken. Die Qualität allerdings kann variieren. Für Verbraucher lohnt sich ein Blick auf die Deklaration.
Was vor Jahrhunderten aus der Not heraus entstanden war – das berühmte Steckrübenschnitzel in Zeiten extremen Fleischmangels – ist heute ein Trend. Schnitzel, Steak, Würstchen oder Aufschnitt gibt es heute in veganer oder vegetarischer Form. Manche Verbraucher sehen diese analogen, pflanzlichen Produkte als willkommene Alternative, sich dauerhaft oder gelegentlich fleischähnliche Mahlzeiten zusammenzustellen.
Hersteller von Fleischersatzprodukten zeigen sich sehr kreativ, aus pflanzlichen Rohstoffen ganz unterschiedliche Analoga zu Fleisch-und Wursterzeugnissen herzustellen. In Farbe, Konsistenz und Form sind diese manchmal dem originalen Fleischprodukt zum Verwechseln ähnlich. Allerdings unterscheiden sich die diversen Ersatzprodukte nicht nur hinsichtlich der Art der Zutaten, sondern auch bezüglich der Inhaltsstoffe, der Herstellungsprozesse und der zugesetzten Geschmacksstoffe.
Diese Ausgangsprodukte sind laktose-, gluten- und cholesterinfrei. Der Nährstoffgehalt der Ausgangsmaterialien ist untereinander vergleichbar, z.B. von Lupinensamen und Sojabohne. Aber nur ein Teil von ihnen ist als Pflanze auch in Deutschland heimisch: Im Gegensatz zu Soja können die Lupinen problemlos fast überall in Deutschland angebaut werden. Soja selbst wird größtenteils außerhalb Europas beschafft; in Deutschland ist der Anbau von Soja zwar in manchen Gebieten möglich, aber aufgrund der Möglichkeit witterungsbedingter Ernteausfälle für den Landwirt riskant.
Qualitäts-Leitlinien für Fleischersatz fehlen
Was eine klassische Puten-Wiener enthalten darf und was nicht, ist in Deutschland genau festgelegt. Was aber ist eine vegane Putenbrust? „Für die klassischen Fleisch- und Wurstwaren gelten seit Jahrzehnten die etablierten Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches mit den einschlägigen Merkmalen für die Beschaffenheit und die Zusammensetzung. Solche Leitsätze fehlen bisher für die fleischlosen Ersatzprodukte“, sagt Dr. Andreas Daxenberger, Lebensmittelexperte bei TÜV SÜD. Die Zusammensetzung des Fleischersatzes kann deshalb sehr unterschiedlich sein. Es lohnt sich also, beim Einkaufen einen genauen Blick auf die Zutatenliste zu werfen. Denn für die Fleischersatz-Produkte gilt, was auch für alle anderen Rohprodukte gilt, die wenig Eigengeschmack haben: Mit höher werdendem Verarbeitungsgrad wächst die Zutatenliste – beispielsweise um Bindemittel, Geschmacksverstärker, Farb- und Aromastoffe.
Verwechslungsgefahr gegeben
Ende Juni 2017 entschied der Europäische Gerichtshof, dass Bezeichnungen wie Milch, Käse, Butter und Joghurt ausschließlich Lebensmittel tragen dürfen, die aus der Milch von Tieren gewonnen wurden. Wenn auch andere pflanzliche Ausgangsmaterialien diese Namen tragen dürften, sei die Gefahr der Verwechslung für die Verbraucher gegeben. „Für Fleisch und Fleischersatzprodukte gibt es eine solche rechtliche Klarstellung bisher noch nicht“, sagt Dr. Andreas Daxenberger. Steak, Schnitzel, Wurst darf bisher also noch beides heißen.
Beim Einkauf genau prüfen
Den Verbrauchern bleibt demnach nichts Anderes übrig, als sich genau mit den Zutatenlisten von Fleisch und Fleischersatzprodukten zu beschäftigen. Denn hinter der Produktbezeichnung vorne können hinten andere Zutaten stehen als erwartet oder erwünscht. Für Allergiker ist beispielsweise wichtig, ob Zutaten wie Soja, Hühnereiweiß, Getreide, Sellerie und Lupinen enthalten sind. Sie gehören zu denjenigen Lebensmitteln, die am häufigsten Allergien auslösen. Sie unterliegen deshalb speziellen Vorschriften der Lebensmittelinformationsverordnung und müssen extra gekennzeichnet werden.
Weitere Informationen rund um das Thema Lebensmittelsicherheit gibt es unter: www.tuev-sued.de/sichere-lebensmittel.