Düsseldorf – Revolution durch die Gesundheitsreform: Künftig bieten gesetzliche Krankenkassen voneinander abweichende Leistungen an. Ab 1. April dürfen sie Versicherte mit so genannten Wahltarifen umwerben. Diese können dann aus bis zu 20 Tarifen der einzelnen Kassen besondere Angebote wählen. Die freie Wahl von zusätzlichen Leistungen soll für mehr Wettbewerb und Beitragsersparnisse sorgen – so das Kalkül von Befürwortern der Gesundheitsreform. Die Verbraucherzentrale NRW zweifelt jedoch am Nutzen für die Versicherten: “Denn wer wirklich sparen will, muss die Tarife vorher pingelig prüfen, um sich nicht falsch zu entscheiden. Außerdem sind Versicherte drei Jahre an ihre Wahl zu den vereinbarten Konditionen gebunden.” Viele Kassen gehen vorerst auch nur mit einem eingeschränkten Angebot an den Start. Deshalb rät die Verbraucherzentrale NRW, erst mal zu warten, bis mehrere Krankenversicherer mit vergleichbaren Tarifen aufwarten. Folgende Hinweise können für die Prüfung variabler Kassenleistungen hilfreich sein:
– Selbstbehalt und Beitragsrückerstattung: Versicherte, die bereit sind, ihre Behandlungskosten im Krankheitsfall bis zu einer bestimmten Höhe selbst zu übernehmen, werden im Gegenzug von einigen Kassen mit einem geringeren Monatsbeitrag belohnt, wenn sie sich für einen Tarif mit Selbstbehalt entscheiden. Wer ein Jahr lang nicht zum Arzt geht, für den wäre ein Tarif mit Beitragsrückerstattung passend. Für den Verzicht auf den Arztbesuch zahlen Kassen maximal bis 600 Euro zurück. Doch die beiden Vereinbarungen lohnen sich nur für Personen, die über eine stabile Gesundheit verfügen. Patienten, die regelmäßig zum Arzt müssen – etwa chronisch kranke und alte Menschen – profitieren nicht von dieser neuen Regelung.
– Kostenerstattung: Gegen einen Aufpreis können Versicherte beim Arzt, Zahnarzt oder im Krankenhaus künftig fast wie Privatpatienten behandelt werden, wenn sie einen Tarif mit Kostenerstattung wählen. Doch die Kassen sind nicht verpflichtet, hierbei den vollen Kostenanteil zu übernehmen. Kunden sollten deshalb vor der Wahl eines solchen Tarifs unbedingt verschiedene Angebote vergleichen. Versicherer müssen auch nicht auf das finanzielle Risiko hinweisen, dass mit Abrechnungen auf Privatbasis verbunden ist. Bei dieser Variante leisten Patienten stets Vorkasse und erhalten von der Kasse nur den vereinbarten Satz zurück. Auf etwaigen Restkosten bleiben sie sitzen.
– Attraktive Zusatzleistungen: Gegen einen höheren Betrag bieten einige Kassen ihren Kunden auch die Übernahme alternativer Behandlungsmethoden an – für Homöopathie, Naturheilmittel oder anthroposophische Medizin. Wer dieses Extra nutzen möchte, sollte ebenfalls zuvor Kosten und tatsächlichen Nutzen miteinander vergleichen. Kassenwechsel: Wer sich für einen Wahltarif entscheidet, ist doppelt solange an seine Krankenkasse gebunden wie üblich: nämlich drei Jahre statt 18 Monate. Die Mitgliedschaft kann innerhalb dieses Zeitraums nicht gekündigt werden, auch nicht, wenn eine Krankenkasse ihre Beiträge erhöht. Deshalb kann der Weg günstiger sein, etwa alternative Heilmethoden aus der eigenen Tasche zu zahlen und in eine günstige Kasse zu wechseln. Auf diese Weise lassen sich dann bis zu 400 Euro sparen.
– Besondere Versorgungsformen: Wer nicht nur Geld sparen möchten, sondern in erster Linie auf eine bessere Versorgungsqualität setzt, für den bietet sich das Hausarztmodell an. Hierbei übernimmt der Hausarzt die Rolle eines Lotsen, der seine Patienten bei Bedarf an bestimmte Fachärzte überweist und trotzdem die Behandlung stets im Blick behält. Chronisch Kranke steht künftig auch eine unter Ärzten und Therapeuten speziell koordinierte Versorgung offen. Kassen können ihren Kunden zudem die Umstellung auf die neuen Versorgungsformen durch allerlei Vergünstigungen schmackhaft machen – etwa indem sie Zuzahlungsgebühren kürzen, einen Bonus gewähren oder die Praxisgebühr streichen.
Weitere Information und unabhängige Beratung zur Gesundheitsreform und zum Krankenkassenwechsel bietet die Verbraucherzentrale NRW landesweit in 17 Städten an. Adressen und Erreichbarkeit unter: http://www.vz-nrw.de