Berlin – Der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) hat heute in Berlin die Ergebnisse seiner repräsentativen Branchenumfrage zu den wirtschaftlichen Erwartungen für das Jahr 2017 vorgestellt. Befragt wurden die im Verband vertretenen Hersteller von In-vitro-Diagnostika (IVD). Sie bilden etwa 90 Prozent des deutschen Diagnostikamarktes ab.
„Für den deutschen IVD-Markt 2016 rechnet der VDGH nach vorläufigen Zahlen mit einer Umsatzentwicklung von + 0,1 bis +0,2 Prozent. Für das zurückliegende Jahr ist damit faktisch kein Wachstum zu erwarten. Weiterhin gilt: Die Diagnostikabranche ist von der positiven Entwicklung in anderen Medizintechnikmärkten deutlich abgekoppelt“, sagt der VDGH-Vorstandsvorsitzende Matthias Borst auf der heutigen Pressekonferenz. Robustes Wachstum sieht der Verband in der Immunochemie, in der Mikrobiologie sowie bei molekulardiagnostischen Tests. Die klassische klinische Chemie und Eigenanwendungstests (Blutzucker, Gerinnung) dagegen weisen Umsatzrückgänge auf. Das Marktwachstum in den anderen großen EU-Märkten (Frankreich, UK, Spanien) bleibt ebenfalls flach.
Für das Jahr 2017 ist das IVD-Stimmungsbarometer gesunken. Es zeigt an, wie die befragten Unternehmen ihre wirtschaftliche Situation für das neue Jahr einschätzen. Für 2017 geht über die Hälfte der Unternehmen von einer Stagnation aus. Ein Drittel erwartet im neuen Jahr eine bessere wirtschaftliche Situation für das eigene Unternehmen, 10 Prozent der Befragten erwarten eine Verschlechterung. „Der Optimismus der Branche hat gegenüber den Vorjahren einen Dämpfer erfahren“, erklärt Borst.
Die Umsatzerwartungen der Branche bleiben auch für 2017 positiv, jedoch nicht in dem Ausmaß wie im Vorjahr. „Die Einschätzungen sind bei etlichen Marktteilnehmern von ‚steigend‘ auf ‚gleichbleibend‘ umgestellt worden“, so Borst. Die Gewinnerwartungen bleiben jedoch hinter den Umsatzerwartungen zurück. Ein Grund dafür ist der anhaltende Preisverfall, insbesondere im Massengeschäft. Positiv fällt auf, dass sich das Marktsegment der Companion Diagnostics im Bereich der Personalisierten Medizin deutlich weiterentwickelt hat: 37 Prozent der Unternehmen erzielen hier Umsätze, während im Jahr 2014 der Anteil noch unter 30 Prozent lag.
Zudem zeigt sich die IVD-Branche nach der aktuellen Erhebung immer noch als eine der innovativsten in Deutschland. Messgröße hierfür ist der Anteil der Beschäftigten in der Forschung und Entwicklung (F&E): Der Anteil liegt konstant bei mehr als 12 Prozent. Zudem fließen 10,7 Prozent der Umsätze in die Forschung und Entwicklung. Die IVD-Branche liegt damit an zweiter Stelle hinter der Pharmaindustrie (13,8 Prozent) und noch vor dem Fahrzeugbau und der Elektrotechnik. Bei den Forschungsinvestitionen legt die Dynamik bei den Unternehmen auch 2017 weiter zu: 61 Prozent der Unternehmen wollen ihre Forschungsinvestitionen erhöhen, 20 Prozent mehr als im Vorjahr. „Dies zeigt den hohen Stellenwert von F & E in den Unternehmen, denn die Branche lebt von ihren innovativen Technologien“, sagt Borst.
Bei der Investitionsplanung insgesamt zeigt die aktuelle Branchenumfrage einen Trend zu mehr Vorsicht: Rund 38 Prozent der Unternehmen wollen ihre Investitionen erhöhen, etwas weniger als die Hälfte der Befragten geht mittlerweile von einem unveränderten Investitionsniveau für 2017 aus und knapp 15 Prozent (im Vergleich zu 8,6 Prozent im Vorjahr) wollen weniger Investitionen in Deutschland tätigen. „Ein wesentliches Markthemmnis nach Angaben der Unternehmen sind teilweise immer noch langwierige und intransparente Bewertungsverfahren zur Aufnahme von innovativen Laborleistungen in die gesetzliche Regelversorgung“, so Borst.
Ein nennenswerter Beschäftigungszuwachs ist in der IVD-Branche nicht zu erwarten: 33 Prozent der Unternehmen wollen den Personalstand erhöhen, ein fast gleich großer Anteil (31 Prozent) geht aber von einem Beschäftigungsabbau im Jahr 2017 aus. Gleichwohl bleibt der Fachkräftemangel für die Mehrheit der Unternehmen existent.
Eine weitere Herausforderung, der sich die Unternehmen ausgesetzt sehen, ist die europäische IVD-Verordnung, die im Frühsommer unmittelbar in Kraft tritt. Sie regelt die Produktzulassung und enthält deutlich verschärfte Anforderungen an die Hersteller von Labortests und -geräten. „Angesichts der Innovationskraft der Branche und ihres Nutzens für das Gesundheitssystem stehen der Diagnostika-Industrie immer noch große Hürden gegenüber. Wir hoffen, dass die Umsetzung der Verordnung in den kommenden fünf Jahren keine weiteren bürokratischen Belastungen mit sich bringt, sondern die Schaffenskraft dieser überwiegend durch kleine und mittlere Unternehmen geprägten Industrie am Standort Deutschland bewahrt“, sagt der VDGH-Vorstandschef.
Der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) vertritt als Wirtschaftsverband die Interessen von 100 in Deutschland tätigen Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von rund 4 Milliarden Euro. Sie stellen Untersuchungssysteme und Reagenzien zur Diagnose menschlicher Krankheiten her, mit denen ein Umsatz von 2,2 Milliarden Euro erzielt wird, sowie Instrumente, Reagenzien, Testsysteme und Verbrauchsmaterialien für die Forschung in den Lebenswissenschaften, mit denen ein Umsatz von zwei Milliarden Euro erwirtschaftet wird.