Gießen – Dass das Vitaminoid Ubiquinol als medizinisches Therapeutikum bislang unterschätzt wurde, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Langzeitstudie. Die Untersuchung1 an 420 Patienten mit schwerer Herzschwäche kommt zu dem Ergebnis, dass eine Nahrungsergänzung mit Ubiquinon die Mortalitätsrate annähernd halbieren kann. Im Laufe der zweijährigen Studie besserten sich Symptome, Leistungsfähigkeit und Lebensqualität der Teilnehmer deutlich. Das Risiko von MACE (Major Adverse Cardiovascular Events) wurde um über 40 Prozent relativ gesenkt. Mit Ubiquinol, der aktiven und besser bioverfügbaren Form von Ubiquinon (Coenzym Q10) können entsprechende Blutplasmawerte sogar leichter erreicht werden.
Generell kann der Gesundheitszustand von Herzinsuffizienz-Patienten erheblich verbessert werden, wenn der Ubiquinon-Blutplasmaspiegel auf mindestens 4 μg/ml steigt – diese Werte können mit Ubiquinol leichter erreicht werden. Ubiquinol ist die aktive Form von Ubiquinon oder Coenzym Q10, und essenziell für die körpereigene Energiegewinnung. Der vitaminähnliche Mikronährstoff agiert als Elektronenüberträger in der Atmungskette der Mitochondrien. Mehr als 95 Prozent der Körperenergie werden mit seiner Hilfe in Form von ATP freigesetzt.
Organe mit hohem Energiebedarf wie das Herz brauchen große Mengen des Mikronährstoffes. Während Ubiquinon oder Coenzym Q10 im Körper erst in Ubiquinol umgewandelt werden muss, ist natürliches Ubiquinol sofort bioverfügbar und wirkt deshalb schneller. Da mit dem Alter die körpereigene Produktion von Ubiquinol abnimmt, sinkt auch der Ubiquinol-Gehalt im Herzen und dessen Fähigkeit zur Energieproduktion. Ein 40-Jähriger hat etwa 30 Prozent weniger Ubiquinol im Herzmuskel als ein 20-Jähriger. Ein Mangel des Vitaminoids in Herz und Blutplasma ist ein Risikofaktor für die Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen. Der Schweregrad des Ubiquinol-Mangels korreliert mit dem der Herzinsuffizienz. Zahlreiche Studienergebnisse legen nahe, dass eine therapiebegleitende Nahrungsergänzung mit Ubiquinol sinnvoll ist. Bei Herzinsuffizienz-Patienten wird eine tägliche Dosis von wenigstens 300 mg Ubiquinol empfohlen.
Herzinsuffizienz-Patienten, die auf die Einnahme von Statinen angewiesen sind, um ihre Cholesterinwerte zu kontrollieren, sind doppelt betroffen: Da der Bildungsweg von Cholesterin und Ubiquinol über Stufen identisch ist, unterdrücken Statine auch die körpereigene Synthese des Mikronährstoffs. Zahlreiche Statin-Patienten klagen über entsprechende Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Muskelbeschwerden. Eine Nahrungsergänzung mit Ubiquinol kann die Mangelsituation ausgleichen und die Beschwerden in vielen Fällen deutlich bessern.
Häufig fehlt Patienten das Wissen um die Wechselwirkung mit dem Ubiquinol-Spiegel. Eine wichtige Funktion kommt hier den Ärzten und Apotheken zu: Sie können in der Beratung auf den Zusammenhang zwischen der Statin-Therapie und einem Ubiquinol-Mangel hinweisen und so ein Bewusstsein für die Problematik schaffen.
Informationen zum Autor:
Prof. Dr. med Hans-Ulrich Klör ist Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie, Ernährung und Stoffwechsel. Seit 1986 ist er Professor für Innere Medizin an der Universität Gießen. Prof. Dr. Klör ist Atherosklerosespezialist, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Arterioskleroseforschung (DGAF) und Mitgründer sowie Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Fettstoffwechselstörungen und Folgeerkrankungen (DGFF-LipidLiga).
Referenz: 1) Mortensen SA, et al.: The Effect of Coenzyme Q10 on Morbidity and Mortality in Chronic Heart Failure, Results From Q-SYMBIO: A Randomized Double-Blind Trial. Journal of the American College of Cardiology: Heart Failure. 2014. (http://dx.doi.org/10.1016/j.jchf.2014.06.008)