Köln – Der medizinisch-technische Fortschritt gilt als wesentliche Ursache eines langfristigen Kostenanstiegs in der medizinischen Versorgung. Auf der anderen Seite beinhaltet der medizinisch- technische Fortschritt große Chancen für den Erhalt der Gesundheit, die Zunahme der Lebenserwartung und die Verbesserung der Lebensqualität. Diese Chancen allen Versicherten auch bei steigenden Kosten zugänglich zu machen, bildet eine wesentliche Herausforderung für die Weiterentwicklung eines solidarischen Gesundheitssystems.
Schließlich stellt die Erforschung, Entwicklung, Produktion und Anwendung neuer Arzneimittel, neuer Behandlungsverfahren und moderner Medizintechnik einen dynamischen Wirtschaftszweig mit großen Beschäftigungs- und Zukunftspotentialen dar. Vor diesem Hintergrund gewinnt gerade in einem Hochtechnologieland wie der Bundesrepublik Deutschland die Einstellung zum medizinisch-technischen Fortschritt an ökonomischer und gesellschaftlicher Bedeutung.
Insgesamt ist – trotz zahlreicher Maßnahmen und der Schaffung grundlegender Strukturen für die Bewertung medizinisch-technischer Innovationen – eine Diskrepanz zwischen dem großen Arsenal moderner Verfahren und Produkte und dem Stand der Erkenntnisse über deren tatsächliche Leistungsfähigkeit und ihre Grenzen festzustellen. Die unzureichende Informationsbasis führt dazu, dass auf der einen Seite neue Verfahren oder Produkte mit fehlendem Nutzen breite und rasche Verbreitung finden können, während zugleich Innovationen mit großem Potential verspätet oder erschwert Eingang in die Versorgung erhalten.
Nur durch eine systematische Bewertung medizinisch-technischer Innovationen, die frühzeitig einsetzt, einen umfassenden Katalog von Bewertungskriterien zu Grunde legt und den Outcome hinreichend berücksichtigt, kann ein effizienterer Einsatz der knappen Ressourcen und eine Steigerung der Qualität der Gesundheitsversorgung durch effiziente und effektive Innovationen erreicht werden.
Die in der GVG zusammengeschlossenen Organisationen stimmen deshalb in der Forderung überein, die Einführung und Verbreitung medizinisch-technischen Fortschritts stärker als bisher an eine Bewertung des Nutzens und der Kosten zu koppeln. Innovationen mit nachgewiesener Effizienz und Effektivität bedürfen im Sinne aller Beteiligten einer raschen Verbreitung. Sofern der (Zusatz-)Nutzen einer Innovation (noch) nicht ausreichend nachgewiesen ist, ist sie hinsichtlich ihrer solidarischen Finanzierung auf dem Prüfstand zu stellen.
Die GVG hat deshalb in einem ersten Schritt grundlegende Definitionen (Innovation, Produktinnovation, Prozessinnovation, therapeutischer Fortschritt, Nutzen) und Kriterien für die Bewertung des Nutzens von medizinisch-technischem Fortschritt (aus Perspektive des Patienten bzw. des Versicherten) erarbeitet.
Darüber hinaus wurden erste Empfehlungen und Fragestellungen zu Einsatzbereichen und Verfahrensweisen der Nutzenbewertung erstellt. Mit diesen Fragestellungen wird sich die GVG in den kommenden Monaten beschäftigen. Die Stellungnahme “Auswirkungen des medizinisch- technischen Fortschritts. Entwicklung von Bewertungskriterien” ist als ID 317 kostenfrei über die Geschäftsstelle der GVG zu beziehen oder im Internet abrufbar unter http://www.gvg-koeln.de.
Hintergrund: Die GVG, Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und Gestaltung e.V., wurde 1947 gegründet. Mitglieder der GVG sind die gesetzlichen Sozialversicherungen, die privaten Kranken-, Pflege und Lebensversicherungen, berufsständische und betriebliche Einrichtungen der sozialen Sicherung, Leistungserbringer im Gesundheitswesen – Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser, Apotheker, Reha-Einrichtungen, nicht-ärztliche Medizinberufe, Pharmaindustrie und Hersteller von Medizintechnologie – Gewerkschaften und Arbeitgeber, weitere gesellschaftlich relevante Institutionen und Wissenschaftler. Die GVG ist der Konsensbildung verpflichtet.