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Sozialministerin Dr. Monika Stolz: „Wir gehen neue Wege in der Beratung von Schwangeren bei Pränataldiagnostik“

Land nimmt mit neuen Informations- und Vernetzungsstellen eine Vorreiterrolle bei der Beratung zur Pränataldiagnostik ein

Stuttgart – „Neue diagnostische Möglichkeiten in der medizinischen Betreuung von Schwangeren erfordern auch neue Wege in der Beratung und Begleitung Schwangerer“, erklärte Sozialministerin Dr. Monika Stolz am Dienstag (14.9.) in Ulm bei der Auftaktveranstaltung zur Eröffnung der Informations- und Vernetzungsstellen zur Pränataldiagnostik (IuV-Stellen PND). „Nach dem Abschluss unseres zweijährigen Modellprojektes haben wir uns entschieden, fünf IuV-Stellen PND im Land zu fördern. Damit nehmen wir eine Vorreiterrolle ein und setzen so auch den bundesgesetzlichen Auftrag zur Verbesserung der Beratung im Zusammenhang mit Pränataldiagnostik um.“

Die Ministerin führte weiter aus: „Mit erschreckender Deutlichkeit haben verschiedene Studien gezeigt, dass von vielen Schwangeren, die mit PND konfrontiert waren, nur sehr wenige wussten, was dies konkret bedeutet. Wichtige Fragen rund um PND werden sehr kontrovers diskutiert. Mir war es in dieser Diskussion von Anfang an wichtig, sachliche Informationen zu geben.“ Außerdem sollten Maßnahmen zur Verbesserung der Beratung erprobt werden. Das sei im Januar 2008 der Anstoß für das zweijährige Modellprojekt „Beratung bei Pränataldiagnostik“ in Kooperation mit der Universität Heidelberg gewesen. Ziel des Modellprojektes war es, Wege aufzuzeigen, wie die Beratung vor und nach pränataldiagnostischen Maßnahmen verbessert werden kann.

„Als die Änderungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes wirksam wurden, war somit der Weg in Baden-Württemberg bereits geebnet“, sagte Stolz. Mit rund 60 000 Euro jährlich pro Fachkraft werden nun in Böblingen, Karlsruhe, Mannheim, Stuttgart und Ulm die Informations- und Vernetzungsstellen zur Pränataldiagnostik (IuV-Stellen PND) für voraussichtlich vier Jahre gefördert. Auch für die Öffentlichkeitsarbeit und die Unterstützung von Weiterbildungsmaßnahmen werden zusätzliche Sachmittel zur Verfügung gestellt. „Die IuV-Stellen PND sollen die wichtige Arbeit der 124 vom Land geförderten staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und katholischen Schwangerenberatungsstellen ergänzen und so ein optimales Beratungsangebot für Schwangere schaffen“, erläuterte Stolz. Schon heute finde in den Beratungsstellen eine hervorragende psychosoziale Beratung von Schwangeren und ihren Partnern statt. Es habe sich dennoch gezeigt, dass „im Interesse der schwangeren Frauen und zum Schutz der ungeborenen Kinder ein Brückenschlag der Professionen notwendig ist. Nur wenn die Ärzteschaft und die Schwangerenberatungsstellen eng kooperieren, kann es uns gelingen, sowohl die medizinische als auch die psychosoziale Begleitung der Frauen bei Fragen rund um die Pränataldiagnostik optimal zu gestalten.“

Angesetzt werden müsse bereits im Vorfeld der Durchführung pränataldiagnostischer Maßnahmen. „Viele Frauen lassen pränataldiagnostische Maßnahmen vornehmen, ohne sich über die möglichen medizinischen und psychosozialen Konsequenzen im Klaren zu sein“, sagte Stolz. Hier müsse dringend Abhilfe geschaffen werden. Die Beratung vor pränataldiagnostischen Maßnahmen sei dabei ebenso wichtig wie die Beratung nach einem auffälligen Befund: „Wenn Frauen und ihre Partner mit einem auffälligen Befund konfrontiert werden, bricht oft eine Welt zusammen. Sie brauchen dann ein enges Netz, das sie auffängt und Hilfestellungen gibt. Hierzu muss die Ärzteschaft Hand in Hand mit den Beratungsstellen arbeiten.“ Dies bedürfe der Koordination und Moderation vor Ort. „Deswegen geht es uns bei den IuV‑Stellen PND um den Aufbau langfristiger, funktionsfähiger und wertschätzender Kooperationsformen“, betonte die Ministerin. Sie ist der Auffassung, dass „der beste Schutz des ungeborenen Lebens darin besteht, schwangeren Frauen und ihren Familien zuverlässige Bedingungen, eine optimale Begleitung in der Schwangerschaft und darüber hinaus, etwa durch die frühen Hilfen, zu gewährleisten.“

Mit den Änderungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, die zum Jahresbeginn in Kraft getreten sind und unter anderem den Ausbau der ärztlichen Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten beinhalten, ist, so die Ministerin, ebenfalls ein wichtiger Schritt getan. Jede Schwangere habe das Recht auf optimale und individuelle Unterstützung, um für sich und das ungeborene Kind in jeder Phase der Schwangerschaft eine gute Entscheidung zu treffen. „Es ist unsere Aufgabe, hierfür die Rahmenbedingungen zu schaffen. Diese Aufgabe nehmen wir gerne an“, erklärte Stolz.

Hinweis für die Redaktionen:

Die IuV-Stellen PND befinden sich an folgenden Standorten:

– Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle des Diakonischen Werkes Karlsruhe – Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle pro familia, Stuttgart, – Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle, Gesundheitsamt Böblingen, – Schwangerschaftsberatung Sozialdienst katholischer Frauen, Mannheim, – und die Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen und Familienplanung, Ulm

Wesentlicher Auftrag der IuV-Stellen PND ist:

– Die IuV-Stellen PND sollen die Information und Beratung vor, während und nach PND qualitativ weiterentwickeln und in der Fläche als Beratungsangebot verankern.

– Sie sollen trägerübergreifende Anlaufstellen in grundsätzlichen Fragen der Beratung im Kontext zu PND sein.

– Ihre Aufgabe ist die Verstetigung der Zusammenarbeit der Beteiligten in der Region (z. B. Beratungsstellen, Hebammen, Pränatalmediziner und -medizinerinnen, Gynäkologen und Gynäkologinnen, medizinische Einrichtungen, Humangenetiker und Humangenetikerinnen, Einrichtungen der Frühförderung).

– Sie sollen die Kooperation mit den Trägern der Beratungsstellen sicherstellen, Anlaufstelle für Betroffene sein oder die direkte Vermittlung von Beratungsangeboten für betroffene Ratsuchende gewährleisten und ggf. eigene Beratungstätigkeit und Tandemberatungen in Kliniken anbieten.

– Ihre Aufgabe ist es, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben (z. B. Erstellung von Informationsmaterialien, Pressearbeit, Zusammenarbeit mit Schulen u. a.).

– Sie sollen an der Organisation zu Fortbildungsangeboten zu PND für die Beraterinnen in den Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und katholischen Schwangerenberatungsstellen mitwirken.

Dokumentation und Evaluation der Arbeit.

Änderungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes zum 1. Januar 2010 Vor dem Hintergrund neuer pränataldiagnostischer Untersuchungsmethoden und deren Folgen wurden mit dem „Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes“ vom 26.08.2009 folgende Ergänzungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) beschlossen:

– die Ausweitung der ärztlichen Aufklärungs-, Beratungs- und Dokumentationspflichten im Zusammenhang mit Pränataldiagnostik und Spätabtreibungen,

– insbesondere die ärztliche Verpflichtung, über den Anspruch auf psychosoziale Beratung nach § 2 SchKG zu informieren und im Einvernehmen mit der Schwangeren Kontakt zu Schwangerenberatungsstellen und zu Selbsthilfegruppen oder Behindertenverbänden zu vermitteln

– die Verbesserung und Neuerstellung von Infomaterial durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,

– die Einführung einer für die betroffenen Frauen verpflichtenden dreitägigen Bedenkzeit zwischen der Beratung und der Bescheinigung einer medizinischen Indikation,

– die Ausweitung der statistischen Erhebungen / Differenzierung der Bundesstatistik.

Das bisherige Recht der Frauen auf Beratung wurde damit ausgeweitet zu einer Beratungspflicht der Ärzte. Darüber hinaus wurde jedoch ausdrücklich auch ein Recht auf Nicht-Wissen verankert. Frauen müssen entweder schriftlich bestätigen, dass sie beraten wurden oder können schriftlich bestätigen, dass sie auf eine Beratung verzichten.