Saarbrücken – Mit der Einrichtung einer Trauma-Ambulanz an der AHG Klinik Berus soll im Saarland Opfern von Gewalt nach einer Straftat fortan kompetente und schnelle Hilfe, therapeutische Behandlung und Information zuteilwerden. Ein entsprechendes Pilotprojekt des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie startet am 1. Juli 2012. Der saarländische Sozial- und Familienminister Andreas Storm unterzeichnete heute eine entsprechende Vereinbarung mit dem Verwaltungsdirektor der AHG Klinik Berus, Arno Prem.
Die Ambulanz soll primär Anlaufstelle für traumatisierte Opfer körperlicher, familiärer oder sexueller Gewalt sein, aber auch für Zeugen von Gewalttaten oder bei „Schockschäden“. „Die langjährige Erfahrung zeigt, dass die Opfer von Gewalttaten oftmals durch die Folgen der erlittenen Tat so eingeschränkt sind, dass ihre Kraft nicht ausreicht, um sich selbst Hilfe zu suchen. Oftmals müssen traumatisierte Opfer monatelang auf Termine bei Therapeuten oder einen Therapieplatz warten“, so Sozialminister Andreas Storm. „Wir dürfen die Opfer von Gewalttaten nicht alleine lassen. So wie die Täter zur Vermeidung künftigen Leids von weiteren Straftaten abgehalten werden müssen, so besteht gleichsam spiegelbildlich die Verpflichtung für Opfer, sie mit ihrem Schicksal nicht alleine zu lassen.“
Einen wesentlichen Beitrag hierzu leistet das Opferentschädigungsgesetz (OEG). Es gewährt unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung bei gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen Heilbehandlungs-, Renten- und Fürsorgeleistungen gemäß den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes.
Das Pilotprojekt ist zunächst auf ein Jahr angelegt. Auf der Grundlage der Erfahrungen soll im Anschluss über die Frage einer Ausweitung auf weitere Standorte im Saarland entschieden werden. Sozialminister Storm: „Wir wollen im Saarland ein Zeichen setzen. Ziel der Trauma-Ambulanz an der AHG Klinik Berus ist es, dass mit einem raschen kompetenten Eingreifen vermieden wird, dass sich psychische Folgen und Traumata als Folge der Gewalttat bei den Opfern verfestigen.“ Dadurch können auch Kosten für die Allgemeinheit langfristig verhindert werden. Das Konzept ist mit den Opferschutzorganisationen und dem „Weissen Ring“ abgestimmt.
Dr. med. Dipl.-Psych. Winfried Carls, Chefarzt der AHG Kli-nik Berus, und Dipl.-Psych. Rolf Keller, Leitender Psychologe und zertifizierter Psychotraumatherapeut (DeGPT), unterstrichen nach mehr als einem Jahrzehnt guter Zusammenarbeit mit Polizei, Justiz und „Weissem Ring“ beim Opferschutz die Bedeutung eines Trauma-Netzwerkes „mit kurzen Wegen“ für das Saarland. Bei der ambulanten Traumatherapie kann die AHG Klinik Berus auf ihre wegweisenden fachlichen Kompetenzen aus langjährig erfolgreicher und wissenschaftlich fundierter stationärer Behandlung von Traumatisierten zurückgreifen. Die AHG Klinik Berus ist europäisches Zentrum für Psychosomatik und Verhaltensmedizin und bietet 159 Patienten Reha- und Therapiemaßnahmen bei psychosomatischen Störungen, u. a. mit Behandlungsschwerpunkt für posttraumatische Belastungsstörungen.
Bundesweit fehlen oft qualifizierte Anlaufstellen. Erst in vier Bundesländern (Rheinland- Pfalz, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen) gibt es Trauma-Ambulanzen, die dazu beitragen, die Dauer der Bearbeitung zu verkürzen, um schnell psychotherapeutische Maßnahmen einzuleiten. „Das Saarland ist nun das fünfte Bundesland, das schnelle Hilfe für Opfer von Gewalttaten verspricht“, so Minister Andreas Storm abschließend.
Hintergrund:
Zurzeit erhalten 186 Opfer von Gewalttaten im Saarland durch das Landesamt für Soziales nach den Bestimmungen des Opfer-Entschädigungsrechtes eine monatliche Opferrente gezahlt. Hiervon beziehen 137 Personen Beschädigtenversorgung und 49 Personen Hinterbliebenenversorgung. Außerdem wird 7 Beschädigten eine Ausgleichsrente und 6 Beschädigten ein Berufsschadensausgleich gezahlt. Monatlich werden an die 186 Rentenempfänger insgesamt 44.480,00 € ausgezahlt. Das Kostenvolumen für OEG liegt im Saarland insgesamt jährlich bei 850.000 Euro für Heilmittel und 650.000 Euro für Renten sowie 15.000 Euro für Gutachten. Im Saarland gibt es jährlich ca. 75.000 Straftaten, davon 2.900 Gewalttaten.