Stuttgart, 30. November 2016 –
Sobek-Stiftung würdigt international herausragende MS-Forscher aus Mainz und München
Die Roman, Marga und Mareille Sobek-Stiftung verleiht mit AMSEL e.V. und DMSG-Bundesverband zum 17. Mal ihre hochdotierten Preise für Multiple-Sklerose-Forschung
Die Sobek-Stiftung zeichnete am 25. November unter Schirmherrschaft des Wissenschaftsministeriums Baden-Württemberg zwei Forscher für ihre herausragenden wissenschaftlichen Leistungen in der Multiple-Sklerose-Grundlagenforschung aus. Der 17. Sobek-Forschungspreis, mit 100.000 Euro der europaweit höchstdotierte Preis für MS-Grundlagenforschung, wurde im Neuen Schloss in Stuttgart verliehen an Prof. Dr. rer. nat. Ari Waisman (55), Direktor des Instituts für Molekulare Medizin der Universität Mainz. Der Sobek-Nachwuchspreis mit 10.000 Euro Preisgeld ging in diesem Jahr an Dr. med. Veit Rothhammer (37) von der Neurologischen Klinik der Technischen Universität München.
Sobek-Forschungspreis 2016 für Prof. Dr. rer. nat. Ari Waisman aus Mainz
Das Forschungsinteresse des 55-jährigen Immunologen Prof. Dr. rer. nat. Ari Waisman gilt den molekularen Mechanismen der Entzündung und der entzündlichen Gewebeschädigung im zentralen Nervensystem. Ein Arbeitsschwerpunkt des Direktors des Instituts für Molekulare Medizin der Universität Mainz umfasst die Entwicklung neuer Modellversuche, die tiefere Einblicke in die Rolle und Regulation von Entzündungszellen im Gehirn ermöglichen. Innerhalb dieses Modells ließen sich gezielt bestimmte Zellgruppen eliminieren. Damit lassen sich erstmals bestimmte schädliche Zellfunktionen im lebenden Organismus analysieren. Das Modell hat sich als bahnbrechende neue Technik der experimentellen Neurobiologie entwickelt. Die Erkenntnisse aus den Arbeiten Waismans sind entscheidend für das Verständnis der Erkrankungsmechanismen und haben zur erfolgreichen Entwicklung gegenwärtiger anti-entzündlicher und immunmodulierender Therapien beigetragen. Darüber hinaus schafften die Erkenntnisse über die Gewebsschädigung bei MS neue Konzepte für die zukünftige Entwicklung neuro-protektiver Therapieformen zum Schutz vor dem Gewebeuntergang.
Der in Rio de Janeiro geborene Waisman studierte in Israel Biologie, legte seine immunbiologische Doktorarbeit in Rehovot, Israel, ab. Er forschte bei namhaften Immunologen in Israel und an der Universität Köln. Im Jahr 2005 wurde er als Professor für Immunologie an die Medizinische Fakultät der Universität Mainz berufen, er war dort fünf Jahre lang Sektionsleiter in der I. Medizinischen Klinik. 2010 folgte der Aufstieg zum Direktor und Ordinarius des Instituts für Molekulare Medizin der Universität Mainz.
„Professor Waisman hat mit seiner Arbeit Herausragendes geleistet und damit den Weg für die Entwicklung neuer Therapien geebnet. Dieses Engagement hilft, die Symptome der MS-Erkrankung erträglicher zu machen und den Betroffenen mehr Lebensqualität zu schenken“, so der Laudator Ulrich Steinbach, Ministerialdirektor im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Gleichzeitig hob er die große internationale Anerkennung Waismans hervor, der seine Forschungsergebnisse seit 1990 in über 150 wissenschaftlichen Originalarbeiten publiziert hat – oft in erfolgreichen Kooperationen mit anderen Forscherinnen und Forschern.
Sobek-Nachwuchspreisträger 2016 ist Dr. med. Veit Rothhammer aus München
Der Neuroimmunologe Dr. med. Veit Rothhammer von der Neurologischen Klinik der Technischen Universität München ist derzeit als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Harvard Medical School in Boston, USA. Der 38-jährige gebürtige Unterfranke promovierte an der Medizinischen Universitätsklinik II in Würzburg. In einer Arbeitsgruppe an der Neurologischen Klinik der TU München war Rothhammer maßgeblich an der Erforschung molekularer Rekrutierungsmechanismen von Immunzellen in das zentrale Nervensystem beteiligt.
Ebenso maßgeblich beteiligt war er an der Erforschung der Rolle von atypischen T-Zellen bei der experimentellen autoimmunen Enzephalomyelitis,dem wichtigsten Tiermodell bei MS. Die atypischen T-Zellen können auf Umweltfaktoren, etwa Stoffe von Bakterien reagieren und dadurch Entzündungsvorgänge im Körper verändern. Zu dessen genauerer Erforschung erhielt Rothhammer das Stipendium in den USA. In einem dort erfolgreich bearbeiteten Projekt konnte er einen möglichen molekularen Weg aufzeigen, wie Vorgänge im Darm über freigesetzte Botenstoffe und Stoffwechselprodukte direkt Astrozyten des Gehirns beeinflussen können. Der Laudator Prof. Dr. med. Klaus V. Toyka, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Sobek-Stiftung, lobte diese „bahnbrechende wissenschaftliche Leistung Rothhammers, die neue therapeutische Strategien zur Behandlung entzündlicher Erkrankungen des zentralen Nervensystems nahelegt.“
Bereits zum 17. Mal fand die Preisverleihung der Sobek-Preise in Zusammenarbeit mit der AMSEL, Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e.V., und dem DMSG-Bundesverband in Stuttgart statt. Seit dem Jahr 2000 hat die Sobek-Stiftung aus Renningen über 1,7 Millionen Euro für herausragende und wegweisende wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose an Sobek-Forschungspreisträger und Sobek-Nachwuchspreisträger vergeben.
Hintergrund:
Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste Erkrankung des Zentralnervensystems. Aus bislang noch unbekannter Ursache werden die Schutzhüllen der Nervenbahnen an unterschiedlichen Stellen angegriffen und zerstört, Nervensignale können in der Folge nur noch verzögert oder gar nicht weitergeleitet werden. Die Symptome reichen von Taubheitsgefühlen über Seh-, Koordinations- und Konzentrationsstörungen bis hin zu Lähmungen. Die bislang unheilbare, aber mittlerweile behandelbare Krankheit bricht gehäuft zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr aus. In Deutschland leiden rund 200.000 Menschen an MS. Weltweit sind schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen an MS erkrankt.
Roman, Marga und Mareille Sobek-Stiftung
Mit dem Sobek-Forschungspreis der Stiftung aus Renningen, Baden-Württemberg, werden richtungsweisende Leistungen von Wissenschaftlern an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Bereich der Multiplen Sklerose und der dazugehörenden Grundlagenforschung ausgezeichnet. Entscheidungskriterien sind allein Qualität und Exzellenz der Forschungsleistung. Es kann sowohl eine außerordentliche wissenschaftliche Einzel- als auch eine Gesamtleistung gewürdigt werden.
Die Sobek-Stiftung verleiht ihren Forschungspreis auf Vorschlag eines wissenschaftlichen Beirates in Zusammenarbeit mit der AMSEL, Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e.V. und der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. (DMSG). Die Schirmherrschaft für die Preisverleihung hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg.
AMSEL e.V.
Die AMSEL, Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e.V. ist Fachverband, Selbsthilfeorganisation und Interessenvertretung für MS-Kranke in Baden-Württemberg. Die Ziele der AMSEL: MS-Kranke informieren und ihre Lebenssituation nachhaltig verbessern. Der AMSEL-Landesverband hat rund 8.600 Mitglieder, 62 AMSEL-Gruppen und 16 Junge Initiativen in ganz Baden-Württemberg. Schirmherrin der AMSEL ist seit 1982 Ursula Späth. Mehr unter www.amsel.de.
DMSG, Bundesverband e.V.
1952/1953 als Zusammenschluss medizinischer Fachleute gegründet, vertritt die Belange Multiple Sklerose Erkrankter und organisiert deren sozialmedizinische Nachsorge. Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft mit Bundesverband, 16 Landesverbänden und derzeit 900 örtlichen Kontaktgruppen ist eine starke Gemeinschaft von MS-Erkrankten, ihren Angehörigen, über 4.000 engagierten ehrenamtlichen Helfern und 231 hauptberuflichen Mitarbeitern. Insgesamt hat die DMSG rund 45.000 Mitglieder. Mit ihren umfangreichen Dienstleistungen und Angeboten ist sie heute Selbsthilfe- und Fachverband zugleich, aber auch die Interessenvertretung MS-Erkrankter in Deutschland. Schirmherr des DMSG-Bundesverbandes ist Christian Wulff, Bundespräsident a.D. Weitere Informationen unter www.dmsg.de.