Stuttgart, 8. Dezember 2017 – Die Roman, Marga und Mareille Sobek-Stiftung verleiht mit AMSEL e.V. und DMSG-Bundesverband zum 18. Mal ihre hochdotierten Preise für Multiple-Sklerose-Forschung
Die Sobek-Stiftung zeichnete am 8. Dezember unter Schirmherrschaft des Wissenschaftsministeriums Baden-Württemberg zwei Forscher für ihre herausragenden wissenschaftlichen Leistungen in der Multiple-Sklerose (MS)-Grundlagenforschung aus. Der 18. Sobek-Forschungspreis, mit 100.000 Euro der europaweit höchstdotierte Preis für MS-Grundlagenforschung, wurde in der Musikhochschule in Stuttgart verliehen an Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult. Ludwig Kappos (64), Chefarzt der Neurologischen Klinik und Poliklinik am Universitätsspital Basel. Der Sobek-Nachwuchspreis mit 15.000 Euro Preisgeld ging in diesem Jahr an Dr. rer. nat. Anneli Peters (35), Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried sowie Ludwig-Maximilians-Universität München.
Sobek-Forschungspreis 2017 für Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult. Ludwig Kappos aus Basel
Das klinisch-wissenschaftliche Kerngebiet des 64-jährigen forschenden Neurologen Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult. Ludwig Kappos ist die angewandte Therapieforschung bei MS. Der Laudator Ministerialdirektor Ulrich Steinbach, Amtschef im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, hob besonders Professor Kappos Beitrag zur Entwicklung und Einführung neuartiger Therapien hervor: „Für die Erkrankten sind neue Therapien und der klinische Nachweis ihrer Wirksamkeit von essentieller Bedeutung. Professor Ludwig Kappos gibt als bedeutender Experte auf dem Gebiet der angewandten Therapieforschung wertvolle Impulse.“
Der Preisträger hat in mehreren MS-Forschungsgebieten Pionierarbeit geleistet. Er entwickelte neue Standards für multizentrische klinische Therapiestudien, zudem bereicherte er die Therapielandschaft durch originelle Beiträge zur Erprobung vieler neuer, inzwischen in der Therapie der MS etablierter oder kurz davor stehender therapeutisch aussichtsreicher Substanzen in Zusammenarbeit mit der forschenden pharmazeutischen Industrie.
Der zweite wichtige Beitrag des Professors für Neurologie an der Universität Basel ist die Forschung im Bereich innovativer paraklinischer Laboruntersuchungen und bildgebender Verfahren. Mit ihrer Hilfe kann man die Prognose der MS beurteilen und den Erfolg einer neuen Therapie genauer erfassen. Prof. Kappos hat hierzu mit seinem Team neuartige Kriterien entdeckt, die über das Ausmaß des Fortschreitens der MS Auskunft geben. Diese ganz neuen Marker stehen in Kürze für die praktische Bemessung der Therapie-Intensität und für Überlegungen zur Therapie-Eskalation zur Verfügung. Insgesamt ist Prof. Kappos Erst- oder Mitautor von über 600 wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Er ist international anerkannt als einer der führenden Forscher im Gebiet der angewandten MS-Forschung.
Der in Erlangen geborene Wissenschaftler verbrachte die Schulzeit in Griechenland. Er studierte Medizin und Psychologie an der Universität Würzburg und durchlief die Weiterbildung zum Neurologen an der dortigen Neurologischen Universitätsklinik. Bis Ende 1989 war er Mitglied der klinischen MS-Forschungsgruppe der Max-Planck-Gesellschaft in Würzburg. Seine Habilitation erfolgte 1988. Zwei Jahre später wechselte er an das Basler Universitätsspital als Leiter der Neurologisch-Neurochirurgischen Poliklinik und Professor für Neuroimmunologie, im Jahre 2008 wurde er dann als Ordinarius und Chefarzt der Neurologischen Klinik und Poliklinik berufen.
Sobek-Nachwuchspreisträgerin 2017 ist Dr. rer. nat. Anneli Peters aus München
Die 35-jährige Dr. rer. nat. Anneli Peters ist in der experimentell-immunologischen Forschung tätig. Sie konzentriert sich auf die wichtige Frage, wie die verschiedenen Arten von Immunzellen des adaptiven Immunsystems bei der Entstehung der MS zusammenwirken.
Die Forschung weiß, dass Thymus-abhängige, sogenannte T-Lymphozyten entscheidend an der Entstehung der MS beteiligt sind. Deshalb wird heute die Wirkungsweise der meisten MS-Medikamente vorwiegend über ihre Wirkungen auf T-Lymphozyten erklärt. Dr. Peters konnte im Tiermodell nachweisen, dass verschiedene Arten von T-Lymphozyten die experimentelle Erkrankung übertragen können, dass die Ausprägung der Erkrankung jedoch variiert, je nachdem, welche Art von T-Lymphozyten injiziert wurde. Das Augenmerk der Nachwuchsforscherin richtet sich seitdem auf die Untersuchung der Steuerungs- und Aktivierungsmechanismen von TH17-Zellen, einem speziellen Typ der T-Helferzellen – eine auch für die menschliche MS höchst relevante Fragestellung.
Die gebürtige Dortmunderin studierte in Bochum Biochemie mit dem Schwerpunkt Immunologie. Die Promotion erfolgte als Stipendiatin im Gebiet der experimentellen Immunologie an der Harvard Universität in Boston, bei Prof. Vijay Kuchroo, welcher bereits mehrere deutsche Nachwuchsforscher ausbildete. Nach einigen Jahren erfolgreicher Forschung war Peters zunächst in der Abteilung von Prof. Wekerle am Max-Planck-Institut für Neurobiologie Martinsried tätig. Danach trat sie mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft als Emmy-Nöther Rückkehr-Stipendiatin in das Institut für Klinische Neuroimmunologie am Universitätsklinikum München ein.
Der Laudator Prof. Dr. med. Klaus V. Toyka, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Sobek-Stiftung, lobte: „Frau Dr. Peters ist eine herausragende Nachwuchsforscherin, ihre wissenschaftliche Arbeit hat große Relevanz für die menschliche MS.“
Bereits zum 18. Mal fand die Preisverleihung der Sobek-Preise in Zusammenarbeit mit der AMSEL, Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e.V., und dem DMSG-Bundesverband in Stuttgart statt. Seit dem Jahr 2000 hat die Sobek-Stiftung aus Renningen über 1,8 Millionen Euro für herausragende und wegweisende wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose an Sobek-Forschungspreisträger und Sobek-Nachwuchspreisträger vergeben.
Hintergrund:
Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste Erkrankung des Zentralnervensystems. Aus bislang noch unbekannter Ursache werden die Schutzhüllen der Nervenbahnen an unterschiedlichen Stellen angegriffen und zerstört, Nervensignale können in der Folge nur noch verzögert oder gar nicht weitergeleitet werden. Die Symptome reichen von Taubheitsgefühlen über Seh-, Koordinations- und Konzentrationsstörungen bis hin zu Lähmungen. Die bislang unheilbare, aber mittlerweile behandelbare Krankheit bricht gehäuft zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr aus. In Deutschland leiden rund 200.000 Menschen an MS. Weltweit sind schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen an MS erkrankt.
Roman, Marga und Mareille Sobek-Stiftung
Mit dem Sobek-Forschungspreis der Stiftung aus Renningen, Baden-Württemberg, werden richtungsweisende Leistungen von Wissenschaftlern an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Bereich der Multiplen Sklerose und der dazugehörenden Grundlagenforschung ausgezeichnet. Entscheidungskriterien sind allein Qualität und Exzellenz der Forschungsleistung. Es kann sowohl eine außerordentliche wissenschaftliche Einzel- als auch eine Gesamtleistung gewürdigt werden.
Die Sobek-Stiftung verleiht ihren Forschungspreis auf Vorschlag eines wissenschaftlichen Beirates in Zusammenarbeit mit der AMSEL, Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e.V. und der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. (DMSG). Die Schirmherrschaft für die Preisverleihung hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg.
AMSEL e.V.
Die AMSEL, Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e.V. ist Fachverband, Selbsthilfeorganisation und Interessenvertretung für MS-Kranke in Baden-Württemberg. Die Ziele der AMSEL: MS-Kranke informieren und ihre Lebenssituation nachhaltig verbessern. Der AMSEL-Landesverband hat rund 8.600 Mitglieder und über 60 AMSEL-Gruppen in ganz Baden-Württemberg. Schirmherrin der AMSEL ist seit 1982 Ursula Späth. Mehr unter www.amsel.de.
DMSG, Bundesverband e.V.
1952/1953 als Zusammenschluss medizinischer Fachleute gegründet, vertritt die Belange Multiple Sklerose Erkrankter und organisiert deren sozialmedizinische Nachsorge. Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft mit Bundesverband, 16 Landesverbänden und derzeit 852 örtlichen Kontaktgruppen ist eine starke Gemeinschaft von MS-Erkrankten, ihren Angehörigen, über 4.000 engagierten ehrenamtlichen Helfern und 292 hauptberuflichen Mitarbeitern. Insgesamt hat die DMSG rund 44.000 Mitglieder. Mit ihren umfangreichen Dienstleistungen und Angeboten ist sie heute Selbsthilfe- und Fachverband zugleich, aber auch die Interessenvertretung MS-Erkrankter in Deutschland. Schirmherr des DMSG-Bundesverbandes ist Christian Wulff, Bundespräsident a.D. Weitere Informationen unter www.dmsg.de.