Berlin – Zur verzögerten Beantwortung der Großen Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion “Einführung einer Kopfprämie in der gesetzlichen Krankenversicherung” erklärt die stellvertretende Vorsitzende der SPDBundestagsfraktion Elke Ferner:
Der Bundesregierung ist seit Monaten bekannt, dass der gesetzlichen Krankenversicherung in diesem Jahr rund acht Milliarden Euro zur Deckung ihrer Ausgaben fehlen werden. Trotz des einmaligen Bundeszuschusses von 3,9 Milliarden Euro verbleibt ein Minus von rund 3,1 Milliarden Euro, das allein von den Versicherten aufgebracht werden muss. Die ersten Kassen verlangen von ihren Versicherten Zusatzbeiträge, weitere werden folgen. Während die Bundesregierung sich hinter der Regierungskommission versteckt, bewegt sich die GKV langsam aber sicher in Richtung Finanzkollaps. 2011 werden der GKV nach Koalitionsangaben bis zu 15 Milliarden Euro fehlen. Umgerechnet in Zusatzbeiträge wäre dies eine Zusatzbelastung pro GKV-Mitglied von rund 291 Euro im Jahr.
Außer koalitionsinternem Streit, ob eine Kopfpauschale überhaupt kommen soll, verweigert die Bundesregierung vor der NRW-Wahl jegliche Auskunft darüber, wie das Konzept genau aussehen soll. Einigkeit besteht lediglich darin, dass der Arbeitgeberanteil dauerhaft eingefroren werden soll. Dies ist mindestens so unsozial wie die Kopfprämie selbst. Die Versicherten in der GKV sollen künftig allein für die steigenden Ausgaben aufkommen. Damit wird der breit getragene sozialpolitische Grundkonsens über die Finanzierung des Gesundheitswesens aufgekündigt.
Millionen von GKV-Mitgliedern werden zu Bittstellern und sind auf einen Sozialausgleich angewiesen, damit sie ihre Krankenversicherung künftig überhaupt bezahlen können. Die Herkunft der erforderlichen 20 bis 40 Milliarden Steuermittel bleibt ebenso schleierhaft wie die Abwicklung des sogenannten “automatischen Sozialausgleichs”. Sollte es bei der heutigen Regelung bleiben, dass niemand mehr als 1 Prozent seines Einkommens an Zusatzbeiträgen bezahlen muss, würde das erwartete Defizit der gesetzlichen Krankenkassen in 2011 dazu führen, dass rund 40 Millionen GKV-Mitglieder Anspruch auf den sogenannten Sozialausgleich hätten. Unter den Anspruchsberechtigten wären 94 Prozent aller Rentnerinnen und Rentner.
Auch andere Elemente der von Schwarz-Gelb geplanten Demontage der gesetzlichen Krankenversicherung sollen vor der NRW-Wahl verheimlicht werden. Dazu gehören Überlegungen, einzelne Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung herauszunehmen, die dann ebenfalls von den Versicherten allein finanziert werden sollen. Eine andere Mogelpackung verbirgt sich hinter der sogenannten Mehrkostenregelungen, die ausgeweitet werden soll. Auch hier kommen zusätzliche Kosten auf die Versicherten zu.
Anstatt die Finanzierungsbasis des GKV-Systems zu stärken, in dem seit Jahrzehnten erfolgreich Junge für Alte, Gesunde für Kranke und Besserverdienende für Geringverdienende einstehen, sollen über 70 Millionen Bürgerinnen und Bürger auf eine Reise ins Ungewisse geschickt werden. Klar ist bisher nur eins: die Rechnung für diesen Wahnsinns-Trip geht an die Versicherten.