Berlin – Haben die kürzlich bekannt gewordenen Kuhpockenfälle bei Menschen in Deutschland und Frankreich etwas mit einer Schmuseratten-Zucht in Tschechien zu tun? Gibt es genügend hochqualifizierte Experten für die Bekämpfung von Infektionskrankheiten? Was passiert, wenn eine lebensgefährliche, ansteckende Krankheit eingeschleppt wird? Was fordert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) von einem deutschen Gesundheitsamt? Krankheitsausbrüche, aber auch Maßnahmen zum Infektionsschutz können schnell eine grenzüberschreitende Dimension entwickeln. Der Sachstand beim Infektionsschutz auf europäischer und nationaler Ebene ist Leitthema der aktuellen Ausgabe des Bundesgesundheitsblatts. Die im Buchhandel erhältliche Monatszeitschrift enthält dazu neun Originalbeiträge sowie ein Editorial.
Die internationale Zusammenarbeit, insbesondere auf EU-Ebene, ist für einen effizienten Schutz der Bevölkerung unabdingbar, betont Jörg Hacker, Präsident des Robert Koch-Instituts, anlässlich der Publikation. Beim europäischen Infektionsschutz gibt es eine beachtliche Entwicklung, bis hin zur Gründung des Europäischen Zentrums zur Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) in Stockholm im Jahr 2004, schreibt Gérard Krause im Editorial des Bundesgesundheitsblatts. Krause leitet im Robert Koch-Institut die Abteilung für Infektionsepidemiologie und ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des ECDC. Eine wichtige Aufgabe des RKI ist es, als nationale fachliche Kontaktstelle den Informationsfluss bei Seuchenereignissen sicherzustellen und zu raschen und international abgestimmten Maßnahmen beizutragen.
Der EG-Vertrag verpflichtet die Europäische Union (EU), die Verantwortung der Mitgliedsstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens und für die medizinische Versorgung in vollem Umfang zu wahren. Es ist dennoch im Interesse aller, nationale Infektionsschutzkonzepte so zu gestalten, dass sie kompatibel mit denen benachbarter Staaten sind. Das ist besonders augenfällig in der Influenzapandemieplanung. Haas und Kollegen legen im Bundesgesundheitsblatt dar, worin sich die nationalen Pandemiepläne der EU-Mitgliedsstaaten ähneln und worin sie sich unterscheiden.
Hollmeyer und Kollegen erläutern die Melde- und Auskunftspflichten, die in den internationalen Gesundheitsvorschriften formuliert sind. Die im Jahr 2007 in Kraft getretenen Gesundheitsvorschriften fordern auch konkrete Standards zur Ausstattung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Seit Jahren ist zu beobachten, dass nationale und europäische Public-Health-Institutionen gestärkt und ausgebaut werden – das Robert Koch-Institut im Rahmen des Programms RKI 2010 – während die kommunalen, für den Infektionsschutz zuständigen Behörden einem spürbaren Ressourcenabbau ausgesetzt sind. Aber kein noch so gut ausgestattetes Labornetzwerk, kein noch so lückenloses Surveillancesystem auf nationaler oder internationaler Ebene kann dafür sorgen, dass Kinder geimpft, Infektionsquellen beseitigt, Hygiene trainiert und mutmaßlich infektiöse Personen in Quarantäne genommen werden. Dazu wird qualifiziertes Personal mit moderner Ausstattung benötigt – in jeder Gemeinde der EU.
Weitere Beiträge zum Leitthema sind unter anderem die Ausbildungsprogramme für angewandte Epidemiologie und die Ständige Arbeitsgemeinschaft der Kompetenz- und Behandlungszentren für hochkontagiöse, lebensbedrohliche Erkrankungen.
Weitere Informationen: http://www.bundesgesundheitsblatt.de