Bonn – Entscheidungsträger aus Politik und Selbstverwaltung sollten den Schiedsspruch zu Alkindi® dringend zum Anlass nehmen, um ernsthaft bessere Rahmenbedingungen für die Hersteller pädiatrischer Arzneimittel zu schaffen. Am 4. Juni 2019 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) diesem Kinderarzneimittel mit dem Wirkstoff Hydrocortison zur Behandlung der Nebenniereninsuffizienz keinen Zusatznutzen attestiert. Das lässt für die weitere Entwicklung von Arzneimitteln für Kinder und Jugendliche in Deutschland nichts Gutes befürchten.
Der negative Ausgang der Nutzenbewertung von Alkindi® ist nicht nur eine große Enttäuschung für jeden Hersteller pädiatrischer Arzneimittel, er erschwert und verhindert auch das Bestreben, die Entwicklung und Erforschung von weiteren, speziell für Kinder erprobten Medikamenten, weiterzuverfolgen. In der Konsequenz sind die Leidtragenden die erkrankten Kinder sowie ihre Eltern, die bei der Behandlung ihrer Schützlinge kindgerechte Dosierungen durch Teilen oder Zerbrechen von „Erwachsenenarzneimitteln“ selbst herstellen müssen. Eine wirksame und sichere Therapieoption stellt diese Vorgehensweise nicht dar, sie birgt tatsächlich häufig das Risiko einer Über- bzw. Unterdosierung.
Allen im Gesundheitswesen beteiligten Akteuren sollte es ein wichtiges Anliegen sein, die Therapieoptionen für Kinder zu verbessern und Hersteller von Kinderarzneimitteln bei der Entwicklung und Produktion dieser Präparate zu unterstützen. Nicht nur der G-BA und die dort vertretenen Organisationen, auch der Gesetzgeber sollte dieses Ziel verfolgen. Mit der vereinfachten Markterlaubnis für pädiatrische Nutzung (Paediatric Use Marketing Authorisation – PUMA) unterstützen die Europäische Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) Hersteller von Kinderarzneimitteln. Auf nationaler Ebene begegnen den Herstellern jedoch regulatorische und politische Hürden, die in der Konsequenz auch zu einem Marktaustritt führen können.
„Die Versagung eines Zusatznutzens für Alkindi®, das Hydrocortison zu Behandlung von Nebenniereninsuffizienz in einer neuen, kindgerechten Darreichungsform und Dosierungen zur Verfügung stellt, ist besorgniserregend“, äußert sich Dr. Andreas Franken, Geschäftsführer der IKAM. „Der Hersteller kommt einem bisher unerfüllten medizinischen Bedarf nach, da nun auch Kleinstkinder sicher therapiert werden können. Offenbar interessiert dies die Entscheidungsträger in Politik und Selbstverwaltung nicht“, so Franken.
Die Entscheidung des G-BA, Alkindi® keinen Zusatznutzen zu attestieren, hat Konsequenzen für die Verhandlungen eines Erstattungsbetrages, die auf der Entscheidung des G-BA aufbauen. Auch der GKV-Spitzenverband kann dementsprechend entscheiden, ob er erkrankten Kindern eine kindgerechte Behandlung gewährleisten möchte, indem mit dem Hersteller gemeinsam ein fairer und angemessener Erstattungsbetrag verhandelt wird. Basierend auf der vorangegangenen Entscheidung des G-BA ist derzeit zu befürchten, dass die Chancen des Herstellers, die Entwicklungs- und Herstellungskosten zu decken sowie den Vertrieb wirtschaftlich zu gestalten bzw. zu finanzieren, schlecht stehen.
„Es wäre ein schlechtes Zeichen, wenn der kindgerechte Therapiebedarf in Deutschland zukünftig nicht mehr bedient werden kann. Die IKAM appelliert daher auch an die Politik und die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, Hersteller von Kinderarzneimitteln auf ihrem Weg zu begleiten und zu unterstützen, um die Therapie für erkrankte Kinder zu verbessern. Ein Schulterschluss würde Kindern wie Eltern gleichermaßen helfen. Das sollte das Ziel und das Credo bei der Behandlung von Kindern sein“, so Franken.
Die „Initiative Arzneimittel für Kinder” wurde vom Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) ins Leben gerufen und ist als gemeinnütziger Verein eingetragen.
Träger der Initiative sind Mitglieder aus der Arzneimittelindustrie, der Apothekerschaft, der Forschung sowie der BAH. Unterstützt wird die Vereinsarbeit von einem unabhängigen wissenschaftlichen Beirat.