Köln – Zum Weltwassertag am 22. März rufen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel und UNICEF-Vorsitzende Heide Simonis dazu auf, den ärmsten Menschen der Welt endlich Zugang zu sauberem Wasser zu verschaffen. Mehr als eine Milliarde Menschen haben zu wenig oder kein sauberes Trinkwasser zur Verfügung. Immer mehr Regionen der Erde leiden unter chronischer Wasserknappheit. Der Wassermangel trifft vor allem die Ärmsten. In den Entwicklungsländern sterben jedes Jahr 1,5 Millionen Kinder unter fünf Jahren an Durchfall, weil sie verschmutztes Wasser getrunken haben. “Sauberes Wasser ist in Entwicklungsländern oft ein kaum bezahlbarer Luxus. In den Slums von Guatemala ist Trinkwasser fast fünfmal so teuer wie in den USA. Für viele Kinder in armen Familien ist die schlechte Wasserversorgung ein Todesurteil”, sagte UNICEF-Vorsitzende Heide Simonis. In den Armenvierteln ist Wasser oft besonders teuer. So liegen die Wassertarife in den Slums von Addis Abeba um mehr als das doppelte über den Preisen in den reicheren Stadtvierteln.
Mit dem überdimensionalen Modell einer UNICEF-Handpumpe zeigten Gabriel, Simonis und zwei UNICEF-JuniorBotschafterinnen (Nele Kreutzfeldt und Tabea Czempiel, beide 13 Jahre, aus Berlin) vor dem Berliner Reichstag, dass es einfache Methoden gibt, um die Wasserversorgung für die Ärmsten zu verbessern. Die robuste und kostengünstige Wasserpumpe “India Mark II”, die von UNICEF entwickelt wurde, ging vor genau 30 Jahren in Serienproduktion. Seit 1977 wurden weit mehr als eine Million Pumpen installiert. Eine Handpumpe liefert genügend Wasser für 250 Menschen und wird von den Dorfbewohnern selbst in Stand gehalten. So garantiert sie dauerhaften Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Verschwendung trotz knapper Ressourcen
Nach Berechnungen von UNICEF haben insgesamt 425 Millionen Kinder in Entwicklungs-ländern keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Hinzu kommt der Hygienenotstand: Fast eine Milliarde Mädchen und Jungen leben ohne sanitäre Einrichtungen unter unhygienischen Bedingungen, die ihre Gesundheit stark gefährden. Bevölkerungswachstum und der Klimawandel verschärfen die Probleme.
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen werden bis 2025 fast zwei Milliarden Menschen in Gebieten mit absolutem Wassermangel leben. Trotzdem ist das Hauptproblem in vielen Regionen der Welt nicht so sehr der Mangel an Wasser, sondern der Zugang. Vielfach wird Wasser verschwendet. Durch marode Wasserleitungen gehen große Mengen Trinkwasser verloren. Wie unterschiedlich der Umgang mit dem kostbaren Lebensmittel aussehen kann, verdeutlicht folgender Vergleich: Saudi-Arabien gehört zu den wasserärmsten Ländern der Erde. Trotzdem haben 95 Prozent der dort lebenden Menschen ausreichenden Zugang zu sauberem Trinkwasser. Da das Land äußerst wohlhabend ist, wird der Wassermangel durch Grundwasserbohrungen, Meerwasserentsalzung und Abwasseraufbereitung ausgeglichen.
Ganz anders dagegen in Äthiopien: Dort ist pro Einwohner die fast 16-fache Menge an Wasser vorhanden. Aufgrund der fehlenden Infrastruktur haben jedoch mehr als zwei Drittel der Äthiopier nicht genug Wasser zur Verfügung. Äthiopien ist damit eines der Länder mit der weltweit schlechtesten Wasserversorgung.
Trinkwasser als Luxus – die Ärmsten zahlen die höchsten Preise
Die Ärmsten zahlen die höchsten Preise für sauberes Wasser. In den Slums der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba gibt es keine Wasserleitungen. Rund vier Millionen Menschen sind dort auf Wasser aus öffentlichen Wasserhähnen angewiesen. Für diese notdürftige Ver-sorgung müssen sie teuer bezahlen. In den Slums liegen die Wassertarife mehr als doppelt so hoch wie in den reicheren Stadtvierteln, wo die Haushalte an das Leitungssystem der Stadt angeschlossen sind. Obwohl eine Familie in den Slums im Schnitt nur 10 Liter Wasser pro Tag verbraucht, muss sie dafür rund fünf Prozent ihres Einkommens aufbringen.
Wasser ist in den Slums manchmal teurer als in reichen Industrienationen. Ein durchschnittlicher Haushalt in Washington, USA, verbraucht 72 Kubikmeter Wasser pro Jahr und zahlt dafür rund 350 Dollar. In den Slums von Guatemala kostet die gleiche Menge Wasser umgerechnet 1.700 US-Dollar. In Ghana ist sauberes Trinkwasser für Arme absolut unerschwinglich. Sie müssten abgepacktes Wasser kaufen, das für den Bedarf einer durchschnittlichen Familie monatlich 30 Dollar kosten würde. Das Einkommen liegt aber nur bei 10 bis 20 Dollar im Monat. Auch in Armenvierteln Asiens ist Wasser besonders teuer. In einigen asiatischen Städten müssen Familien, die nicht an das Leitungssystem angeschlossen sind und ihr Wasser deshalb von privaten Verkäufern beziehen müssen, bis zu zehnmal so viel zahlen wie Haushalte in reicheren Wohnvierteln.
Kampf gegen Wasser- und Hygienenotstand braucht mehr Ressourcen
Die internationale Gemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, den Wasser- und Hygienenotstand bis zum Jahr 2015 zu halbieren. In den kommenden Jahren müssen dazu allein über eine Milliarde Slumbewohner mit sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen versorgt werden. Dieses Millenniumsziel kann nur erreicht werden, wenn auch die Regierungen der Entwicklungsländer dafür mehr Ressourcen zur Verfügung stellen. Für die Versorgung der Ärmsten mit einfachen Trinkwasser- und Sanitäranlagen müssen bis 2015 jährlich 11,3 Milliarden Dollar aufgebracht werden. 80 Prozent dieser Mittel werden in Asien und Afrika benötigt.
So hilft UNICEF
UNICEF unterstützt Wasserprojekte sowie Aufklärungsprogramme zur Verbesserung der Hygiene in 90 Entwicklungsländern. In Slumvierteln bringt UNICEF Bewohner und Stadtverwaltung an einen Tisch, um Müll- und Abwasserentsorgung besser zu organisieren. UNICEF fördert Aufklärung, zum Beispiel darüber, dass einfache Hygienemaßnahmen wie Händewaschen mit Seife Durchfallerkrankungen um 40 Prozent reduzieren können. UNICEF unterstützt den Bau von Brunnen, Handpumpen und Wasserleitungen und setzt dabei weiter auf robuste und einfache Techniken.
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