Berlin – Kochsalz bindet Flüssigkeit im Körper – dieses Dogma wankt. Denn eine Arbeitsgruppe um Privatdozent Dr. Jens Titze in Erlangen hat nachweisen können, dass der Körper durchaus größere Mengen an Natrium speichern kann, ohne gleichzeitig Flüssigkeit aufzunehmen.
Tierexperimente haben Dr. Titze und seinen Mitarbeitern den Weg gewiesen: “Wir haben in unseren Versuchen gesehen, dass Tiere ganz beachtliche Mengen an Salz aufnehmen können, ohne gleichzeitig an Gewicht zuzunehmen”, erklärte der Erlanger Wissenschaftler bei der 15. Aachener Diätetik Fortbildung. Eine Gewichtszunahme aber wäre zwangsläufig die Folge, wenn das in Lehrbüchern dargelegte Wissen stimmen würde, wonach Kochsalz Flüssigkeit im Körper bindet und jede Kochsalzaufnahme von einer Flüssigkeitseinlagerung gefolgt wird.
Unsere Haut – auch ein Salzspeicher?
“In der Haut aber kann Kochsalz auch ohne Flüssigkeit eingelagert werden”, berichtete Titze in Aachen. Es gibt dort eine Art Salzspeicher, wie der Forscher zeigen konnte. Wird Kochsalz im Überschuss verzehrt, so ändert sich seinen Angaben zufolge die extrazelluläre Matrix der Haut. Es werden mehr Zuckerstoffe aufgebaut, die maximal negativ geladen sind und Kochsalz einlagern können. “Es scheint sich um eine direkte Antwort des Organismus auf Zeiten einer hohen Kochsalzbelastung zu handeln”, erklärt Titze. Sie lässt sich bei Tieren direkt nachweisen und auch beim Menschen gibt es Hinweise darauf, dass ein solcher Salzspeicher existiert.
Er könnte ein Tribut an unsere Evolution darstellen. Denn mit dem Übergang der Lebewesen aus dem Meer ans Land trat praktisch automatisch ein Salzmangel auf. Es liegt damit nahe zu vermuten, dass die Evolution darauf mit der Entwicklung eines Salzspeichers reagiert hat. “Das aber sind bislang noch Spekulationen”, betonte der Forscher. Noch ist nach seinen Worten unklar, ob dem Salzspeicher in unserer modernen Zeit, in der kein Salzmangel mehr vorherrscht, überhaupt eine Funktion zukommt und ob er möglicherweise den Organismus vor einer Salzüberfrachtung schützt.
An bestimmten Menschengruppen will Titze der Frage nach der Funktion des Salzspeichers nun näher auf den Grund gehen. Geprüft werden soll, welche Bedeutung dem Phänomen bei älteren und alten Menschen zukommt, bei denen es bekanntlich deutliche Verschiebungen des Salz-Wasserhaushaltes gibt. Außerdem soll untersucht werden, wie die Situation bei Dialysepatienten aussieht, die infolge ihrer Nierenerkrankung Salz nur bedingt ausscheiden können.
Berlin, 24. Januar 2008