Düsseldorf – Fünf Jahre nach Aufhebung der Preisbindung in Apotheken findet Wettbewerb beim Verkauf von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten noch immer nur vereinzelt statt. Das ist das Ergebnis von Schmerzmittel-Testkäufen der Verbraucherzentrale NRW in 500 Vorort- und 30 Online-Apotheken. Auf dem Markt freiverkäuflicher Arzneimittel zahlt sich der Wettbewerb noch nicht in Cent und Euro aus. Am ehesten haben internetkundige Verbraucher eine Chance, rezeptfreie Medikamente über Versandapotheken preiswerter zu bekommen, kritisiert Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, die Stagnation auf dem Markt. Apotheker sollten sich schleunigst von ihrer starren und einheitlichen Preisgestaltung verabschieden, die sich an den unverbindlichen Preisempfehlungen der Pharma-Industrie orientiert, fordert Müller: Nur wenn bei freiverkäuflichen Arzneien der Wettbewerb floriert, können Patienten auch von Preissenkungen profitieren.
Seit Januar 2004 ist die Preisbindung bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten in Deutschland aufgehoben. Apotheken können seitdem ihre Preise für dieses Segment selbst festlegen. Im gleichen Atemzug wurden die gesetzlichen Krankenkassen von der Erstattungspflicht für nicht verschreibungspflichtige Medikamente entbunden. Hintergrund der neuen Regeln: Die Preisfreigabe sollte Wettbewerb erzeugen und dadurch Kunden Preisvorteile ermöglichen. Erstmals prüfte die Verbraucherzentrale NRW anhand von fünf gängigen Medikamenten im Juni 2006, inwiefern dieses Kalkül in der Praxis aufgegangen ist, mit ernüchterndem Ergebnis: Bei mehr als 90 Prozent in damals bundesweit 343 Apotheken war Wettbewerb bei freiverkäuflichen Medikamenten ein Fremdwort.
Dieser Sachstand hat sich zweieinhalb Jahre später mit Blick auf eine zweite Stichprobe kaum verändert. Anhand der beiden Schmerzmittel Aspirin und Voltaren untersuchte die Verbraucherzentrale NRW im November 2008 erneut, ob die Freigabe der rezeptfreien Medikamente zu unterschiedlichen Preisen führt. In 500 Präsenzapotheken in 25 NRW-Städten (10,5 Prozent aller Apotheken landesweit) und in 30 Online-Apotheken wurden jeweils Packungen mit 20 Aspirin-Tabletten und 120 Gramm Voltaren-Schmerzgel geordert. Enttäuschendes Ergebnis bei Aspirin: In 404 bzw. 80,8 Prozent der Apotheken entspricht der Preis von 4,97 Euro immer noch der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP). 29 Apotheken rundeten die UVP nur um wenige Cent ab, manche sogar auf. Auch beim Präparat Voltaren orientieren sich die Apotheker mit dem Preis von 12,95 Euro am Tipp der Hersteller. Dass es auch anders geht, zeigt sich bei Apotheken, die die Packung Aspirin zu 2,90 Euro (42 Prozent Ersparnis) und Voltaren zu 6,90 Euro (47 Prozent Ersparnis) unter der unverbindlichen Preisempfehlung anbieten.
Ein positives Beispiel für Preisbewegung am Markt ist Wuppertal: Dort weisen mehr als drei Viertel der Apotheker bei Voltaren unterschiedliche Preise zwischen 7,95 Euro und 12,99 Euro auf. Dagegen sind die Preise beider Schmerzmittel in Alsdorf und Recklinghausen zu hundert Prozent in den untersuchten Apotheker identisch. Besonders auffällig war die Orientierung von Apotheken an der Preisgestaltung der Konkurrenz in der Nachbarschaft. Vor allem bei Discount-Apotheken wurde deutlich, dass ihr Preisniveau einen kostensenkenden Einfluss ausübt. Dass Konkurrenz das Geschäft belebt, zeigt sich hingegen bei 30 untersuchten Online-Apotheken: Aspirin und Voltaren werden in den deutschen Internet-Filialen zwischen fünf und 53 Prozent preisgünstiger angeboten als von den Herstellern empfohlen. Selbst wenn man die Versandkosten zwischen 2,90 Euro und 6,00 Euro hinzuaddiert, toppen lediglich zwei Internetanbieter den üblichen Preis, der in den örtlichen Apotheken verlangt wird. Allerdings haperts bei einigen Anbietern im Netz noch bei den Bestell- und Versandmodalitäten. Apotheken setzen offenbar auch fünf Jahre nach dem Wegfall der Preisbindungsfrist weiter auf die alte Festpreisregel und ignorieren den Wettbewerb, auf den Patienten angesichts von Kostensteigerungen auf dem Gesundheitsmarkt dringend angewiesen sind, fordert der NRW-Verbraucherzentralenvorstand, dass die Preisgestaltung endlich in Gang kommt. Patienten, die auf nicht verschreibungspflichtige Medikamente angewiesen sind, sollten beim Apotheker nicht nur nach Risiken und Nebenwirkungen, sondern auch nach dem Preis fragen und diesen mit anderen Angeboten vergleichen.
Die Untersuchung zu rezeptfreien Medikamenten in Apotheken wurde mit finanzieller Unterstützung des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Den 32-seitigen Untersuchungsbericht Apotheken-Check 2008. Preisvergleich nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gibts als kostenlosen Download im Internet unter http://www.vz-nrw.de