Stuttgart – Über 2.700 Apotheken in Stadt und Land sind am Mittwoch dieser Woche (12.9.) zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. „Wir gehen von einer hohen Beteiligung der niedergelassenen Apotheken aus. Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg ist in 22 Regionen unterteilt. Aus allen Landesteilen werden nur vereinzelt Apotheken gemeldet, die sich nicht an dem Warnstreik beteiligen können oder wollen. Wir rechnen also damit, dass sehr viele Apotheken in Baden-Württemberg am Mittwoch im Ausnahmezustand sein werden“, fasst LAV-Präsident Fritz Becker die Situation zusammen.
Alle Apotheken in Baden-Württemberg sind aufgerufen, am Warnstreiktag die Arzneimittelabgabe nur über die Notdienstklappe abzuwickeln und die Kunden zusätzlich über die Hintergründe der Streikmaßnahme zu informieren. Erfahrungen der punktuellen Warnstreiks der letzten Woche haben gezeigt, dass die Kunden trotz der eingeschränkten Versorgung durch die Notdienstklappe alle nötigen Medikamente bekommen. Auf die Wartezeiten reagierten die meisten gelassen und viele Patienten erklärten sich mit der Forderung nach angemessenem Honorar solidarisch.
Die Apothekerschaft protestiert in Baden-Württemberg und zeitgleich auch landesweit im Saarland und in Rheinlad-Pfalz für eine gerechte Honorierung. Seit 2004 erhalten die Apotheker für die Abgabe eines Arzneimittels zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ein Fixhonorar von 8,10 Euro plus 3 Prozent des Einkaufspreises des Arzneimittels. „Davon wird uns von den gesetzlichen Krankenkassen aber ein Zwangsrabatt wieder abgezogen. Im Moment bezahlt der Apotheker bei jedem GKV-Medikament 2,05 Euro an die Kassen zurück“, erklärt der LAV-Chef. Insgesamt wurden die Apotheker durch die letzte Gesundheitsreform AMNOG (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz) im Jahr 2011 und 2012 mit jeweils rund 400 Millionen Euro belastet, um dem Gesundheitssystem Geld zuzuführen. „Diese Belastung war eindeutig als Sonderopfer der Apotheken ausgewiesen worden. Mittlerweile wissen wir, dass erhebliche finanzielle Überschüsse bei den Krankenkassen aufgelaufen sind. Dadurch hat das Gesundheitssystem wieder einen Gestaltungsspielraum, so dass unsere Forderung nach einer gerechten Entlohnung für unsere umfassende Versorgung der Bevölkerung umsetzbar ist“, so Becker.
„Die Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln, die der Arzt verordnet, erfolgt schon lange nicht mehr kostendeckend – und auch bei der Herstellung von Rezepturen oder beim Nacht- und Notdienst zahlen die Apotheken seit Jahren drauf“, erklärt der Verbandschef weiter. „Es hat sich großer Unmut über die unzureichende Honorierung angestaut. Und das indiskutable Angebot von 25 Cent mehr pro Packung war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.“ Je nachdem, wie die anstehenden Gespräche mit dem Bundeswirtschaftministerium in dieser Woche verlaufen, schließt der LAV auch eine weitere Ausdehnung der Streikmaßnahmen nicht aus.
Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg e. V. setzt sich für die unabhängige Beratung von Patienten, Gesundheitsprävention und die sichere Abgabe von Arzneimitteln ein. In Baden-Württemberg gibt es rund 2.700 öffentliche Apotheken. Der Verband vertritt die wirtschaftlichen und politischen Interessen seiner Mitglieder. Um das Wohl der Patienten kümmern sich im Land neben den approbierten Apothekerinnen und Apothekern auch rund 15.000 Fachangestellte, überwiegend Frauen, in Voll- oder Teilzeit.
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