Berlin – Als Ergebnis der heutigen Sitzung des Gesundheitsausschusses erklären der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Daniel BAHR und der pflegepolitische Sprecher der FDP-Bundestags-fraktion Heinz LANFERMANN:
Die Koalition geht äußerst leichtfertig mit den rechtlichen Bedenken um, die von allen Seiten immer wieder vorgebracht werden. Das hat sich auch heute im Gesundheitsausschuss wieder gezeigt. Auf Wunsch der FDP waren Vertreter des Bundesjustizministeriums, des Bundesinnen-ministeriums und des Bundeswirtschaftsministeriums anwesend. Leider war die Bereitschaft nicht sehr groß, sich mit den vorgebrachten Argumenten ernsthaft auseinander zu setzen. Aus verfassungsrechtlicher Sicht sind insbesondere folgende Regelungen anzugreifen: – die Anwendung des Insolvenzrechts für die gesetzliche Krankenversicherung. Dadurch sucht der Bund sich seiner verfassungsrechtlichen Funktionsgewährleistungsverantwortung zu entziehen. Völlig offen ist auch, in welchem Verhältnis Insolvenzrecht und Sozialrecht zueinander stehen. – die Errichtung eines Spitzenverbandes Bund sowie die Umwandlung der Bundesverbände in Gesellschaften bürgerlichen Rechts. – die für Bestandsversicherte nachträglich einzuführende Portabilität der Alterungsrückstellung wird als ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes gem. Art. 14 GG angesehen. – die Quersubventionierungen zwischen Basistarif und den anderen privaten Tarifen wird als ein verfassungswidriger Eingriff in bestehende Verträge und ein nicht zulässiger Eingriff in die Unternehmensfreiheit angesehen. – die Verpflichtung der privaten Versicherungsunternehmen, Nichtversicherte jederzeit ohne Beschränkungen in den Basistarif aufzunehmen, wird als ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Vertragsfreiheit eingestuft. – über den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen wird für PKV-Versicherte eine verfassungswidrige Behandlungspflicht geschaffen, die als Verstoß gegen das Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit eingestuft wird. – ein Zuschuss aus Steuermitteln für die Krankheitskosten allein der GKV-versicherten Kinder im Hinblick auf das Gleichbehandlungs-gebot ist ebenfalls verfassungsrechtlich äußerst bedenklich. Aus europarechtlicher Sicht muss im Vorfeld beantwortet werden, ob die gesetzlichen Krankenkassen durch die Annäherung von GKV und PKV zumindest in Teilbereichen zu Unternehmen werden. Man kann das wollen. Man muss es dann aber auch richtig machen und sich der Konsequenzen bewusst sein, so z. B. dass die gesetzlichen Krankenkassen dann umsatzsteuerpflichtig werden. Aus kartellrechtlicher Sicht sind dringend Änderungen notwendig, um den erforderlichen Ordnungsrahmen für ein stärker wettbewerblich ausgerichtetes Handeln zu schaffen und zu verhindern, dass es zu marktbeherrschenden Machtkonzentrationen kommt. Größte wettbewerbsrechtliche Bedenken bestehen auch im Hinblick auf die Ermöglichung des erweiterten wirtschaftlichen Handelns für die Krankenkassen z. B. bei Rabattverträgen mit pharmazeutischen Herstellern sowie den Ausschreibungen für Hilfsmittel, aber auch bzgl. der freieren Vertragsgestaltungen im ambulanten Bereich. Wir nehmen deshalb den Vizevorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion Wolfgang Bosbach in die Pflicht, seine Ankündigung wahr zu machen, all diese Punkte sehr sorgfältig und ernsthaft zu beachten. Die relevanten Ministerien müssen schleunigst noch einmal nacharbeiten.