Berlin – 2007 haben die Arzneimittelrabattverträge mehr Kosten als Einsparungen generiert. Sie müssen auch daher schnellstmöglich abgeschafft werden! Mit dieser Forderung trat Peter Schmidt, Geschäftsführer des Branchenverbandes Pro Generika, bei der Vorstellung der Marktdaten 2007/2008 am in Berlin an die Öffentlichkeit.
Schmidt bezog sich dabei insbesondere auf Berechnungen des unabhängigen Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES). Dieses hatte die Einsparungen aller gesetzlichen Krankenkassen durch Rabattverträge für das Jahr 2007 mit insgesamt 89 Millionen Euro beziffert. Laut IGES handelt es sich dabei um den Bruttoeinsparungsbetrag, der um die Einnahmeausfälle bereinigt ist, die Krankenkassen durch den Erlass bzw. die Ermäßigung von Zuzahlungen auf Rabattvertragsarzneimittel verzeichneten. IGES zufolge hätte die gesamte GKV durch Rabattverträge also ganze 1,37 Prozent der 6,5 Milliarden Euro zusätzlich eingespart, um die sie im Vorjahr deshalb entlastet wurde, weil statt der teureren Erstanbieterprodukte preisgünstige Generika von den Ärzten verordnet und in den Apotheken abgegeben wurden.
Betriebswirtswirtschaftlich gesehen lässt sich aber noch nicht einmal die niedrige vom IGES genannte Summe halten, betonte Schmidt. Um den Nettoeinsparbetrag zu ermitteln, seien von den 89 Millionen Euro nämlich die Transaktionskosten abzuziehen, die den Krankenkassen im Zusammenhang mit den Rabattverträgen erwüchsen. Über diese Kosten breiten die Kassen aber wohlweislich den Mantel des Schweigens, so Schmidt weiter.
Völlig unberücksichtigt blieben überdies die Kosten, die bei den anderen Akteuren in der Wertschöpfungskette Arzneimittel wegen der Vorbereitung bzw. Umsetzung von Rabattverträgen anfielen. Allein die Apotheken veranschlagten den Mehraufwand, den sie 2007 leisten mussten, um die Rabattverträge mit Leben zu erfüllen, auf mehrere hundert Millionen Euro. Hinzu kämen die hohen Transaktionskosten der pharmazeutischen Unternehmen. Nach überschlägigen Berechnungen unserer Mitgliedsfirmen haben sie z.B. zwischen 15 Millionen Euro und 25 Millionen Euro aufgewandt, um ihre Angebote für die aktuelle AOK-Ausschreibung zu erstellen, betonte Schmidt. Diesen immensen Aufwand mussten die Hersteller treiben, um Angebote abzugeben, die den außerordentlich komplexen Vergabebedingungen genügten. Im Klartext: Einem Hersteller, der nicht schon an den extrem hohen formalen Hürden dieser Ausschreibung scheitern wollte, blieb keine andere Wahl, als sich auf eine Ressourcen verschlingende Bürokratie pur einzulassen. Nicht von ungefähr haben von den 114 pharmazeutischen Unternehmen, die die Vergabeunterlagen bei der AOK angefordert haben, lediglich 68 Angebote abgegeben. Das Risiko, trotz eines hohen Mitteleinsatzes am Ende mit leeren Händen dazustehen, dürfte potenzielle mittelständische Bieter davon abgehalten haben, bei der Ausschreibung mitzumachen, kommentierte Schmidt.
Zudem befürchten viele Ärzte und Apotheker, dass die Umstellung vom gewohnten Medikament auf ein wirkstoffgleiches Rabattvertragsarzneimittel zu erheblichen Problemen bei der Therapietreue der Patienten führt. Genau das wird ab 1. März 2009, dem Tag des Inkrafttretens der neuen AOK-Rabattverträge, wieder millionenfach geschehen, erläuterte Schmidt. Nach Berechnungen der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände schlagen die Kosten unzulänglicher Therapietreue in Deutschland derzeit jährlich mit vermeidbaren Mehraufwendungen von 10 Milliarden Euro zu Buche. Denn die Verschlimmerung von Erkrankungen und das Auftreten von Folgeerkrankungen lösen einen erhöhten Behandlungsbedarf aus. Bislang sind die Kassen eine valide und repräsentative Studie schuldig geblieben, die die Auswirkungen der Rabattverträge auf die Compliance untersucht, kritisierte Schmidt.
Für ihn ist das Resümee gleichwohl klar: Man muss wohl davon ausgehen, dass Rabattverträge das ohnehin bestehende Therapietreuedefizit erhöhen. Damit ist eine Steigerung der Behandlungskosten vorprogrammiert, die die Einnahmen aus Rabattverträgen zumindest partiell oder sogar ganz aufzehrt, womöglich sogar übertrifft. Rabattverträge sind also für die Krankenkassen, die Beitragszahler und die Patienten ein schlechtes Geschäft. Sie alle zahlen letztlich drauf. Damit haben Rabattverträge eindeutig bewiesen, dass sie ein völlig untaugliches Steuerungsinstrument sind. Und da gibt es nur eine Konsequenz: Sie müssen weg! Je schneller, desto besser.