Friedrichsdorf – Die Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Generikaherstellern führen zu Einsparungen im deutschen Gesundheitswesen. Doch sie haben auch ihre Schattenseiten: Die Versorgung der Patienten und Verbraucher droht bürokratischer und schwerfälliger zu werden. Eine Impulsumfrage des Pharmaunternehmens AxiCorp, bei der Mitte Juli einhundert Apotheker befragt wurden, zeigt, welche neuen Probleme im Versorgungsalltag gelöst werden müssen.
Die Rabattverträge haben die betroffenen Patienten bislang nicht erreicht. 91 Prozent der befragten Apotheker gaben an, ihre Kunden reagierten mit Unzufriedenheit auf die obligatorische Umstellung auf neue Präparate. 60 Prozent berichteten von erheblichem Erklärungsbedarf bei den Patienten – mit entsprechenden Folgen für den Apothekenalltag. Regelrecht alarmierend: Jeder dritte Apotheker berichtete über ernst zu nehmende therapeutische Probleme im Zusammenhang mit den Rabattverträgen. Bereits in der Vergangenheit hatte es immer wieder Berichte gegeben, dass Patienten die für sie neuen Arzneimittel nicht mehr regelmäßig oder überhaupt nicht mehr einnehmen. Eine Möglichkeit, ihre oft über Jahre gewohnten Produkte gegen Aufzahlung des Differenzbetrages zu erhalten, besteht derzeit nicht.
Längere Wartezeiten Trotz der Bemühungen, mit den Verträgen der Kassen Schritt zu halten, hat sich die Versorgungssituation in den deutschen Apotheken verschlechtert: Während früher 59 Prozent der Apotheken den Patienten viele Arzneimittel sofort mitgeben konnten, ist diese Quote auf Grund der Aufsplitterung in die verschiedenen Rabattlinien auf 15 Prozent zurückgegangen. Dagegen ist der Anteil derjenigen Apotheker, die eigenem Bekunden zufolge nur wenige Produkte sofort vorrätig haben, von 4 auf 28 Prozent angestiegen. Für die Patienten bedeutet dies eine längere Wartezeit, was sich vor allem bei kurzfristig benötigten Arzneimitteln wie Antibiotika negativ auf den Therapieerfolg auswirken kann.
Lieferprobleme sind häufig Anders als von Kassen und Herstellern wiederholt dargestellt, kommen Lieferschwierigkeiten immer noch häufig vor. Zwei Drittel der Apotheker gaben an, dass Rabattarzneimittel auch zum Zeitpunkt der Befragung häufig nicht lieferbar seien. Ein weiteres Drittel gab an, Lieferprobleme kämen gelegentlich vor. Drei von vier Apothekern haben daher in der Vergangenheit mehr als einmal die zwischen Deutschem Apothekerverband und den Kassen ausgehandelte Friedenspflicht ausgenutzt, um ihren Patienten Zugeständnisse zu machen. Jeder dritte Apotheker hat dies bereits häufiger getan – und damit die individuellen Bedürfnisse des Patienten bei der Therapie berücksichtigt.
Konstruktive Unterstützung Die Apotheken versuchen, die Rabattverträge nicht nur so gut es geht, sondern so konstruktiv wie möglich zu unterstützen: 98 Prozent bevorraten sich mittlerweile mit Rabattarzneimitteln, um ihre Kunden sofort beliefern zu können; mehr als die Hälfte sogar in großem Umfang. Noch immer fühlen sich jedoch auch zahlreiche Apotheker im Alltag mit den Rabattregelungen überfordert. Während jeder vierte Pharmazeut sich und seine Mitarbeiter für sicher im Umgang mit den Bestimmungen hält, treten bei zwei Dritteln offene Fragen beim Zusammenspiel der verschiedenen Abgaberegelungen auf. 11 Prozent fühlen sich nach wie vor absolut unsicher.
Einsparungen fraglich Die Bilanz der Apotheker sieht ernüchternd aus. Drei von vier Befragten denken zwar, dass die Vereinbarungen zwischen Kassen und Herstellern die Generikalandschaft in Deutschland nachhaltig verändern werden, doch nur ein Drittel glaubt, dass die Kassen von signifikanten Einsparungen profitieren werden. 85 Prozent der Befragten beurteilen die Rabattverträge als intransparent.
Bessere Alternativen 95 Prozent bemängeln, dass die Rabattverträge eine Straffung des Warenlagers in der Apotheke unmöglich machen. Ebenso viele sind der Meinung, dass Apotheken und Großhändler als diejenigen, die den logistischen und organisatorischen Mehraufwand schultern, für ihre Tätigkeit im Rahmen der Rabattverträge honoriert werden sollten. 79 Prozent sind jedoch klar der Meinung, dass die Rabattverträge durch alternative Maßnahmen wie Zielpreisvereinbarungen ersetzt werden sollten.