Berlin – Anlässlich der heute stattfindenden Tagung des Nationalen Ethikrates zum Umgang mit Depression und Hyperaktivität erklärt Dr. Harald Terpe, drogen- und suchtpolitischer Sprecher:
Die Medikamentenverschreibung zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefiziten und Hyperaktivität (ADHS) bei Kindern und Jugendlichen hat in den letzten Jahren rapide zugenommen. Bei einem Drittel der Kinder erfolgt die Behandlung mit Tabletten zudem ohne jede begleitende psychotherapeutische Behandlung.
Die Bundesregierung unterschätzt dieses Problem, wie ihre Antwort auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion zeigt. Studien zu den Langzeitfolgen einer medikamentösen Behandlung hält die Bundesregierung ebenfalls nicht für notwendig. Sie verschließt auch die Augen davor, dass ein hoher Anteil der Verordnungen durch Ärzte erfolgt, die weder über eine kinderärztliche noch kinder- und jugendpsychiatrische Ausbildung verfügen. Medikamente zur Behandlung von ADHS werden weiterhin auch Kindern unter sechs Jahren verschrieben, für die sie gar nicht zugelassen sind. Zudem zeigt der hohe Anteil an medikamentösen Therapien ohne psychotherapeutische Begleitung, dass die Einnahme von Tabletten nicht als Ultima ratio, sondern als gleichwertige Therapieform akzeptiert wird.
Die Verordnung von Medikamenten darf nicht dazu führen, Kinder und Jugendliche ruhig zu stellen, um unerwünschtes Verhalten zu unterdrücken. Sie darf auch nicht erfolgen, weil andere Therapieformen aufwendiger und kostenintensiver sind. Der Umgang mit ADHS sollte daher nicht Broschüren und Beipackzetteln überlassen bleiben.