Hamburg – Scharfe Kritik übt der Berufsverband Niedergelassener Chirurgen (BNC) am aktuell vom GKV-Spitzenverband präsentierten Prognos-Gutachten. Unter Berufung auf das Gutachten fordert der GKV-Spitzenverband eine zentral gesteuerte Umverteilung der niedergelassenen Ärzte in Deutschland und den Abbau von bis zu 12.000 Arztsitzen. BNC-Präsident Dr. Dieter Haack erklärte hierzu: Der GKV-Spitzenverband will, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen in Gebieten mit hoher Arztdichte Arztsitze aufkaufen und stilllegen. Dies führt aber nicht automatisch dazu, dass sich mehr Ärzte in unterversorgten Regionen niederlassen! Bedarfsplanung ist komplexer als es das vom GKV-Spitzenverband beauftragte Gutachten suggeriert: Man muss beispielsweise berücksichtigen, dass täglich tausende Pendler in die Großstädte fahren und nach der Arbeit dort den Arzt ihrer Wahl aufsuchen, sagte Haack.
Der BNC-Präsident kritisierte außerdem die wirklichkeitsfremde pauschale Unterscheidung der Ärzte nach Fachgruppen: Es gibt keine homogene Gruppe der Chirurgen, sondern OP-Spezialisten, die in Operationszentren komplexe stationsersetzende Eingriffe vornehmen und gleichzeitig Kollegen, die an der Basis arbeiten und vorwiegend konservativ arbeiten beispielsweise Arbeits- und Schulunfälle versorgen. Dieser Vielfalt wird das Prognos-Gutachten nicht gerecht: Die Daten sind oberflächlich und tendenziös. Wenn ich mit der linken Hand auf eine heiße Herdplatte fasse und mit der rechten auf eine eiskalte, dann empfinde ich statistisch gesehen eine angenehme Temperatur. Mit der Realität hat es allerdings nichts zu tun!, sagte Haack. Sinnvoll wäre eine kleinräumige Betrachtung mit Unterscheidung der Spezialisierung der jeweiligen Fachgruppe. Damit hätte man die Versorgung und den Versorgungsbedarf realistisch abbilden können doch das war wohl kaum das Ziel des GKV-Spitzenverbandes!
Der BNC ist der Berufsverband der freiberuflichen Chirurgen in Deutschland, deren Interessen er durch einen Bundesvorstand sowie 25 regionale Landesverbände (ANC) vertritt. Er engagiert sich für die Aus- und Weiterbildung seiner Mitglieder und setzt sich für eine Förderung der ambulanten chirurgischen Behandlung sowie des interdisziplinären Austauschs ein. Der Verband führt hierzu auf Bundesebene den Dialog mit Politikern, Krankenkassen, Wirtschaft und anderen Berufsverbänden.