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Prof. Fritz Beske: „Ohne Priorisierung drohen GKV-Beiträge von bis zu 43 Prozent“

Pressemitteilung zum 12. Bundeskongress der niedergelassenen Chirurgen

Hamburg – Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter von heute 50 Millionen auf 35 Millionen sinken, gleichzeitig wird es zehn Millionen mehr Hochbetagte geben als heute – und auch entsprechend mehr altersbedingte Erkrankungen und Gesundheitskosten. Dieses beunruhigende demographische Szenario zeichnete Professor Fritz Beske vom Kieler Institut für Gesundheits-System-Forschung am 6. März 2010 beim 12. Bundeskongress der niedergelassenen Chirurgen in Nürnberg. „2050 wird ein Erwerbstätiger für einen Rentner aufkommen müssen“, rechnete Beske vor. Bei unverändertem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und einem bzw. zwei Prozent Kostensteigerung infolge des medizinischen Fortschritts müssten die GKV-Beiträge folglich auf 27 bzw. 43 Prozent steigen.

Der renommierte Gesundheitsökonom – selbst mittlerweile 87 Jahre alt – forderte, den GKV-Leistungskatalog endlich an die verfügbaren Finanzmittel anzupassen und wieder an den Vorgaben des Sozialgesetzbuchs auszurichten: „Eine Behandlung zu Lasten der GKV muss ausreichend, notwendig, wirtschaftlich und zweckmäßig sein. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten über unsere Verhältnisse gelebt und müssen endlich aufhören, den Versicherten mehr zu versprechen als tatsächlich möglich ist.“ Eine Möglichkeit zur Umkehr sah Beske in der Priorisierung ärztlicher Leistungen und damit Festlegung der Reihenfolge von Behandlungen nach Wertigkeit. Die Erarbeitung entsprechender Priorisierungslisten sei eine ärztliche Aufgabe, der Anstoß hierfür müsse allerdings primär aus der Politik kommen, betonte Beske.

Neben der Priorisierung ist die Förderung ambulanter Operationen eine Möglichkeit, das Wirtschaftlichkeitsgebot des Sozialgesetzbuchs einzuhalten – auch in einer alternden Bevölkerung: „Das Lebensalter als solches ist kein Grund, einem Patienten von einer ambulanten Operation abzuraten“, erklärte Elmar Mertens vom Berufsverband Deutscher Anästhesisten (BDA). Dies gelte sowohl für die Operation als auch für die Narkose. Der allgemeine Gesundheitszustand sei nicht zwingend an ein bestimmtes Alter gebunden: „Ich habe weniger Bedenken gegenüber einer ambulanten Narkose bei einem alten als bei einem 4x40er-Patienten: 40 Jahre alt, 40 Zigaretten pro Tag, ein BMI von 40 und außerstande, 40 Treppenstufen zu gehen“, sagte Mertens. Dr. Klaus Bäcker von der Münchener Firma Medicaltex, die niedergelassene Operateure bei der Qualitätssicherung unterstützt, berichtete, dass bei ambulanten Eingriffen an über 74-Jährigen zwar häufiger leichte und beherrschbare Komplikationen auftreten. „Im Aufwachraum aber klagen Patienten dieser Altersgruppe seltener über Wundschmerz, Übelkeit oder Kreislaufprobleme.“ Und auch Probleme bei der häuslichen Nachbetreuung träten häufiger bei jüngeren als bei älteren Patienten auf.

Der BNC-Jahreskongress ist für niedergelassene Chirurgen das zentrale Ereignis für die politische und fachliche Weiterbildung. In diesem Jahr beteiligten sich erstmals auch der Bundesverband Ambulantes Operieren (BAO) und die Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW) an der Programmgestaltung. Der BNC ist der Berufsverband freiberuflicher Chirurgen, deren Interessen er durch einen Bundesvorstand sowie 25 regionale Landesverbände (ANC) vertritt. Er engagiert sich für die Weiterbildung seiner Mitglieder, die Förderung der ambulanten chirurgischen Behandlung und den interdisziplinären Austausch. Der Verband führt hierzu auf Bundesebene den Dialog mit Politikern, Krankenkassen und Wirtschaft. Über seine Homepage bietet der Verband außerdem eine Suchfunktion an, über die Patienten nach einem spezialisierten niedergelassenen Chirurgen in ihrer Nähe suchen können: http://www.chirurgen-suche.de.