Berlin – Laut Prognose des Schätzerkreises für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) droht dem Gesundheitsfonds und damit den Krankenkassen 2010 ein Defizit von etwa 7,5 Milliarden Euro. Die demnächst aus ihrem Amt scheidende Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt forderte in ihrer gestrigen Pressekonferenz, dieser Entwicklung mit gesetzlichen Maßnahmen zur Kostendämpfung bei den Arzneimittelausgaben entgegenzutreten. Der Pharmaindustrie gehe es gut, sie solle deshalb zur Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Kasse gebeten werden.
Peter Schmidt, Geschäftsführer des Industrieverbandes Pro Generika, nimmt zu diesem Vorschlag wie folgt Stellung: Niemand aus der Branche hat von Ulla Schmidt etwas anderes erwartet, als wieder einmal danach zu rufen, die gesetzliche Einsparkeule gegen alle pharmazeutischen Unternehmen zu schwingen. Die Generikahersteller haben sich in den acht Jahren ihrer Amtszeit nämlich fast daran gewöhnt, dass die Ministerin ihre spürbaren und nachhaltigen Beiträge zur Entlastung der GKV-Arzneimittelausgaben schlichtweg negiert. Nach Listenpreisen werden Generika den Krankenkassen 2009 Einsparungen von etwa 7,7 Milliarden Euro bescheren. Schon das ist kein Pappenstiel. Hinzu kommen die Einsparungen aus Arzneimittelrabattverträgen. Unter dem Strich entlasten Generika die GKV im laufenden Jahr um rund 0,8 Beitragssatzpunkte. Nach ihren Erfahrungen nimmt es die Generikaindustrie nicht Wunder, dass Ulla Schmidt ihr andichtet, der Branche gehe es gut. Die Wahrheit sieht ganz anders aus: In der Ära von Ulla Schmidt sind die Generikahersteller in einen Würgegriff von Dirigismus und Rabattverträgen genommen worden. Das einzige Ziel dieser Attacke: Tiefstpreise für Generika. Manch eine Tablette gegen eine der chronischen Volkskrankheiten kostet zum Herstellerabgabepreis inzwischen weniger als ein Gummibärchen.
Dabei hat die Politik den Bogen überspannt. Der seit jeher intensive Wettbewerb im Generikamarkt ist zum reinen Preiswettbewerb degeneriert, der zu Lasten der Versorgungsqualität geht. Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Industrie ist massiv und ernsthaft gefährdet. Konsequenzen für die Produktpolitik der Unternehmen: drastische Verschmälerung der Generikapalette, Verzicht auf kostenträchtige Verbesserungen patentfreier Arzneimittel (generische Innovationen), Einstellung der extrem teuren Entwicklung weiterer Biosimilars.
Zudem steht eine Oligopolisierung auf der Industrieseite ins Haus, der der unabhängige pharmazeutische Mittelstand bereits mittelfristig zum Opfer fallen wird. Dieses Oligopol wird den Krankenkassen über kurz oder lang die Preise diktieren. Entlastungen durch Generika in der jetzigen Höhe sind dann Schnee von gestern. Schließlich steht der Generikastandort Deutschland auf dem Spiel. Die Weiterführung der im Kern generikafeindlichen Politik von Ulla Schmidt erzwänge betriebswirtschaftlich geradezu den Transfer von Wissen, Arbeitsplätzen und Produktionsmitteln nach Billigstandorten. Nach alledem stellen die Generikahersteller zwei zentrale Forderungen an die neue Koalition:
– Ein etwaiges Arzneimittelsparpaket muss den Generikamarkt ausklammern. – Arzneimittelrabattverträge, Zielpreisvereinbarungen und die Zuzahlungsfreistellung unterminieren die Leistungsfähigkeit der Generikaindustrie und müssen deshalb wieder aus dem Katalog der Steuerungsinstrumente gestrichen werden.