Berlin – Heute hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Kriterien des so genannten Bestandsmarktaufrufes zur Nutzenbewertung vorgestellt und sofort zur Anwendung gebracht. Dazu erklären die Herstellerverbände der Pharma-Industrie BAH, BPI, Pro Generika und vfa:
„Der Bestandsmarktaufruf ist im Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) als Möglichkeit vorgesehen. Dennoch überrascht der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Methodik sowie deren sofortige Anwendung: Der G-BA hatte einen fachlichen Dialog mit der Industrie in Aussicht gestellt, der eine Diskussion der Methodik und des Procedere im Vorfeld des konkreten Aufrufes zum Bestandsmarkt gewährleisten sollte. Entgegen dieser Zusage ist die Industrie bei der Entwicklung des Konzeptes zum Bestandsmarktaufruf bislang an keiner Stelle beteiligt gewesen. Die sofortige Anwendung der Methode erschwert die zugesagte wissenschaftliche Diskussion, die wir dennoch weiterhin für notwendig ansehen. Dies ist insbesondere deshalb sinnvoll, weil die Industrie den Großteil der Lasten tragen und in sehr kurzer Zeit umfangreiche Dossiers erstellen muss. Dieses Vorgehen steht im Widerspruch zu einem von Partnerschaftlichkeit und Kooperation geprägten Verständnis, das es für eine Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems braucht. Zudem ist die Eile hinsichtlich des Bestandsmarktaufrufes nicht notwendig: Ein Monat Beratung mit den betroffenen Herstellerverbänden hätte die Bestandsmarktsbewertung nicht wesentlich verzögert.
Aus Sicht der Herstellerverbände muss daher das Vorgehen des G-BA dringend überdacht werden. Die Entwicklung eines Aufruf-Algorithmus für den Bestandsmarkt ist in der Sache hochkomplex. Eine konstruktiver Dialog unter Einbeziehung der Industrie könnte die Rechtssicherheit, die Akzeptanz und die Umsetzung des Konzeptes für alle Beteiligten erhöhen.
Bereits bei erster Durchsicht lässt auch die Methodik als solche Zweifel aufkommen: Die Rangfolge der aufzurufenden Wirkstoffe wird auf Grundlage von Umsatz– und Absatzprognosen ermittelt. Dabei wird von einem Modell ausgegangen, das Unterschiede in der Umsatz- und Absatzentwicklung zwischen Arzneimittelgruppen ignoriert.
Einen weiteren Punkt gilt es zu bedenken: Gerade rückwirkende Eingriffe in den Arzneimittelmarkt sind heikel. Denn jeder nachträgliche Eingriff in den Markt kann zu Wettbewerbsverzerrung und zur Diskrimierung einzelner Produkte oder Unternehmen führen.
Insofern ist ein fachlicher Dialog über Konzept und Methodik des Bestandsmarktaufrufes unbedingt erforderlich. Er bietet dem G-BA auch die Chance, die gewählte Methodik zu überprüfen und die versorgungspolitische und (wettbewerbs-) rechtliche Tragweite seiner Vorgaben besser zu beurteilen. Jede neue Methodik muss sich einem Praxischeck unterziehen lassen, bevor sie in der Breite umgesetzt wird. Für diesen Austausch bietet die pharmazeutische Industrie ihre Expertise an.“