Berlin – Das Bundeskabinett hat heute den Gesetzentwurf zur Reform der Pflegeversicherung beschlossen. Dazu erklärt der Pflegexperte der Fraktion DIE LINKE, Ilja Seifert:
Dass die Gesundheitsministerin beim ursprünglich geplanten zweiwöchigen bezahlten Pflegeurlaub dem Druck der Union nachgegeben und den Rückwärtsgang eingelegt hat, ist nur ein Beispiel für den Kleinmut, mit dem die Reform der Pflegeversicherung von der Bundesregierung angegangen wird.
Von den im Koalitionsvertrag gemachten Zusagen ist im jetzt vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf so gut wie nichts übriggeblieben. Die soziale Diskriminierung Pflegebedürftiger wird fortgesetzt. Weder kommt es zur Einbeziehung der privaten in die gesetzliche Pflegeversicherung, noch werden durch einen modernen Pflegebegriff der Teilhabeanspruch und die Assistenzfunktion neu geregelt.
Die Bundesregierung verfolgt bei der Reform vor allem ein Ziel: Sie will die Ausgaben für Betreuung und Pflege niedrig halten. Zahlen sollen stattdessen die Familien. Dass unter dieser Prämisse eine wirkliche Reform gar nicht möglich ist, liegt auf der Hand.
Gegeizt wird an allen Ecken und Enden. Viele Pflegebedürftige sollen gerade einmal 10 Euro mehr im Monat erhalten. Bei den stationären Pflegestufen I und II sind überhaupt keine Erhöhungen vorgesehen. Die steigenden Kosten der Heimbetreuung werden damit weiter auf die Betroffenen, ihre Angehörigen oder die Sozialämter abgewälzt. Auch die Einbeziehung von Demenzkranken hat mit maximal 6,57 Euro Unterstützung pro Tag nur Almosencharakter.
Bestraft werden durch die Reform die ohnehin stark belasteten Pflegekräfte. Für gutes und motiviertes Personal sollten endlich auch gute und motivierende Löhne gezahlt werden. Aus den nur marginal angehobenen Mitteln der Pflegeversicherung ist das aber nicht zu leisten.
Eine der Realität gerecht werdende Pflegereform sieht anders aus. Sie erfordert zuallererst einen Pflegebegriff, der Teilhabe ermöglichende Assistenz in den Mittelpunkt stellt. Und sie braucht eine zukunftsfeste Finanzierungsbasis, wie sie am ehesten durch die Umstellung der Pflegeversicherung auf das Bürgerversicherungsmodell gewährleistet wäre.