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Peter Liese: Zurzeit viele fehlerhafte Tests auf dem Markt / Gendiagnostik nur nach kompetenter Beratung und Zustimmung

Europäisches Parlament will Missbrauch bei Gen- und HIV-Tests vermeiden

Brüssel – Das Europäische Parlament will diagnostische Tests wie Gentests, HIV-Tests und Blutzuckertests in Zukunft stärker regulieren. Einen entsprechenden Beschlussvorschlag hat der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP – Christdemokraten) Dr. med. Peter Liese jetzt in Brüssel als Berichterstatter des zuständigen Ausschusses vorgelegt.

Nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts(zuständige Behörde in Deutschland) sind in den letzten Jahren immer wieder minderwertige Tests auf den Markt gekommen. So erhielt ein HIV-Test die Zustimmung einer slowakischen benannten Stelle (vergleichbar mit dem TÜV in Deutschland), obwohl er wesentlich mehr falsch negative Ergebnisse anzeigte als vergleichbare Tests. Das heißt, der Test sagt aus, dass kein HIV-Virus vorliegt, während es in Wirklichkeit vorliegt. „Minderwertige Tests sind eine riesige Gefahr, z.B. bei Bluttransfusionen oder wenn man aufgrund einer falschen Diagnose ungeschützten Geschlechtsverkehr hat“, so Liese. Besonders groß sind die Missstände im Bereich der Gen-Diagnostik. Ein Pionier der Genforschung, Francis Collins, berichtete in einem Fachjournal darüber, dass er seine genetische Information an drei verschiedene Labors geschickt hat und drei komplett widersprüchliche Ergebnisse erhielt.

„Wir wollen diese Missstände anpacken. Genau wie bei Medizinprodukten wie Brust- und Hüftimplantaten ist eine stärkere Kontrolle notwendig. Das System der benannten Stellen muss verbessert werden. Außerdem brauchen wir auch nach der Zulassung stärkere Kontrollen“, so Liese. Er sprach sich allerdings gegen eine zentralisierte Zulassung von Medizinprodukten und Tests (sogenannte In-vitro-Diagnostik-Medizinprodukte) aus. „Auch bei Medikamenten die wir durch staatliche Behörden oder die Europäische Arzneimittelagentur zulassen, gibt es immer wieder Skandale. Entscheidend ist nicht wer kontrolliert, sondern dass kontrolliert wird“, so Liese.

Im Bereich der DNA-Tests will das Europäische Parlament nicht nur die Qualität der Tests sondern auch die Qualität der Information über die Tests verbessern. „Es erfüllt uns mit großer Sorge, dass Firmen über das Internet DNA-Tests anbieten, die dramatische Konsequenzen für die Betroffenen haben. Man kann heute einem achtzehnjährigen Menschen mitteilen, ob er mit 50 an einer unheilbaren Krankheit wie Chorea Huntington (Erkrankung des zentralen Nervensystems) leiden wird. Eine solche Diagnose hat dramatische Konsequenzen, nicht nur psychologisch sondern auch für den Umgang mit Versicherungen und Arbeitgebern. Daher darf sie nur nach kompetenter Beratung durchgeführt werden. Wir haben in Deutschland, Frankreich, Portugal, Österreich und anderen Ländern sehr gute Gesetze dazu, aber viele Länder in Europa haben in diesem Bereich überhaupt keine Regeln. In einer Zeit, wo man sehr leicht über die Grenze gehen kann, um medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen, brauchen wir europäische Mindeststandards“, so Liese, der am Institut für Humangenetik der Universität Bonn promoviert hat.

Lieses Vorschlag wurde im zuständigen Ausschuss für Umwelt und Gesundheit des Europäischen Parlaments sehr positiv aufgenommen und hat im Prinzip die Unterstützung aller Fraktionen. Auch Gesundheitskommissar Tonio Borg hat Zustimmung signalisiert, ebenso viele Mitgliedstaaten. Daher hofft der Arzt und Europaabgeordnete auf eine Annahme des Vorschlags noch in diesem Jahr.

Die Abstimmung im federführenden Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ist am 10. Juli, die Abstimmung im Plenum ist für September geplant. Anschließend muss der Vorschlag mit den Vertretern der Mitgliedstaaten im Ministerrat endgültig beschlossen werden.