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Peter Liese: Wer 2002 für das Gesetz war und jetzt für eine Verschiebung ist, war entweder nicht gut informiert oder hat bewusst auf schrittweise Aufweichung gesetzt

Debatte über embryonale Stammzellen

Bruxelles – Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Bioethik der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-ED) Dr. med. Peter Liese hat energisch der Argumentation widersprochen, dass auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse eine Verschiebung des Stichtags für den Import von embryonalen Stammzellen erforderlich sei. Dies hatte eine Gruppe von SPD-Bundestagsabgeordneten schon vor einigen Monaten vorgeschlagen und dafür mittlerweile Unterstützung von Bundesforschungsministerin Annette Schavan und Bundeskanzlerin Angela Merkel erhalten.

“Es gibt keine wirkliche Neuerung in der Wissenschaft, die jetzt eine andere Entscheidung rechtfertigt als 2002. Sowohl die Verunreinigung von embryonalen Stammzellen mit tierischem Material als auch die relativ begrenzte Anzahl von embryonalen Stammzelllinien und die Patentierung der embryonalen Stammzellen waren jedem, der des wissen wollte, bei der Verabschiedung des Gesetzes 2002 bekannt. Wer jetzt mit diesen Begründungen eine Verschiebung des Stichtags befürwortet, obwohl er 2002 dafür gestimmt hat, hat sich damals entweder nicht gut genug informiert oder bewusst eine schrittweise Liberalisierung des Stammzellgesetzes und des Embryonenschutzgesetzes betrieben. Die grundsätzliche Entwicklung in der Stammzellforschung spricht keinesfalls für eine Änderung des deutschen Gesetzes. Viele Heilversprechen, die mit der embryonalen Stammzellforschung verbunden waren, haben sich nicht bewahrheitet. Im Bereich der Alternativen gibt es aber praktisch jede Woche positive Meldungen. Auch die grundlegenden Erfolge von Thomson und Yamanaka bei der Forschung zur Reprogrammierung von Körperzellen wurden nicht mit Hilfe von neuen embryonalen Stammzellen, sondern mit sehr alten Linien, die in Deutschland ohne Begrenzung importiert werden dürfen, erzielt. Natürlich bedeutet der Stichtag eine gewisse Begrenzung. Aber das liegt im Wesen eines Gesetzes, das die Forschung aus Gründen des Lebensschutzes und der Menschenwürde eingrenzt. Wer die Beschränkung kritisiert und gleichzeitig sagt, dass wir strenge ethische Regeln brauchen, versucht die Quadratur des Kreises. Ethische Grenzen bedeuten auch immer praktische Grenzen. Eine einmalige Verschiebung des Stichtags wird es wohl kaum geben, da der nächste Bundestag den Stichtag jederzeit erneut verschieben könnte. Wenn bei so wenig überzeugenden Argumenten eine Verschiebung erwogen wird, wer sollte dann eine nochmalige Verschiebung verhindern”, erklärte Liese, der am humangenetischen Institut der Universität Bonn promoviert hat.

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Sammlung von Zitaten aus der Debatte des Jahres 2002

1. René Röspel in der Debatte des Deutschen Bundestags vom 30. Januar 2002: “Es wird immer deutlicher, dass die bereits bestehenden Zelllinien, weil sie auf Mäusezellen gewachsen sind, wahrscheinlich nicht genutzt werden können. Das heißt, die Forderung nach neuen, frischen Zelllinien wird nicht nur in der übrigen Welt, sondern auch in Deutschland schnell erhoben werden. Ich frage Sie: Sollen deutsche Forscher ab morgen an den schlechten, älteren Zelllinien forschen, weil es bei uns den Stichtag gibt, während die amerikanischen bald frische erhalten? Wie wollen Sie das den deutschen Forschern erklären? Wie lange können Sie das durchhalten? Lässt man den Import einmal zu, so wird er sich meiner Auffassung nach nicht lange beschränken lassen. Der Druck, mit frischen Zelllinien zu arbeiten, wird zunehmen. Ihr und unser Ziel, die Werteordnung zu wahren, wie Sie das in dem Importbeschränkungsantrag formuliert haben, würde verloren gehen. Die Forderung, die Doppelmoral zu beenden und auch in Deutschland Embryonen zu Forschungszwecken zu verwenden, käme zwangsläufig. Ein heutiges ,Nein, aber’ – so ehrenwert es sein mag und so sehr ich es respektiere – ist nichts anderes als ein ,Ja, aber später’.”

2. “Behielte man die vorgesehene Stichtagsregelung bei, würde dies bedeuten, dass sich die Forscher auf wenige Stammzelllinien beschränken müssten.” (Ulrike Flach, MdB, laut Deutsches Ärzteblatt, 19. April 2002)

3. “Für die Grundlagenforschung reichten die Stammzelllinien, die den deutschen Forschern durch die (geplante) Stichtagsregelung zur Verfügung stünden, zwar aus, die Entwicklung von Therapien wäre jedoch nicht möglich, erklärte (Prof. Dr. Bärbel) Friedrich. Als Gründe führte die Biologin einerseits die geringe Anzahl der Stammzelllinien an, andererseits deren Kontaminierung mit tierischen Zellen und Viren. In der Tat basieren die meisten der etwa 80 weltweit existierenden und in den USA registrierten Stammzelllinien auf Mäusenährzellen und können “verseucht” und somit für die Anwendung am Menschen ungeeignet sein.” (Deutsches Ärzteblatt, 22. März 2002)

4. “Stichtagsregelung: Zahlreiche der zum geplanten Stichtag 1.1.2002 existierenden Stammzell-Linien (nur solche sollen importiert werden dürfen) haben vermutlich keine für Forschung ausreichende Qualität. Auch könnten sie mit so genannten Retroviren aus Mäusezellen infiziert sein, mit denen sie zur Wachstumshilfe in Kontakt gebracht wurden. Für einen Einsatz am Menschen bedarf es womöglich neuer Zelllinien, zu denen dann Forscher hierzulande keinen Zugang hätten.” (Reinhard Breuer, in: Spektrum der Wissenschaft, April 2002)